Politik/Inland

Millionenklage der FPÖ könnte auch blaue Wahlbeisitzer treffen

3,4 Millionen Euro – so hoch waren laut FPÖ ihre Kosten für die Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl im Jahr 2016.

3,4 Millionen Euro, die notwendig wurden, weil die FPÖ die Wahl angefochten hat, sie aufgehoben wurde und wiederholt werden musste. Nun haben die Freiheitlichen, wie die Krone berichtete, die Republik auf Schadenersatz geklagt – und könnten damit eine Kettenreaktion auslösen.

3,4 Millionen ist eine Schadenssumme, die später an alle Beteiligten weitergereicht werden könnte – auch an die Wahlbeisitzer der FPÖ.

Denn: „Wenn die Republik zur Kasse gebeten wird, kann sie grundsätzlich regressieren bei jenen Personen, die das Fehlverhalten vorsätzlich oder grob fahrlässig gesetzt haben“, erklärt Verfassungs- und Verwaltungsexperte Bernd-Christian Funk im KURIER-Gespräch. Und das waren in einigen Bezirkswahlbehörden die Wahlleiter (meist die Bezirkshauptleute) und die Wahlbeisitzer, die aus allen Parteien nominiert wurden.

Gesetze ignoriert

Dass sie bei der Auszählung von Briefwahlstimmen Wahlgesetze verletzt und teils komplett ignoriert haben, hat der Verfassungsgerichtshof im Juni 2016 festgestellt.

Einige Beteiligte gaben in der Verhandlung vor dem Höchstgericht an, sehr wohl gewusst zu haben, dass sie erst am Tag nach dem Wahlsonntag ab 9 Uhr auszählen dürfen. Trotzdem wurde in einigen Behörden früher damit angefangen oder ganz ohne Beisitzer ausgezählt. Das Argument: „Das haben wir immer schon so gemacht.“

Ähnlich wie Funk sieht es Andreas Geroldinger, Professor für Zivilrecht an der Uni Linz. Ist die Republik sogar verpflichtet, bei den Verantwortlichen zu regressieren? Es geht immerhin um Steuergeld. „Es ist nach dem Gesetzeswortlaut eine Kann-Bestimmung. Der Finanzminister kann auch darauf verzichten“, sagt Geroldinger.

Unabhängig von der FPÖ-Klage prüft die Finanzprokuratur als Anwalt der Republik schon seit Längerem, ob für die staatlichen Mehrkosten Schadenersatz fällig wird. Ein Ergebnis soll Anfang 2019 vorliegen.

Fest steht für Zivilrechtler Geroldinger jedenfalls: „Wenn jemand wissentlich das Wahlgesetz gebrochen hat – auch wenn er im guten Glauben war, dass das alle so machen – dann könnte er jetzt ein Problem haben.“

Zweifel am Erfolg der FPÖ-Klage haben die Experten insofern, als das Wahlgesetz nicht in erster Linie dazu gemacht ist, Parteien vor überflüssigen Kosten zu schützen. Der Fall ist für die österreichische Justiz Neuland, das Verfahren könnte Jahre dauern.

VdB klagt nicht

Für Anwalt Dieter Böhmdorfer, der die FPÖ vertritt, ist die Klage nicht nur das gute Recht des Wahlwerbers, sondern auch Pflicht – die Wahlkampfmittel seien ja öffentliches Geld und hier sei eindeutig ein Schaden entstanden.

Nun ist der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer aber nicht der einzige Geschädigte – auch Wahlgewinner Alexander Van der Bellen, unterstützt von den Grünen, hatte einen Extra-Wahlkampf zu bezahlen. Sein früherer Wahlkampfleiter Lothar Lockl winkt jedoch ab: „Ein jahrelanger Rechtsstreit ist vorprogrammiert, und das ist mit enormen Prozesskosten verbunden.“

Lockl denkt auch an die Wahlbeisitzer, die zum Handkuss kommen könnten: „Das sind Menschen, deren freiwillige Arbeit ein Eckpfeiler demokratischer Wahlen ist. Dieses Signal wollen wir auf keinen Fall setzen.“

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