Politik/Inland

ÖH-Wahlen: Grüner Kampf um jede Stimme

An sich wäre am Montagvormittag alles für einen runden, grünen Wohlfühl-Wahlkampftermin am Tag vor dem Start der ÖH-Wahlen angerichtet gewesen.

Die Spitzenkandidatin war da. Der Bundesparteichef der Mutterpartei (und nebenbei Vizekanzler der Republik) war da. Selbst die Kulisse war perfekt ausgewählt. Im "Greenhouse", einem mehrfach preisgekrönten, gemeinnützigen Öko-Studierendenheim in der Seestadt Aspern auf dem letzten Stand der Passivhaus-Technik, sollten die zentralen grünen Themen für die von Dienstag bis Donnerstag stattfindenen Wahlen zur Österreichischen Hochschüler_innenschaft unter die Zielgruppe gebracht werden: Klimaneutralität und Chancengerechtigkeit.

Das Problem war nur: Die Zielgruppe war größtenteils nicht auffindbar. Gerade einmal eine Handvoll Studierende lief Werner Kogler und Keya Baier, der Spitzenkandidatin der Grünen und Alternativen Student_innen (GRAS), über den Weg. Angesichts einer befürchteten Rekord-Negativ-Wahlbeteiligung ein schlechtes Omen.

"Frustrierender" Online-Wahlkampf

26 Prozent der Wahlberechtigten gaben bei den letzten ÖH-Wahlen 2019 ihre Stimme ab. Kein berauschender Wert, dieses Mal wäre das aber als Erfolg zu verbuchen. Nach einem Jahr coronabedingter Fernlehre sind dieser Tage so wenige Studierende wie noch nie an den Universitäten anzutreffen, dementsprechend findet auch der ÖH-Wahlkampf größtenteils online statt.

"Frustrierend" sei das, erzählt Baier. Fehlt der direkte Kontakt, fehlt auch das Feedback auf die Kampagne. Und nicht zuletzt spielt die persönliche Präsenz der Wahlwerbenden vor den Hörsälen und den Instituten des Landes eine entscheidende Rolle für die Zahl der am Ende der drei Wahltage abgegebenen Stimmen.

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Sie hoffe diesmal auf 20 Prozent Beteiligung, sagt Baier. Die derzeitige Vorsitzende der ÖH an der Uni Salzburg weiß aber auch, dass es am Ende ganz anders aussehen kann. "Wenn es schlimm läuft, wird es nur einstellig", sagt sie.

Routinierter Besuch

Während der gut einstündigen Tour durch das "Greenhouse" lassen sich Baier und Kogler freilich nichts von diesen Befürchtungen anmerken. Routiniert lassen sie sich von Heimleiterin Judith Kittelmann durch das Gebäude führen, bewundern Musikproberäume und Fitnesscenter, reden mit den wenigen der knapp 300 momentan im Haus wohnenden Studierenden, die an diesem verregneten Vormittag anzutreffen sind, fachsimpeln über das Leben am Rande der Stadt und die schnellste Öffi-Verbindung zur TU.

Und natürlich darf am Ende jedes Gesprächs die entscheidende Frage nicht fehlen: Gehst du wählen? Geht es nach den paar Gesprächen im "Greenhouse", muss sich niemand vor einer niedrigen Wahlbeteiligung fürchten. "Ich habe mir die Wahl fett im Kalender eingetragen", erzählt etwa Heimsprecherin Claudia Dunse. Auch die Tischfußball-Runde im Foyer will geschlossen zur Urne schreiten.

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Wird es also doch nicht so schlimm wie befürchtet?

Schwierige Prognosen

Immerhin wurde vergangene Woche auch ein neuer Rekord an ausgestellten Wahlkarten vermeldet: 21.112 und damit beinahe dreimal so viele wie vor zwei Jahren wurden ausgestellt, teilte das Bildungsministerium mit. Für Ressortchef Heinz Faßmann (ÖVP) ein Zeichen, "wie wichtig es den Studierenden ist, mitzubestimmen, wer die kommenden zwei Jahre ihre Interessen vertritt".

Wie viele der 345.000 wahlberechtigten Studierenden an den heimischen Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen bis Donnerstag wirklich mitbestimmen werden, lässt sich jedoch nicht prognostizieren.

Fest steht: Je schlechter die Wahlbeteiligung, desto lauter wird nach der Wahl die Debatte über die Ausrichtung der ÖH-Arbeit - Corona hin oder her.

Gesellschaftspolitik - ja oder nein?

Während die linken Fraktionen auf dem allgemeinpolitischen Mandat beharren, fordern die studentischen Vorfeldorganisationen von ÖVP, FPÖ und Neos, Aktionsgemeinschaft (AG), Ring freiheitlicher Studenten (RFS) und Junge liberale Studierende (Junos), die Abschaffung desselben. Beratung und Service ja, über direkte Studierenden-Belange hinausgehende Gesellschaftspolitik nein, so der gemeinsame Wunsch.

Für die GRAS geradezu absurd: "Ich finde, das ist gar keine Diskussion", sagt Baier. "Jedes gesellschaftliche Problem ist eines, das auch Studierende betrifft."

Vizekanzler Kogler betont ebenfalls den Wert "klassischer Vertretungspolitik" sowie des fraktionsübergreifenden politischen Diskurses, hält sich insgesamt jedoch etwas zurück: Jede Generation müsse für sich selbst herausfinden, wie sie das handhaben wolle.

Ob nach diesem Wahlkampf tatsächlich eine ernsthafte Debatte über eine grundlegende Neupositionierung der ÖH folgen wird, hängt nun von den kommenden drei Tagen ab. Geht es nach Keya Baier, wird sich die Frage nach einem Ende des allgemeinpolitischen Mandats nicht stellen. Ihr Wunsch für die kommenden zwei Jahre? "Eine starke, linke Exekutive."