Kurz sucht nach Auswegen im "Energie-Machtkampf"
Von Bernhard Gaul
Es waren unangenehme Nachrichten aus Moskau: Russlands Präsident Vladimir Putin erklärte, dass die Krise in der Ukraine konkrete Konsequenzen auf die Gaslieferungen nach Europa haben könnten. Die Ukrainer würden Russland Geld für die Gasimporte schulden, weshalb die Gaslieferungen vollständig oder zum Teil eingestellt werden könnten.
Neue Strategie
Österreichs Außenminister Sebastian Kurz will nun die europäische Energiestrategie überdenken. "Wir steuern auf einen Energie-Machtkampf zwischen der EU und Russland zu", erklärt Kurz im KURIER-Gespräch. Hintergrund dazu: Einerseits deckt die EU knapp 30 Prozent des Gasbedarfs aus Russland (Österreich sogar über 50 Prozent). Andererseits ist Europa für Russland mit Abstand wichtigstes Exportland für Energie, 60 Prozent der Gasexporte und 80 Prozent der Öl-Exporte gehen in die 28 EU-Staaten.
Kurz sieht eine Strategiewechsel in Moskau: "Russland versucht sich durch eine Kooperation mit China langfristig von der Abhängigkeit von Europa zu lösen. Umso mehr muss Europa in Energiefragen eigenverantwortlich werden."
Was die Konsequenzen für Österreich betreffen, ziehe er mit Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner an einem Strang (siehe unten).
Droht Österreich erneut ein Lieferstopp aus Russland? "Wir beobachten die Situation genau. Österreich wäre im Fall einer eventuellen Verknappung der Gaslieferungen aber bestens gerüstet", beruhigt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner am Samstag im Gespräch mit dem KURIER. "Selbst bei einem völligen Importstopp würden die Vorräte für fünf Monate reichen."
Mitterlehner koordiniert gemeinsam mit Außenminister Kurz die Stellungnahme zu Putins Brief, beide setzen sich auch auf EU-Ebene für eine gemeinsame Position ein. Am Montag gibt es dazu eine Telefonkonferenz mit Amtskollegen aus anderen EU-Staaten und EU-Energiekommissar Günther Oettinger.
"Die nachhaltige Energieversorgung können wir nur im europäischen Kontext lösen", sagt Mitterlehner. Konkret gehe es um eine Diversifizierung von Energiequellen und Transportrouten, den Ausbau von Erneuerbaren Energien und den effizienteren Einsatz von Energie.
Mitterlehner betont, dass die Umstellung des gesamten Energiesystems "nicht von heute auf morgen geht". Und als "Brückenenergieträger" werde man Gas auch in naher Zukunft benötigen, vor allem die Industrie sei darauf angewiesen. Österreich habe aber im EU-Vergleich schon jetzt den vierthöchsten Anteil an Erneuerbaren Energien, bei der reinen Stromerzeugung liege Österreich mit einem Anteil von knapp 70 Prozent auf Platz 1.
"Österreich ist schon jetzt Energiedrehscheibe im Herzen Europas", sagt der Minister. Vor allem die Pumpspeicherkraftwerke in den Alpen würden als "grüne Batterien" Europas dann Strom liefern, "wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht und damit aus erneuerbaren Quellen kein Strom produziert werden kann".