ÖVP brachte Anfrage zur WKStA ein – allerdings deutlich entschärft
Vergangenen Samstag verbreitete die ÖVP die Rohversion einer "parlamentarischen Anfrage an die Justizministerin". Es ging um die Hausdurchsuchung bei Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). Die Formulierungen hatten es in sich. Die Grünen sprachen daraufhin von einer "Nebelgranate", die die unabhängige Staatsanwaltschaft beschädige.
Die offizielle Version der Anfrage liest sich nun juristisch korrekter und bei weitem nicht mehr so harsch. Zudem wurden mehrere Fragen gestrichen oder in Detailfragen aufgegliedert.
"Fälschlicherweise"
Beispiel aus der Rohversion: "Wieso wird hier fälschlicherweise in den Raum gestellt, dass es angeblich einen Termin mit Johann Graf und Sebastian Kurz gegeben hätte, obwohl dieser Termin nie stattgefunden hat und trotz der schriftlich festgehaltenen Möglichkeit, dass eine Verwechslung vorliegen könnte, nicht bei den entsprechenden Stellen nachgefragt wurde?"
Die Formulierung "fälschlicherweise in den Raum gestellt" wurde im Original-Antrag gänzlich gestrichen. Stattdessen möchte ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker nun wissen, ob die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geprüft habe, ob tatsächlich ein Termin zwischen Novomatic-Gründer Graf und Kurz stattgefunden habe. Und: Ob sie überprüft habe, dass es sich beim Kalendereintrag zum Termin bei "Kurz" auch um Grafs Schwiegertochter, Martina Kurz, gehandelt haben könnte.
Dem Ermittlungsakt ist zu entnehmen: Ja, die WKStA hat eine mögliche Namensverwechslung überprüft. "Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist hier kein Bezug zur Aufsichtsrätin Martina Kurz erkennbar", begründet sie.
"Wer trägt die Verantwortung?"
Auch folgende Suggestivfrage ist in der parlamentarischen Anfrage nicht mehr auffindbar: "Ist es nicht problematisch, dass die Basis für die Ermittlungen und die Hausdurchsuchung ein Termin und eine Spende sind, obwohl es weder eine Spende noch einen Termin gegeben hat?" Stattdessen fragt die ÖVP nun etwa, ob die WKStA geprüft habe, ob tatsächlich ein "Geldfluss" stattgefunden habe.
Auf die knackige Abschlussfrage im Entwurf hat man im Original gänzlich verzichtet: "Wer trägt für die Verfehlungen die Verantwortung und was sind die Konsequenzen?"
Warum dauerte Genehmigung so lange?
Die aktualisierte Version umfasst nun 27 statt neun Fragen. Größtenteils werden viele Vorwürfe, die die ÖVP bereits zuvor erhoben hat, konkretisiert. Immer wieder wird nachgebohrt, warum es so lange von der Genehmigung der Hausdurchsuchung bis zu ihrer Durchführung gedauert hat und wann die Oberstaatsanwaltschaft in der Angelegenheit informiert wurde.
Indirekt wird auch der Sinn der Nachschau hinterfragt: "Welche Gegenstände oder Spuren erwartete die zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption anlässlich der Hausdurchsuchung bei Gernot Blümel zu finden, zumal laut Medienberichten sich der zu klärende Sachverhalt auf einen Zeitraum bezieht, in dem Sebastian Kurz Außenminister war und der somit über drei Jahre zurückliegt?"
"SPÖ- und FPÖ-Rhetorik"
Weitere Fragen sind dem Entwurf sehr ähnlich. Die ÖVP erkennt nach wie vor SPÖ- und FPÖ-Rhetorik in Akten der WKStA: "Warum wird z.B. von der 'Machtübernahme' von Sebastian Kurz gesprochen und nicht, wie in demokratischen Systemen und Parteien üblich, von der 'Wahl zum Parteiobmann'?", wird das aktuell von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) verwaltete Justizressort gefragt.
Warum Veranstaltungen mit bis zu 100 Personen, bei denen auch Novomatic-Manager Harald Neumann anwesend war, angeblich von der WKStA wie "Vier-Augengespräche" dargestellt werden, möchte die ÖVP nach wie vor wissen.
Zum Abschluss spricht die ÖVP Blümel von allen Anschuldigungen indirekt frei, indem sie fragt, welche weiteren Schritte die WKStA nun vor dem Hintergrund, dass der Finanzminister innerhalb von 48 Stunden sämtliche Vorwürfe und Verdächtigungen widerlegen habe können, setzen werde.
- Wie konnte der Beschuldigtenstatus von Gernot Blümel vorab in die Medien gelangen, wurden hier die Beschuldigtenrechte von Gernot Blümel verletzt und wer ist dafür verantwortlich?
- Wieso wird hier fälschlicherweise in den Raum gestellt, dass es angeblich einen Termin mit Johann Graf und Sebastian Kurz gegeben hätte, obwohl dieser Termin nie stattgefunden hat und trotz der schriftlich festgehaltenen Möglichkeit, dass eine Verwechslung vorliegen könnte, nicht bei den entsprechenden Stellen nachgefragt wurde?
- Ist es nicht problematisch, dass die Basis für die Ermittlungen und die Hausdurchsuchung ein Termin und eine Spende sind, obwohl es weder eine Spende noch einen Termin gegeben hat?
- Wieso werden Formulierungen in den Akten, die sowohl uns als auch anderen Medien zugespielt worden sind, verwendet, die dem Objektivitätsgebot der Ermittlungsbehörde widersprechen, weil sie 1:1 den parteipolitischen Diktionen der Sozialdemokratie bzw der Freiheitlichen Partei entsprechen? Konkret wird hier von der „Machtübernahme“ von Sebastian Kurz gesprochen und nicht, wie in demokratischen Systemen üblich, von der „Wahl zum Parteiobmann“?
- Warum werden Veranstaltungen, bei denen teilweise bis zu hundert Personen anwesend waren, so dargestellt, als ob es sich dabei um Vier-Augengespräche bzw vertrauliche Einzelgespräche gehandelt hätte?
- Wurden hinsichtlich der Hausdurchsuchung Berichtspflichten missachtet und wenn ja, warum?
- Wie gedenkt man, weiter vorzugehen, nachdem Gernot Blümel innerhalb von 48 Stunden sämtliche Vorwürfe als falsch darlegen konnte?
- Wie geht das Justizministerium damit um, dass es bei der WKStA pro 100 Beschuldigten nur zu einer einzigen Verurteilung kommt und dass bei Personen, die im öffentlichen Leben stehen, durch die immer wieder auftretenden Leaks ein enormer persönlicher und beruflicher Schaden entsteht und damit ein massiver Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat und Familienlebens (Art 8 EMRK) verbunden ist?
- Wer trägt für die Verfehlungen die Verantwortung und was sind die Konsequenzen?