Politik/Inland

Rudolf Hundstorfer im Faktencheck

Bei Rudolf Hundstorfer gibt es kaum jemanden, der wirklich etwas gegen den Sozialminister sagt. Das liegt einerseits an der Leutseligkeit des Ex-ÖGB-Präsidenten, andererseits daran, dass er es verstand, trotz Krise niemandem wirklich weh zu tun. In alter Sozialpartner-Manier schnürte er mit Reinhold Mitterlehner Konjunktur- wie Sparpakete, die von Gewerkschaft wie Unternehmern gefordert bzw. geduldet wurden und leistete so zwar nichts Epochales, tat aber genug, um die Arbeitslosigkeit im Rahmen zu halten. Insgesamt gilt Hundstorfer seiner Partei als Mann für alle Fälle, der mittlerweile in praktisch jede bedeutende Verhandlungsgruppe entsandt wird, egal ob die mit seinen Kernaufgaben auch nur irgendetwas zu tun hat. Clever legte es Hundstorfer in seinem Bereich bei den Pensionen an. Er steht zwar ständig im Fokus der Experten-Kritik wegen mangelnden Reformeifers, nützte aber dieses Image, um große Einschnitte wie die massive Einschränkung der Hacklerregelung unauffällig in die Wege zu leiten. Etwas werden könnte die engagierte Reform der Invaliditätspension. Etabliert wurde unter Hundstorfer die Mindestsicherung. Säumig ist der Sozialminister, was eine große Pflegelösung angeht, immerhin hat er eine Übergangsfinanzierung sichergestellt. Nicht gerade heroisch agierte Hundstorfer, als er sich von der Wiener SPÖ diktieren ließ, dass die bestgereihte Kandidatin nicht Wiener AMS-Chefin werden durfte.

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„Wenn Überstunden nicht bezahlt werden, bedeutet das eine Milliarde weniger Einkommen, das bei Banken und dem Kapital landet.“


- Sozialminister Rudolf Hundstorfer am 18.8.2013

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Das Ergebnis einer Berechnung, ob die Österreicher tatsächlich bald eine Milliarde weniger am Konto haben könnten, hängt sehr stark von den Annahmen ab. Das SPÖ-geführte Sozialministerium geht – schließlich ist Wahlkampf – davon aus, dass mit der Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle Überstundenzuschläge auf sehr breiter Front entfallen würden. So kommt grob gesprochen das Ergebnis von einer Milliarde an entfallenden Arbeitseinkommen zustande.

Sehr Milchmädchen-technisch wurde hier allerdings berechnet, dass bei Entfall sämtlicher Zuschläge für alle 275 Millionen Überstunden, die Vollzeitkräfte im Jahr leisten, den Arbeitnehmern nahezu 1,75 Milliarden Euro entgehen würden. In einem zweiten Schritt wurde angenommen, dass zwischen der Hälfte (874 Mio €) und zwei Drittel (1165 Mio €) aller Überstundenzuschläge entfallen würden. So kommt Sozialminister Rudolf Hundstorfer – man nehme die goldene Mitte – konkret auf seine Milliarde Euro an Schaden für Arbeitnehmer.

Doch so einfach ist die Welt nicht. Steigt, wie von der ÖVP beabsichtigt, die tägliche Normal- und Höchstarbeitszeit sowie parallel dazu der mögliche Durchrechnungszeitraum, sind zwar weniger Überstundenzahlungen für Arbeitnehmer wahrscheinlich. Aber das Ausmaß ist völlig unklar, sagen Experten und ist einzig und allein von der Ausgestaltung des jeweiligen Modells abhängig wie Erfahrungen bei BMW in Steyr oder der Voest in Linz zeigten.

Außerdem achten die Arbeitnehmervertreter sehr penibel darauf, dass es hier eben zu keinen Lohnkürzungen durch die Hintertür kommt – wie die SPÖ befürchtet. Ganz so, als ob für sie die Arbeitszeitflexibilisierung ein neues Thema wäre. Dabei fordert die Arbeitgeberseite weitergehende Flexibilisierungsschritte seit Jahren. Einmal auf gesetzlicher Ebene, dann wieder in den jährlichen Kollektivvertragsrunden.

In Zeiten mit sehr guter Auftragslage soll erlaubterweise länger gearbeitet werden – die Zeitgutschriften sollen in flaueren Zeiten konsumiert werden. Ob wirklich alles in Zeit oder teils in Geld und Zeit „ausbezahlt“ wird, hängt wiederum vom konkreten Verhandlungsergebnis der Sozialpartner auf Firmenebene ab. Hier gibt es bereits die unterschiedlichsten Lösungen, auch stark abhängig von der Größe des Betriebs.