Politik/Inland

Auch Haider hätte auf die Anklagebank müssen

Für Jörg Haider wäre auf der kurzen Anklagebank in einem der kleinsten Verhandlungskammerln des Grauen Hauses in Wien kaum noch Platz gewesen. Ohnehin gilt ja „auch für Tote die Unschuldsvermutung“, wie Verteidiger Herbert Eichenseder betont. Darum kann sich Eberhard Pieber von der Korruptionsstaatsanwaltschaft nicht kümmern: Wäre der Kärntner Landeshauptmann nicht vor über drei Jahren in den Tod gerast, hätte er sich wegen Geschenkannahme im Amt zwischen die (Mit-)Angeklagten quetschen müssen.

Haider wird posthum vorgeworfen, zwei russischen Geschäftsmännern für zwei Millionen Euro die österreichische Staatsbürgerschaft verschafft zu haben. Der Betrag firmierte unter dem Titel Sponsoring. Mit einem Teil leistete sich Haider einen eigenen Kärntner Rennfahrer. Patrick Friesacher wurde belächelt, er verwechsle das Gas- mit dem Bremspedal, aber laut Verteidigung habe Friesacher mit dem Kärnten-Schriftzug auf dem Formel-1-Boliden unter 527 Millionen TV-Zuschauern genug Werbung für das Land gemacht.

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30.000 Euro bekam Haider bar auf die Hand. Und zwar von seinem langjährigen Protokollchef Franz Koloini, der den Betrag im Auftrag des „Chefs“ behoben hat und sich wegen Geldwäsche verantworten muss. Er soll die Schmiergeldzahlungen verschleiert haben. Koloini bestreitet und schwärmt lieber von der „einmaligen Chance“, durch das Sponsoring Kärnten international präsentieren zu können.

Den Russen wird Bestechung angelastet, einem Wiener Anwalt die Beteiligung daran. Im Oktober 2011 war das Quartett in einem ersten Prozess freigesprochen worden, weil die Richterin keine Beweise gefunden hatte. Das Oberlandesgericht Wien befand, sie habe auch nicht genügend danach gesucht, und hob die Freisprüche auf. Der Berufungssenat belehrte die Richterin auch gleich in einer wesentlichen Rechtsfrage eines Besseren, nämlich dass es sich bei der Einflussnahme Haiders auf die damalige schwarz-blaue/orange Bundesregierung bezüglich Verleihung der Staatsbürgerschaft sehr wohl um ein Amtsgeschäft gehandelt habe.

An- und Abmeldung

In der Neuauflage bringt es Richterin Stefanie Öner gleich auf den Punkt: Alexey B. und Artem B. meldeten 2005 ihren Hauptwohnsitz in St. Veit in Kärnten an, ohne dort je zu wohnen. Warum? Weil sich die Zuständigkeit für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach dem Wohnsitz richtet, glaubt Öner. Nachdem sie diese Anfang 2007 erhalten hatten, meldeten sie sich in Kärnten rasch wieder ab und in Wien an. Auch hier verweilen sie aber nur wenige Wochen im Jahr, die restliche Zeit leben sie daheim in Russland.

Die Angeklagten behaupten, ihre Investitionen in Österreich hätten mit der Staatsbürgerschaft gar nichts zu tun. Man habe die heimische Wirtschaft unterstützen, die Kultur, den Sport oder was auch immer sponsern wollen. Derzeit sponsere man österreichische Skifahrer (ohne Namen zu nennen). Die zwei Millionen habe man an Kärnten gezahlt, zum Wohl der Kärntner Bürger, ohne mit Haider je darüber gesprochen zu haben. Und „was damit passiert, war uns nicht wichtig“.

So übersetzt die Russisch-Dolmetscherin, denn Deutsch können die Geschäftsleute nicht. Ein von den Verteidigern im Zuschauerraum platzierter Russisch-Kundiger kritisiert die Übersetzung, greift entgegen der Strafprozessordnung in die Befragung ein, der Richterin entgleitet streckenweise die Verhandlungsführung.

Am Freitag kommen Zeugen, am Montag die Urteile.

Wissen: Geldwäscherei

Schmiergeld Das Delikt Geldwäscherei (§ 165 Strafgesetzbuch) ist zuletzt durch den Prozess gegen Alfons Mensdorff-Pouilly zur Sprache gekommen. Es konnte ihm nicht nachgewiesen werden, dass er Schmiergeld des britischen Rüstungskonzens BAE verschoben und verteilt habe.

Verschleiern Wer Vermögensbestandteile, die aus einer kriminellen (Vor-)Tat (wie z. B. Fälschung, Bestechung, Schmuggel) stammen, an sich bringt, verwahrt, verbirgt, anlegt, umwandelt („weißwäscht“), verschleiert, verwertet oder einem Dritten überträgt, macht sich strafbar.

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