Politik/Inland

Länder versprechen Quartiere: "Zelte kommen weg"

Drei Stunden lang zog sich am Freitag spätnachmittags eine hochkarätige Regierungsrunde aus fünf Ministern und einem Klubobmann zu vertraulichen Gesprächen ins Kanzleramt zurück. Gabriele Heinisch-Hosek, Josef Ostermayer, Gerald Klug von der SPÖ, Sebastian Kurz, Johanna Mikl-Leitner und Reinhold Lopatka von der ÖVP versuchten auszubügeln, was bei dem spektakulär geplatzten Asylgipfel am 24. Juni misslungen war.

Die große Asyl-Lösung wurde nicht erreicht, aber zumindest Fortschritte und eine Versachlichung der Atmosphäre. Die Länder signalisierten, dass sie bis Ende Juli die versprochenen 6500 Quartiere für Asylwerber zur Verfügung stellen würden, um die Zeltunterkünfte zu ersetzen. "Die Zelte werden wegkommen", bestätigte Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer gestern im ORF-Mittagsjournal.

379 Asylanträge an einem Tag

Die Innenministerin präsentierte in der Freitags-Runde die neuesten Zahlen: Bis Ende Juni 2015 haben 28.152 Flüchtlinge in Österreich um Asyl angesucht, das sind bereits mehr als im ganzen Jahr 2014 mit 28.064.

Pro Tag würden zwischen 300 und 350 neue Asylanträge gestellt. Der höchste Wert seien 379 Anträge an einem Tag gewesen.

Bis Ende Mai 2015 haben die Behörden mehr als 4000 Asylwerber abgewiesen und in ihre Herkunftsländer zurückgebracht.

Wohnungsbörse

Derzeit sind 974 Flüchtlinge in Zelten untergebracht, 152 in Turnsälen. In Schulen und Internaten könnten auch Flüchtlinge einquartiert werden, allerdings nur, bis die Ferien vorbei sind. Erneut wurde über Container und Kasernen diskutiert. Weiters wird eine Wohnungsbörse eingerichtet: Via Inserate werden Privatpersonen um Quartiere gebeten.

SPÖ und ÖVP vereinbarten, dass man sich des Asylthemas weiterhin in unterschiedlicher Zusammensetzung in vertraulichen Runden annehmen wird.

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka sagt zum KURIER, dass er zuversichtlich sei, dass die Länder bis Monatsende ihre Verpflichtungen, Quartiere zur Verfügung zu stellen, zu 100 Prozent erfüllen werden. Kritik übt Lopatka an Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser, weil dieser der Innenministerin "Überrumpelung" vorgeworfen habe. Lopatka: "Das Problem ist nun wirklich nicht so neu, dass man davon überrumpelt wird."

Faire Lastenverteilung

Großer Ärger herrscht in der ÖVP über die EU bzw. die Regierungschefs der EU-Staaten, weil sie keine Lösung zusammen bringen. Lopatka: "Die EU ist gefährdet, wenn sie Flüchtlings- und Asylantenfragen nicht löst. Dann werden antieuropäische Parteien zulegen." Es sei eine "Kernaufgabe der EU, solidarische und gerechte Lösungen zu finden". "Fair share", laute das Prinzip. Die EU bleibe sowohl die faire Lastenverteilung als auch den Schutz der gemeinsamen Außengrenzen schuldig. Lopatka: "Wenn die EU die Flüchtlingskrise nicht löst, hat sie ein größeres Problem als mit der Finanzkrise."

Binnen vier Stunden wurde Samstagfrüh in der Polizeikaserne Krumpendorf (Kärnten) eine Zeltstadt für 240 Asylwerber errichtet. 50 Männer aus Traiskirchen werden heute, Sonntag, eintreffen. Mit einem blickdichten Zaun ist die Unterkunft vom Rest der in Betrieb befindlichen Kaserne getrennt.
Zehn WC-Boxen und 15 Duschen wurden aufgestellt. „Menschliche Unterkünfte schauen anders aus“, sagt Kärntens Rot-Kreuz-Präsident Peter Ambrozy auch im Hinblick auf die Tatsache, dass es keinerlei Hitzeschutz gibt. Die Hilfsorganisation wird die Flüchtlinge bis Freitag versorgen, dann übernimmt das Innenministerium diese Aufgabe. Die Asylwerber dürfen sich frei bewegen. Aufgrund der Verunsicherung in der Bevölkerung wird die Polizeipräsenz
erhöht.