EB Lackner zur Ukraine: "Lassen wir unsere Nachbarn jetzt nicht im Stich!"
So beeindruckend der Blick auf die Tiroler Berge auch gewesen sei - "unsere Beratungen waren überschattet vom Krieg in der Ukraine", so Erzbischof Franz Lackner, Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz. Er präsentierte am Freitag in einer Pressekonferenz die Ergebnisse der Frühlingsvollversammlung des österreichischen Episkopats, die von Montag bis Donnerstag dieser Woche in Matrei am Brenner (Bez. Innsbruck-Land) stattgefunden hat. Hauptthemen der Tagung waren neben dem Krieg die am Sonntag stattfindenden Pfarrgemeinderatswahlen sowie der "Synodale Prozess" der Weltkirche.
"Krieg ist immer eine Niederlage für die Menschheit", so Lackner. Es gelte, die Stimme gegen das Unrecht zu erheben. Der Überfall Russlands auf die freie, souveräne Ukraine sei eine "himmelschreiende Sünde". Die Staatengemeinschaft müsse alles unternehmen, damit die Waffen wieder schweigen.
Die Ukraine habe aufgrund des Völkerrechts und auch aus Sicht der kirchlichen Friedensethik das legitime Recht auf Verteidigung, führte Lackner aus. Gewaltlosigkeit im Sinn der Bergpredigt sei ein hohes christliches Ethos, das die Spirale der Gewalt durchbricht, zugleich aber eine persönliche Entscheidung, "die man Opfern der Aggression nicht verordnen kann".
Beeindruckend nannte der Salzburger Erzbischof die Hilfsbereitschaft in Österreich und in Europa. Die Bischofskonferenz stellt über die Diözesen eine Million Euro an Unterstützung für Hilfsprojekte der Caritas zur Verfügung, kündigte Lackner an.
"Lassen wir unsere Nachbarn jetzt nicht im Stich!", so der Appell Lackners im Namen des österreichischen Episkopats.
"Netze des Füreinander-Daseins"
Mit Blick auf die am Sonntag stattfindenden Pfarrgemeinderatswahlen würdigte Lackner das freiwillige Engagement der Kandidaten, das "keineswegs selbstverständlich" sei. Ausdrücklich forderte er zur Teilnahme an den Wahlen auf. 4,3 Millionen Gläubige seien eingeladen, ihre Vertretungen in bundesweit rund 3.000 Pfarren für die nächsten fünf Jahre zu wählen. Österreichweit gehörten zuletzt rund 45.000 Personen den Pfarrgemeinderäten (PGR) an, davon 28.000 als gewählte Mitglieder.
Pfarren ohne PGR seien heute unvorstellbar - sie gäben "der Kirche ein konkretes Gesicht". Diese "Netze des Füreinander-Daseins" hätten sich nicht zuletzt in der Pandemie "als unverzichtbar erwiesen".
Sozialstaat weiter stärken
Auch die sozialen Folgen der Pandemie waren ein Thema der Bischofstagung. Es habe sich gezeigt: "Der Sozialstaat wirkt." Gleichwohl müsse dieser weiter gestärkt werden. Die Sozialhilfe Neu müsse zu einer "wirklich armutsfesten, österreichweit einheitlichen Sozialhilfe" weiterentwickelt werden - mit klaren Mindeststandards statt Maximalrichtsätzen. Und auch die geplante Reform des Arbeitsmarktes wird nach Einschätzung der Bischöfe eine "Nagelprobe für die Armutsvermeidung": Das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe müssten existenzsichernd sein und es brauche gezielte Maßnahmen gegen Langzeitbeschäftigungslosigkeit.
In puncto Familienpolitik betonte Lackner das Recht von Eltern, "zuallererst selbst für ihre Kinder verantwortlich zu sein, selbst zu entscheiden, wer die Kinder erzieht". Dies betreffe auch das Recht, "ob, und wenn ja, welche Außer-Haus-Betreuung in Anspruch genommen wird". Jeder Druck auf Eltern, in einem größeren Ausmaß erwerbstätig zu sein, als von ihnen gewünscht, sei abzulehnen. Es brauche echte Wahlfreiheit, "Familie und Arbeit so zu verbinden, dass es dem Wohl der Kinder dient".
Ad-limina-Besuch im Dezember
Einen Termin für den wegen Corona bereits zweimal verschobenen Ad-limina-Besuch (ein alle fünf Jahre vorgesehenes Treffen mit dem Papst und Kurienvertretern in Rom; ad limina apostolorum = zu den Gräbern der Apostel) der österreichischen Bischöfe gibt es nun auch: Er wird von 12. bis 17. Dezember stattfinden.
Altersbedingt zurückziehen wird sich der Leiter des Biko-Büros in Brüssel, Michael Kuhn. Sein Nachfolger wird der Historiker Johannes Moravitz, ein verheirateter Familienvater.
Befragt zum Verhältnis zur russisch-orthodoxen Kirche - welche sich im Ukraine-Krieg klar auf die Seite des russischen Präsidenten Wladimir Putins gestellt und bisher jede Distanzierung vom russischen Angriff auf die Ukraine vermieden hat - meinte Lackner, es müsse ein Sich-gegen-den-Krieg-Stellen geben. Er habe in diesem Sinne auch dem Wiener russisch-orthodoxen Bischof Aleksij geschrieben, allerdings keine Antwort erhalten.
In dem Schreiben vom Aschermittwoch hatte der Erzbischof dem russischen Bischof versichert, dass seine Gebete um Frieden "nicht nur einer Seite in diesem Krieg gelten. Der Friede muss von allen kommen und für alle." Es gehe darum, "dass auch das russische Volk Anteil an der Aussöhnung, am gerechten Frieden haben wird, den wir alle zum Ende dieser Krise erflehen".