Politik/Inland

Meischberger: "Provision nicht zu versteuern, war mein großer Fehler"

KURIER: Herr Meischberger, 46 Prozesstage sind geschlagen. Peter Hochegger hat Sie und Karl-Heinz Grasser mit seinem Geständnis schwer belastet. Gerichtsbeobachter sprachen damals von einem historischen Moment. Sie selbst mussten der Richterin zwölf Tage Rede und Antwort stehen. Wie sieht Ihre persönliche Bilanz aus?

Walter Meischberger: Die Monate, bis ich Ende April endlich meine Aussage machen konnte, waren sehr belastend. Denn nach Hocheggers Lügen wäre es logisch gewesen, dass man mich oder Karl-Heinz Grasser befragt, um auf den Hochegger-Vorwurf antworten zu können. Die Richterin wählte ein anderes Prozedere. Unsere Aussagen wurden immer wieder hinausgeschoben. Ich musste mich ständig neu vorbereiten, weil durch die Aussagen anderer Angeklagter neue Inhalte dazukamen. Dann kam der Moment, in dem ich in über sechs Stunden meine Sicht der Dinge und die Zusammenhänge darstellen konnte. Die Befragung war eine Befreiung für mich. Wenn man jahrelang der Deutungsmacht von anderen ausgesetzt ist, geht in diesem Moment ein Ventil auf.

Hatten Sie eine Vorahnung, dass Hochegger Sie belasten wird? Er behauptet, Sie hätten zu ihm gesagt: „Peter, das kannst du nicht machen. Es läuft gerade so gut für uns ...“ Haben Sie das versucht?

Peter Hochegger hat das Gespräch etwas falsch dargestellt, aber es war so. Ich sagte zu ihm: „Peter, ich höre, du hast einen Deal mit der Justiz. Fang’ doch jetzt nicht an zu lügen, denn wir liegen so gut.“ Am Tag zuvor hatte ja Anwalt Norbert Wess in sechs Stunden die Anklage komplett zerpflückt. Aber Hochegger antwortete: „ Walter, es gibt kein Wir. Es gibt nur den Peter Hochegger und die anderen.“ Da war mir das Bild klar. Aber für mich war es keine Überraschung, dass etwas kommt. Schon vor Prozessbeginn erhielten wir deutliche Botschaften in Richtung Geständnis, und es wurden uns ja ein wunderlicher Brief und ein Terminkalender zugespielt, die eine vorherige Absprache Hocheggers mit der Staatsanwaltschaft vermuten ließen. Die Überraschung war vielmehr, was als Geständnis gekommen ist. Mein erster Gedanke war: Die Justiz hat Peter Hochegger gebrochen, indem sie ihn während des Telekom-Prozesses vom Krankenbett zerrten und ihn mit Handschellen vorführten. Er wird, wenn dieser Prozess vorbei ist, über 70 Jahre alt sein und will verständlicherweise nicht mehr ins Gefängnis, sondern lieber auf der Terrasse seiner brasilianischen Villa sitzen. Denn Hochegger ist ein harmoniebedürftiger Mensch. Für ihn ist das Gefängnis das Schlimmste. Hochegger ist ein strategischer, vifer Kopf. Er weiß, wenn Grasser und ich freigesprochen werden, wird er es auch. Falls wir beide verurteilt werden, kann er durch diese Lüge mit nicht mehr als einer bedingten Strafe rechnen. Sozusagen als seine „Versicherung gegen eine Haft“ hat er gelogen. Diese Läuterungs-Story, die angeblich in der Haft stattfand, hat er genau geplant. Als ich die Tränendrüsen-Geschichte im Gerichtssaal hörte, wäre ich am liebsten zerplatzt.

Hochegger sagt, dass Ihr Vermögensberater Christoph W. ihm beiläufig verraten hätte, dass die drei Liechtensteiner Konten zwischen Ihnen, Grasser und Ernst Plech aufgeteilt wurden. Sie sagen, Hochegger lügt, aber er belastet sich damit auch selbst ...

Hochegger hat das bewusste Gespräch mit meinem Freund, Banker und Vermögensberater auf einen bestimmten Zweck abgestellt, nämlich mit der Vorbereitung der Transaktion meines Anteiles an der Provision durch die Servicegesellschaft Omega. Hochegger hat dieses Gespräch mit Anfang Juli 2005 terminisiert. Dieser Vorgang musste nach Aktenlage allerspätestens am 23. September abgeschlossen sein. Belegbares Faktum ist aber, dass zwei der drei ihm gegenüber im möglichen Zeitraum genannten Konten erst viel später, das Konto „Karin“ am 27. Oktober 2005 und das Konto „Natalie“ gar erst am 6. Dezember 2005, also mindestens drei Monate nach der von Hochegger selbst festgelegten Nennung gegründet wurden. Damit ist Hocheggers Aussage eindeutig und unwiderlegbar als Lüge überführt.

In einem TV-Interview sprach Ihr Ex-Vermögensbrater von Fake News. Ein klares Dementi gab es nicht. Werden Sie ihn von der Verschwiegenheitspflicht befreien?

Das Bankgeheimnis hatte mein Vermögensberater vor allem auch gegenüber Hochegger zu respektieren. Ich frage mich, warum er das Bankgeheimnis ohne Not verletzt haben soll? Das ist das Heiligtum eines jeden Bankers. Aus heutiger Sicht werde ich meinen Vermögensberater von der Verschwiegenheitspflicht in dieser Sache entheben.

Wie fühlen Sie sich, wenn man auf der Anklagebank neben demjenigen sitzen muss, der einen belastet?

Dadurch, dass Grasser noch aussagt, schaffe ich die nötige räumliche Distanz. Jeder Zentimeter Abstand zu Hochegger ist wohltuend. Er selber sitzt ganz stoisch da und spielt auf seinem Handy Solitaire.

Im Herbst wird das Buwog-Verfahren unterbrochen und Richterin Marion Hohenecker verhandelt die Causa Valora, wo Sie auch neben Hochegger auf der Anklagebank Platz nehmen müssen.  Grundlage der Anklage ist laut Staatsanwaltschaft die Bildung einer "schwarzen Kasse" bei der Telekom Austria zwischen 2004 und 2009. In dieser Zeit leistete die Telekom an die Valora AG von  Hochegger Zahlungen von rund neun Millionen Euro. Diese Zahlungen dienten teilweise dazu, außerhalb der Telekom eine Liquiditätsreserve von 5,7 Millionen Euro zu bilden, die dem Telekom-Management ermöglichte, Schmiergelder  an Dritte zu zahlen. Hochegger gab gegenüber dem KURIER bereits bekannt, dass er sich auch in diesem Verfahren teilschuldig bekennen wird. Damit belastet er Sie ein zweites Mal schwer… 

Ob Hochegger dabei auch mich belasten wird, weiß ich nicht. Ich hatte und habe von den geschäftlichen Abwicklungen zwischen der Valora AG und der Telekom AG keine Ahnung. Das bestätigt aber meine Theorie, dass er  beim Telekomprozess die selbe Show abziehen wird. Vorgegebene Läuterung inklusive Teilgeständnis und Lüge. Dafür bekommt er strafmildernde Umstände und nur eine bedingte Strafe. Im Telekom-Prozess geht es für Hochegger um viel Geld. Denn die Telekom stellt eine Schadenersatzforderung von fünf Millionen Euro. Das kann er nicht leisten, also kann es stattdessen nur Freiheitsentzug geben.

Der Buwog-Prozess läuft jetzt seit sieben Monaten. Warum startet man in der letzten Prozesswoche vor der Sommerpause eine Attacke gegen die Liveticker-Berichterstattung aus dem Gerichtssaal? Prozessbeobachter haben das Gefühl, dahinter stecke ein Ablenkungsmanöver. Warum hat man nicht gleich zu Beginn diesen Antrag gestellt?

Wie haben vorgeschlagen, statt dem Liveticker einen Livestream einzurichten. Vor Gericht werden komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge dargestellt. Wenn man diese quasi in Echtzeit in kurze Sätze zusammenfassen muss, passieren einfach Fehler beim Liveticker. Auch die Wertung der Aussagen ist sehr unterschiedlich. Das soll aber gar kein Vorwurf sein. Denn das ist logisch, dass hier Fehler passieren müssen. Wenn dann aber die Ex-Grünen-Abgeordnete Gabriela Moser, die jahrelang politischen Druck auf die Behörden ausübte, uns in U-Haft zu nehmen, aufgrund der Liveticker-Berichterstattung ein Interview gibt und ein Urteil fällt, dann ist für mich eine Grenze überschritten. Moser hat sich bis jetzt kein einziges Mal im Gerichtssaal blicken lassen, um sich selbst ein Bild zu machen. Diese Art von Berichterstattung hat Einfluss auf den Richterspruch. Hier geht es um mein Leben.

Die Anwälte von Karl-Heinz Grasser haben eine Anzeige gegen die Journalistin, die das Interview führte und gegen Gabriela Moser selbst eingebracht. Damit wird man wohl nicht durchkommen, denn damit würde man Einfluss darauf nehmen, mit wem Journalisten reden dürfen und mit wem nicht…

Ich habe die Anzeige nicht eingebracht. Aber diese Form der digitalen Berichterstattung zur öffentlichen Diskussion zu machen, ist uns wichtig.  

Wenn man eine Provision von 7,5 Millionen kassiert, warum ist man nicht zufrieden und versteuert nicht das Geld wie andere Österreicher auch?

Das ist die große Frage, mit der ich auch selber unrund bin. Auch mein Vater hat mir diese Frage gestellt. Das würde ich heute auch anders machen, auch wenn ich nicht weiß, wie. Die Provision nicht zu versteuern, war mein großer Fehler. Mir ist es damals in erster Linie nicht um die Steuereinsparung gegangen. Mir ging es um Diskretion, dass ein als FPÖ-Politiker punzierter Walter Meischberger ein Geschäft im politiknahen Umfeld macht. Wo noch dazu sein bester Freund Verantwortung trägt. Dass das ein fürchterliches Bild in der Öffentlichkeit geben könnte, war mir damals auch bewusst. Mir war klar, wenn ich die Provision ganz normal versteuere, würde das Grundgeschäft sofort von den Behörden an die Öffentlichkeit gespielt werden.

Warum haben Sie dann nicht die Finger von diesem Geschäft gelassen?

Ich habe mir auch grundsätzlich die Frage gestellt: Kann ich dieses Geschäft machen oder nicht? Denn das war zu einer Zeit, in der Karl-Heinz Grasser der politische Superstar in Europa war. Ich wusste, wenn etwas schiefläuft, fällt es auf Grasser zurück. Ich habe mich für das Geschäft entschieden – und ich würde das auch wieder so machen. Was die Steuer betrifft, bin ich auch heute noch überzeugt, dass das Buwog-Steuerbefreiungsgesetz auch auf mich anwendbar ist. Es ist ein schlecht formuliertes Gesetz, aber ich konnte es damals für mich auslegen. Das war zu kurz von mir gedacht. Inzwischen habe ich bereits fast vier Millionen Euro Steuern dafür bezahlt und habe ein reines Gewissen.

Sie hatten mit dem Drittangeklagten Ernst Plech gemeinsam ein Boot, bei dem die Benutzung bis ins kleinste Detail geregelt war. Wenn man beim Boot so genau ist, warum verzichtet man bei 2,5 Millionen auf einen Vertrag? Ist es nicht nachvollziehbar, dass die Justiz das Konto Plech zurechnet, wenn Sie darauf vertrauen, dass er im Fall Ihres Ablebens das Geld ohne Vertrag Ihren Hinterbliebenen übergibt?

Da werden Äpfel mit Birnen vermischt. Das eine ist die Verwendung eines gemeinsamen Eigentums und das andere eine Vermögensveranlagung. Jeder weiß, dass Ernst Plech mein allerengster Vertrauter war. Ich habe ihm gesagt, wenn mir etwas passiert, dann bekommt meine Lebensgefährtin 50 Prozent und meine Töchter erhalten jeweils 25 Prozent der 2,5 Millionen Euro. Ich war mir sicher, dass er diese Absprache nie brechen würde. Was den Vertrag betrifft: Den brauche ich nicht. Denn es gibt nachvollziehbare Geldtransfers meines Kontos zu Plech. Mehr benötige ich als Beweis nicht. Plech hat mit Immobilien ein richtiges Vermögen geschaffen. Einem solchen Experten an meiner Seite brauche ich keine Regeln aufzustellen, wie er mein Geld veranlagen soll, wenn ich ihm grundsätzlich vertrauen kann.

Das Konto „Karin“ wird Ernst Plech zugerechnet, weil seine Frau Karina heißt. Wenn das wieder ein Zufall sein soll, wie kamen Sie dann ausgerechnet auf den Kontonamen Karin?

Es gibt die ehemalige freiheitliche Wiener Stadträtin Karin Landauer, die eine gute Freundin von mir ist. Weil ich das Geld auf diesem  Konto in Eigentum investieren wollte  – also in Land- und Immobilien - kam mir die Idee, das Konto nach Karin Landauer zu benennen. Das war einfach meine Eselsbrücke.

Sie und Grasser haben sich Wertkarten-Handys besorgt, damit sie nicht abgehört werden. Warum, wenn es nichts zu verbergen gibt?

Ist diese Frage ernst gemeint? Es ist immer unangenehm, wenn andere mithören. Ich will nicht, dass die Justiz oder jemand anderer ein Gespräch mit meinen Eltern oder eines mit meiner Lebensgefährtin mithört. Das finde ich unstatthaft. Wie jeder andere Mensch auch.

Warum haben Sie dann ein Handy im obersten Küchenkasten versteckt, als die Ermittler mit einem Hausdurchsuchungsbefehl vor Ihrer Tür standen?

(lacht).  Das war schon im Jahr 2010. Im Jahr 2009 habe ich noch versucht, mit den Ermittlern  zu kooperieren. Ich stellte Ihnen alle nötigen Unterlagen zur Verfügung. Anfangs dachte ich, das ist ein Spiel, das nach drei Wochen vorbei sein wird. Ich ordnete die Causa als eine politische Welle ein, weil wir das System gereizt haben und manchmal möglicherweise überheblich waren. Monat für Monat habe ich dann immer mehr erkannt, dass jede Aussage gegen mich verwendet wird. 2010 waren die Ermittler bereits meine Feinde. Ich wusste nicht, was sie suchen. Damals hatte ich drei oder vier Handys. Eines hatte ich für den Grasser, ein anderes war für Telefonate mit Plech. Natürlich wollte ich nicht, dass sie wissen, dass ich mit Grasser oder Plech telefonieren. Warum die Ermittler das Handy überhaupt gesucht haben, verstehe ich nicht, da sie uns ohnehin abhörten.

Dreh- und Angelpunkt der Anklage ist das Mandarin-Konto in Belize, wo Grassers „Schwiegermuttergeld“ landete. Auch Geld vom Konto 400.815, das die Justiz Grasser zuordnet. Warum bunkert ein Ex-Finanzminister Geld auf einem Off-Shore-Konto?

Dazu habe ich keine Meinung zu haben. Ich subsumiere das zu den vielen Dingen, die in diesem Fall eine schiefe Optik ergeben. Die Optik mag schief sein, aber strafrechtlich relevant ist das Faktum nicht.

Zufällig vermengen sich auf diesem Mandarin-Konto das Schwiegermutter-Geld und Geld vom Konto 400.815. Ein Zufall zuviel?

Es stimmt nicht, dass sich hier Gelder vermengen. Das sind unterschiedliche Geschäftsfälle die alle für sich eigene, voneinander unabhängige vertragliche Regelungen und Verpflichtungen zu Grunde haben. In diesen Verträgen werden die Geschäftsfälle getrennt und nicht vermengt. Nicht unlogisch dass die dazugehörigen Gelder auf dem Mandarin-Konto unseres Vermögensberaters überwiesen wurden. Möglicherweise waren da ja auch Gelder von anderen Kunden drauf. 

Ist die schiefe Optik ein Resultat dessen, dass Sie und Grasser sich als Gewinnertypen fühlten, die glaubten, sich alles leisten zu können?

Eine gewisse Leichtigkeit im Sein hat es damals natürlich gegeben, weil alles schnell von der Hand ging. Möglicherweise hat vieles, ex post betrachtet, zu einfach funktioniert und würde von mir heute anders gemacht.

Sie behaupten, der Tipp, laut dem die Immofinanz mehr als 960 Millionen Euro für die Buwog bieten soll, sei von Jörg Haider und nicht von Grasser gekommen. Wieder einmal soll es also der Haider gewesen sein ...

Für Jörg Haider war es nicht schwer, die Summe zu erfahren. Da genügte ein Anruf, denn er hatte ein Informationsnetz wie kein anderer. Dazu kam: Im Buwog-Paket befand sich auch die Villacher Wohnbaugesellschaft ESG. Haider forderte von Grasser ein Vorkaufsrecht, weil Haider damals mitten im Wahlkampf stand. Grasser und Schüssel gewährten ihm dieses Vorkaufsrecht. Damit hat er sich zum offiziellen Spieler bei der Buwog-Vergabe gemacht und war das Zünglein an der Waage. Als er das Vorkaufsrecht bekam, waren wir aber aufs Blut zerstritten. Beim privaten Fest zu Franz Klammers 50. Geburtstag tauchte er plötzlich ohne Einladung auf. Wir haben uns dann bis 3.30 Uhr in der Früh ausgeredet. Er fragte mich, was ich denn jetzt beruflich mache. Da erzählte ich ihm, dass ich in Bezug auf den Bundeswohnungsverkauf unterwegs bin. Er begann mir zu erzählen, warum das Vorkaufsrecht für seinen Wahlkampf wichtig war. Da wusste ich, er ist mehr als nur ein wichtiger Spieler. Wenige Monate später rief er mich an und gab mir die Information. Das habe ich im U-Ausschuss schon ausgesagt und auch von Beginn an andeutungsweise vor den Ermittlern.

Viele Medien attestierten Ihnen, dass Sie vor Gericht mehrmals „ins Schwimmen“ kamen. Einige Aussagen vor der Richterin deckten sich nicht mit den Aussagen vor den Ermittlern. Sie argumentierten, bei den Einvernahmen durch die Ermittler „taktisch ausgesagt“ zu haben. Warum macht man so etwas?

Es war notwendig, taktisch auszusagen, weil fast sämtliche Einvernahmen von mir wurden innerhalb von wenigen Tagen an die Medien gespielt und veröffentlicht. Ich hingegen erhielt keine Akteneinsicht. Deswegen habe ich die Rolle Haiders bei dem Deal nur andeutungsweise bei den Einvernahmen erwähnt, weil ich wusste, dass dann gleich wieder eine neue Medienkampagne startet.  Auch wollte ich nicht, dass Karl-Heinz in die Causa hineingezogen wird, da ich  ein schlechtes Gewissen hatte, dass wegen mir Grassers Reputation leidet. Das war schon meine Verantwortung als Freund. Ich habe nichts Falsches vor den Ermittlern gesagt, aber nicht soviel Auskunft gegeben, wie ich es heute mache.

Sie rechnen trotz des Geständnisses von Hochegger mit einem Freispruch?

Mehr denn je. Nach Faktenlage und Prozessverlauf nach 46 Verhandlungstagen wäre für mich alles andere als ein Freispruch eine große Überraschung. Nur eines macht mich stutzig: Ich höre immer öfter, dass man offenbar in Justizkreisen davon spricht, dass irgendeine Verurteilung stattfinden muss, da sonst aus deren Sicht der Rechtsstaat in Gefahr wäre.

Warum sehen Sie das so optimistisch?

Das lässt sich für mich so zusammenfassen: Hocheggers Versuch, sich in Absprache mit der Justiz freizulügen, ist postwendend gescheitert. Die Staatsanwaltschaft hat bis heute keinen einzigen Beweis für ihre politisch getriebenen Vorhalte. Es ist mir gelungen, die Leistung und das Grundgeschäft, die hinter der Provision stehen, darzustellen. Im Gegensatz zu den Behauptungen der Staatsanwaltschaft war nicht Grasser der für die Vergabe entscheidende Mann, sondern Haider. Grasser konnte das Vergabeverfahren de facto nicht beeinflussen. Die knappe Differenz der beiden Angebote ist offenbar reiner Zufall gewesen. Die jahrelang als Belastungsmaterial dargestellten berühmten Telefonprotokolle haben nach deren Vorspielen vor Gericht jede belastende Wirkung verloren. Genauso verhält es sich mit den laut Staatsanwaltschaft belastenden Inhalten meines berühmten Tagebuchs. Auch diese Inhalte sind – nachdem ich sie selbst vor Gericht verlesen und somit der Deutungshoheit der Staatsanwaltschaft und den Medien entnommen habe – keineswegs belastend, sondern entlastend. Absolut weist nichts darauf hin, dass es sich beim Faktum Terminaltower um eine parteiliche Einflussnahme Grassers handelte.

Sie und Karl-Heinz Grasser waren bekanntlich die besten Freunde. Im Gerichtssaal sagten Sie beide aus, dass sie in den vergangenen acht Jahren keinen Kontakt mehr hatten. Grasser meinte sogar, er habe nicht einmal mehr Ihre Handynummer. Im Gerichtssaal läuft die Kommunikation zwischen Ihnen und Grasser aber sehr locker ab. Ist das wirklich glaubwürdig?

Wir waren die engsten Freunde, telefonierten oft bis zu zehn Mal am Tag. Ich war Grassers wichtigster Politik-Berater. Nach seinem Abgang aus dem Finanzministerium hat er sich auch beruflich anders orientiert. Schon damals hat sich unsere Freundschaft zu einem normalen Verhältnis verwandelt, weil für Karl-Heinz die Politik nicht mehr im Fokus stand. Als dann die Buwog-Affäre 2009 aufkam, hatte ich eine zeitlang einen richtigen Zorn auf ihn, weil er öffentlich einige negative Aussagen über mich machte. Das habe ich nicht verstanden. Aber der wahre Grund für den Kontaktabbruch waren unsere Anwälte. Sie meinten, wenn wir weiter Kontakt haben, dann könnte die Staatsanwaltschaft U-Haft wegen Verabredungs- und Verdunkelungsgefahr verhängen. Jeden Tag hat damals die mediale Handschelle geklickt. Eine U-Haft wäre nur die Befriedigung für die aufgebrachte Masse gewesen. Deswegen haben wir den Kontakt abgebrochen und irgendwann gewöhnt man sich an den Zustand. 

Sie haben für den Prozess Verfahrenshilfe bekommen. Wovon leben Sie heute?

So einen Monsterprozess kann sich niemand leisten. Da kommen enorme Kosten auf einem zu. Wenn eine Causa auftaucht, wo Ermittlungen notwendig sind, dann sollte nach zwei bis drei Jahren entschieden sein, ob es zu einer Anklage kommt oder nicht. Im Jänner gehen wir ins zehnte Jahr. Durch diese lange Ermittlungszeit wurden mir meine Jahre zwischen 50 und 60 geraubt. Selbst Ernst Plech hat bis jetzt zirka 1,5 bis zwei Millionen Euro ausgegeben. Zum Glück  habe ich eine starke Lebenspartnerin, ganz tolle Töchter und eine Familie mit viel Zusammenhalt, unglaublich gute Freunde, die mich alle enorm unterstützen und ich bin gesund. Jede kleine Krankheit ist viel schlimmer als ein neunjähriges Verfahren mit viel öffentlicher Vorverurteilung. Das mache ich mir jeden Tag in der Früh, wenn ich wieder einmal wütend bin, bewusst. Aber ohne Freunde, die mir Kredite geben, könnte ich unter der Brücke schlafen. Bei der Arbeit backe ich nur mehr kleine Brötchen und habe mich auf die Entwicklung von Marken spezialisiert. Um die Kosten abzudecken und die Steuerschuld zu begleichen, habe ich zusätzlich meine Rücklagen aufgelöst, meine Uhren verkauft und meine Lebensgefährtin hatte eine Kunstsammlung, die sie gut verkaufen konnte.

Sie lachen trotz des Drucks auch im Gerichtssaal sehr viel. Woher nehmen Sie diesen Optimismus?

Trotz des zehnjährigen Dauerdrucks sehe ich das ganze als Spiel. Früher habe ich viele solcher politischer Spiele betrieben. Nur früher war ich der Spieler, heute bin ich der Ball, wo ich nicht weiß, wohin man mich kickt. Aber irgendwann wird dieses Spiel abgepfiffen. Dann ist das Spiel vorbei. Die Buwog ist eine Episode in meinem Leben, aber nicht mein Leben. 

Sie beschreiten  in diesem Prozess neue mediale Wege, haben einen Blog über den Buwog-Prozess eingerichtet. Was erwarten Sie davon?

Es geht bei der Website „derbuwogprozess.at“ darum, den seit Jahren vorverurteilenden, teilweise ideologisch gesteuerten Medien die alleinige Deutungsherrschaft über den Prozess zu nehmen und dem interessierten Prozessbeobachter, der nicht im Gerichtssaal anwesend sein kann und deshalb von Medienberichten abhängig ist, die Möglichkeit zu bieten, auch die Sicht eines  Angeklagten auf den Prozessverlauf zu vermitteln. Das ist aus meiner Sicht, der eines Kommunikationsstrategen, eine innovative Möglichkeit, die durch die Digitalisierung von Kommunikation ermöglicht wird.