Politik/Inland

Buwog: Staatsanwälte sprechen von Geld, Gier und Geheimnissen

Der Verhandlungsverlauf im Überblick:

  • Die Verteidigung stellte einen Antrag auf Ausschluss der Republik als Privatbeteiligte am Verfahren, er wurde abgewiesen
  • Auch die Sitzordnung war wieder Thema: Kripo-Beamte und Anwälte der Privatbeteiligten mussten sich in die hinteren Reihen setzen
  • Die Staatsanwaltschaft hat ihr Eröffnungsplädoyer gehalten und die Anklageschrift dargelegt
  • Grasser-Anwalt Ainedter hielt eine kurze Replik, die ausführliche Gegenäußerung der Verteidigung folgt am Donnerstag

Gestern hat der Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 14 weitere Angeklagte begonnen. Die Richterin Marion Hohenecker war mit mehreren Befangenheitsanträgen einiger Verteidiger konfrontiert, die allerdings allesamt vom Senat abgewiesen wurden. Außerdem gingen die Verteidiger fast einstimmig per Antrag gegen die Sitzordnung im Saal vor. Sie sei nachteilig für die Angeklagten, die auf niedrigerem Niveau sitzen würden und die Mimik von Zeugen nicht erkennen könnten. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Journalisten die Computerbildschirme der Verteidiger und ihrer Mitarbeiter einsehen könnten. Auch dieser Antrag wurde abgewiesen. Insgesamt nahm das Prozedere durch die vielen Anträge so viel Zeit in Anspruch, dass der Vortrag der Anklageschrift durch den Staatsanwalt auf heute, Mittwoch, verschoben werden musste. Es ist geplant, mit diesem Programmpunkt zu starten.

Die Staatsanwaltschaft wirft Karl-Heinz Grasser vor, in seiner Zeit als Finanzminister Schmiergeld genommen zu haben. Grasser weist alle Vorwürfe zurück. Für alle Angeklagten gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.

Wir berichten heute wieder Live aus dem Gerichtssaal und der KURIER-Redaktion in Heiligenstadt. An Ort und Stelle berichten wieder Christian Böhmer (Kürzel CB) und Ida Metzger (IM)

Was heute geschah:

Richterin Marion Hohenecker eröffnete die Hauptverhandlung im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichtes mit einem Entgegenkommen gegenüber der Verteidigung. Auf deren Wunsch wurden im Saal anwesende Ermittlungsbeamte des Bundeskriminalamtes um mehrere Reihen nach hinten gesetzt um sicherzustellen, dass sie nicht auf die Unterlagen und Laptops der Verteidiger blicken können. Auch die Anwälte der Privatbeteiligten mussten sich weiter nach hinten setzen.

Otto Dietrich, der Verteidiger des ehemaligen Immofinanz-Chefs Karl Petrikovics, brachte in der Folge den Antrag auf einen Verzicht der Finanzprokuratur auf ihre Stellung als Privatbeteiligter ein. Das Interesse der Finanzprokuratur werde ohnehin durch die Staatsanwaltschaft vertreten. Diese Doppelgleisigkeit koste nur Steuergeld, außerdem würde andernfalls der Gleichheitsgrundsatz gegenüber den anderen Privatbeteiligten verletzt. Der Antrag wurde abgewiesen.

Grasser weist sämtliche Vorwürfe zurück

Bevor die Staatsanwaltschaft mit ihrem Eröffnungsplädoyer begann, stellte Grassers Verteidiger, Norbert Wess, noch einmal klar, dass der Ex-Finanzminister sämtliche Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurückweise.

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APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
GRASSER-PROZESS: MARCHART / DENK
ABD0051_20171213 - WIEN - ÖSTERREICH: Die Staatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk vor Beginn des Strafprozesses wegen Bestechungs-und Untreueverdachts bei der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Towers, am Mittwoch, 13. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
Die Staatsanwälte trugen anschließend die Anklageschrift vor. Staatsanwalt Alexander Marchart nahm sich ausführlich Zeit, den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser und seine Vertrauten Walter Meischberger, Peter Hochegger und Ernst Karl Plech der Bestechlichkeit zu bezichtigen. Grasser habe sich zwar in Broschüren gegen Korruption und Bestechung gewendet, aber in Wahrheit "war Grasser Teil des Problems, nicht Teil der Lösung", so der Vorwurf. Der ehemalige Finanzminister habe „nicht ungeschickt gehandelt“, hieß es in dem Plädoyer. Er habe sich nicht selbst exponiert, sondern sich an seine Freunde gewandt.
„Geld, Gier, Geheimnisse“

Das System sei "Geld, Gier, Geheimnisse" gewesen. Grasser „hat kassiert", alle vier "wollten kassieren", sagte Staatsanwalt Marchart. Konkret schilderte der Ankläger, wie aus seiner Sicht Grasser die Privatisierung der staatlichen Wohnungseigentumsgesellschaften, insbesondere der Buwog, gesteuert habe. Durch den Verkauf der Buwog habe Grasser die Republik geschädigt, sagte er. Es folgte eine konkrete Schilderung, wie Grasser das Bietverfahren manipuliert haben soll. Die Gesetzeslage sah damals vor, dass bei Angeboten, die sehr eng beieinander liegen, ein weiteres Bieterverfahren durchgeführt werden könne. Es habe ein erstes Bieterverfahren gegeben, bei der die CA Immo rund 80 Mio. Euro mehr geboten habe als die letztlich siegreiche Immofinanz. Daraufhin wurde auf Druck von Grasser ein zweites Bieterverfahren durchgeführt, bei der die Immofinanz um eine Million mehr bot. Und dieses Mal gab es dann keine weitere Verhandlungsrunde. Für den Buwog-Deal soll Grasser 21 Netto-Ministergehälter eingesteckt haben.

Danach schwenkte die Staatsanwaltschaft zur Causa „Terminal Tower“. Bei der Einmietung der Finanzbehörden in den Terminal Tower habe sich Grasser so lange quer gelegt - obwohl die Einmietung von den Experten empfohlen wurde - bis das Schmiergeld von 200.000 Euro durch das Projektkonsortium Porr und Raiffeisen Landesbank OÖ floss, so der Vorwurf der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Schmiergelder sollen auf einem Konto in Liechtenstein gelandet sein, das von Meischberger treuhändisch für Grasser gehalten wurde, so die Staatsanwaltschaft. Sie schloss ihr Plädoyer mit einem Aufruf an die Schöffen, einen klaren Blick zu behalten.

Ainedter wütend

Grassers Anwalt Ainedter zeigte sich über die Vorwürfe der Staatsanwalt empört. Sie hätten „sein Blut in Wallung gebracht.“ Morgen, Donnerstag, um 9.30 Uhr wird der Prozess mit der ganztägigen Powerpoint-Präsentation von Grasser-Zweitverteidiger Norbert Wess fortgesetzt.

Was auf den Großteil der 14 auf der Anklagebank sitzenden Männer außer einer Haftstrafe noch zukommen könnte, machten heute die Privatbeteiligten klar. Alleine die Republik Österreich will 9,8 Mio. Euro von Grasser und einigen weiteren Angeklagten zurück. Es sei dies der Schaden der dem Staat und seinen Bürgern durch die Causen Buwog und Terminal Tower entstanden sei.

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Der Angeklagte Karl-Heinz Grasser im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht.
GRASSER-PROZESS: GRASSER
ABD0021_20171213 - WIEN - ÖSTERREICH: Der Angeklagte Karl-Heinz Grasser vor Beginn des Strafprozesses wegen Bestechungs-und Untreueverdachts bei der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Towers, am Mittwoch, 13. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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GRASSER-PROZESS: GRASSER
ABD0021_20171213 - WIEN - ÖSTERREICH: Der Angeklagte Karl-Heinz Grasser vor Beginn des Strafprozesses wegen Bestechungs-und Untreueverdachts bei der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Towers, am Mittwoch, 13. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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Die Staatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk.
GRASSER-PROZESS: MARCHART / DENK
ABD0050_20171213 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.) Die Staatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk vor Beginn des Strafprozesses wegen Bestechungs-und Untreueverdachts bei der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Towers, am Mittwoch, 13. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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GRASSER-PROZESS: MARCHART / DENK
ABD0050_20171213 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.) Die Staatsanwälte Alexander Marchart und Gerald Denk vor Beginn des Strafprozesses wegen Bestechungs-und Untreueverdachts bei der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Towers, am Mittwoch, 13. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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Angeklagter Norbert Wicki, Anwalt Herbert Eichenseder, Anwalt Michael Dohr und Angeklagter Gerald Toifl.
GRASSER-PROZESS: WICKI / EICHENSEDER / DOHR / TOI
ABD0081_20171213 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.) Angeklagter Norbert Wicki, Anwalt Herbert Eichenseder, Anwalt Michael Dohr und Angeklagter Gerald Toifl vor Beginn des Strafprozesses wegen Bestechungs-und Untreueverdachts bei der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Towers, am Mittwoch, 13. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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GRASSER-PROZESS: WICKI / EICHENSEDER / DOHR / TOI
ABD0081_20171213 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.) Angeklagter Norbert Wicki, Anwalt Herbert Eichenseder, Anwalt Michael Dohr und Angeklagter Gerald Toifl vor Beginn des Strafprozesses wegen Bestechungs-und Untreueverdachts bei der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Towers, am Mittwoch, 13. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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Der Angeklagte Ernst Karl Plech und Anwalt Manfred Ainedter.
GRASSER-PROZESS: PLECH / AINEDTER
ABD0029_20171213 - WIEN - ÖSTERREICH: Der Angeklagte Ernst Karl Plech und Anwalt Manfred Ainedter vor Beginn des Strafprozesses wegen Bestechungs-und Untreueverdachts bei der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Towers, am Mittwoch, 13. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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GRASSER-PROZESS: PLECH / AINEDTER
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Der Angeklagte Walter Meischberger.
GRASSER-PROZESS: MEISCHBERGER
ABD0026_20171213 - WIEN - ÖSTERREICH: Der Angeklagte Walter Meischberger vor Beginn des Strafprozesses wegen Bestechungs-und Untreueverdachts bei der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Towers, am Mittwoch, 13. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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GRASSER-PROZESS: MEISCHBERGER
ABD0026_20171213 - WIEN - ÖSTERREICH: Der Angeklagte Walter Meischberger vor Beginn des Strafprozesses wegen Bestechungs-und Untreueverdachts bei der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Towers, am Mittwoch, 13. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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Die Angeklagten (v.l.) Ex-Immofinanz-Vorstand Christian Thornton, Karl Petrikovics und Peter Hochegger.
GRASSER-PROZESS: THORNTON / PETRIKOVICS / HOCHEGGE
ABD0043_20171213 - WIEN - ÖSTERREICH: Die Angeklagten (v.l.) Ex-Immofinanz-Vorstand Christian Thornton, Karl Petrikovics und Peter Hochegger vor Beginn des Strafprozesses wegen Bestechungs-und Untreueverdachts bei der Buwog-Privatisierung und des Linzer Terminal Towers, am Mittwoch, 13. Dezember 2017 im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER/APA-POOL
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GRASSER-PROZESS: THORNTON / PETRIKOVICS / HOCHEGGE
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Impressionen des zweiten Verhandlungstages
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