So wenig Männer wie noch nie in Väterkarenz
Geht es darum, dass sich mehr Väter an der Betreuung von Kleinkindern beteiligen sollen, hat die Politik in Österreich lange auf Wahlfreiheit gesetzt. Dieses "Mantra" hat aber das Aufbrechen klassischer Geschlechterrollen etwa durch mehr Väterkarenz ausgebremst, zeigt eine am Dienstag präsentierte Studie von Sonja Dörfler-Bolt (Institut für Familienforschung).
Zuletzt waren nur 3,3 Prozent der Kinderbetreuungsgeldempfänger männlich - einer der geringsten Werte seit 15 Jahren.
Zwar gibt es in ganz Europa immer noch eine deutliche Geschlechterkluft bei der Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern sind allerdings teilweise enorm, zeigt Dörfler-Bolts Vergleich von Österreich und dem progressiven Schweden, den sie bei einer Online-Pressekonferenz vom "Wissenschaftsnetz Diskurs" vorgestellt hat.
Österreich weiterhin deutlich traditioneller als andere Länder
In beiden Ländern habe sich seit den 1990ern viel getan bei der Aufteilung der elterlichen Arbeit, Österreich sei allerdings weiterhin deutlich traditioneller, wie die aktuellsten verfügbaren Zahlen zeigen.
So arbeiten in Schweden 50 Prozent der Mütter mit Kindern unter drei Jahren (Daten aus 2020), in Österreich ist es nur ein Drittel (2021). Hierzulande gibt es außerdem mehr Mütter, die weder arbeiten, noch in Karenz sind (35 Prozent gegenüber einem Viertel). Gleichzeitig haben nur 16 Prozent der Väter, deren Kinder 2019 geboren wurden, nach der Geburt irgendwann Kinderbetreuungsgeld bezogen, in Schweden waren 88 Prozent der Väter in Elternzeit.
Schwedens Männer beteiligen sich stärker am Haushalt
Auch bei Kochen und Hausarbeit beteiligen sich Schwedens Männer deutlich stärker. Dazu passt die Bewertung der Vollzeitberufstätigkeit von Frauen: 57 Prozent stimmen der Aussage (sehr) zu, dass die Familie unter dieser leidet. In Schweden sagen das gerade einmal 16 Prozent.
Erst seit diesem Jahr gilt - aufgrund einer EU-Richtlinie - in Österreich die Regel, dass zumindest zwei Monate der Karenz für Väter reserviert sein müssen. Damit seien die Karenzregeln erstmals so gestaltet, dass sie zur Auflösung klassischer Geschlechterrollen beitragen, so Dörfler-Bolt. In den Zahlen wird sich diese Änderung erst mit einer Verzögerung von eineinhalb Jahren ablesen lassen.
Wandel in Richtung Gleichberechtigung verhindert
Das bisherige "Mantra der Freiheit der Wahl" habe einen früheren Wandel in Richtung Gleichberechtigung verhindert. Wenn wirklich mehr Väter in die unbezahlte Arbeit gebracht werden sollen, brauche es eine klare Politik in diese Richtung. "Das würde letztlich auch Einstellungen verändern" - bei den Unternehmen und anderswo, betonte Dörfler-Bolt.
Dass Männer mit Familie vollzeiterwerbstätig sind, wird unterdessen auch bei Paaren, die sich eine gleichberechtigte Aufteilung der Sorgearbeit vorgenommen haben, vorerst nicht in Frage gestellt. Das zeigt eine qualitative Befragung von Soziologin Gerlinde Mauerer (Uni Wien).
Mütter viel öfter für Kinderbetreuung zuständig
Die Beteiligung von Männern an der Familienarbeit sei insgesamt im Männerbild "noch nicht prägend". Im Vergleich mit Männern, die nicht in Karenz gehen, schneiden die befragten Väter zwar bei der Beteiligung an der Kinderbetreuung gut ab. Frauen sind aber immer noch tendenziell mehr belastet - und das liege keineswegs am Klischee von Müttern, die die Väter in Wirklichkeit "nicht ranlassen", betonte Mauerer. Der Befragung zufolge sind Mütter vielmehr öfter für Planung - vom Kindergartenplatz über Verfügbarkeit passender Kleidung bis zur Pflege sozialer Kontakte - zuständig. Nachdem Frauen meist länger in Karenz sind und häufiger in Teilzeit arbeiten, müssen sie ausgleichen, dass ihre Partner vielfach weniger flexible Arbeitsbedingungen vorfinden.