Politik/Inland

FPÖ-Parteitag: 98,25 Prozent für Hofer - Kickl rechnet mit ÖVP ab

Norbert Hofer ist am Samstag mit 98,25 Prozent der Delegiertenstimmen zum neuen FPÖ-Chef gewählt worden. Damit konnte Hofer beim Bundesparteitag in der Grazer Messehalle fast das Ergebnis von Heinz-Christian Strache beim letzten Parteitag in Klagenfurt 2017 erreichen, bei dem Strache mit 98,7 Prozent das bestes Ergebnis seiner Obmannschaft erzielte.

"Ich nehme die Wahl an, liebe Freunde. Wir sind wieder da", rief Hofer den jubelnden Delegierten zu und sprach von einem "unglaublichen Ergebnis". Die politischen Gegner könnten sich nun "warm anziehen", meinte er.

Davor untermauerte er noch einmal sein "Angebot" an die ÖVP, die Regierungsarbeit nach der Nationalratswahl fortzusetzen. Aber: "Das ist keine Bitte", betonte er. Und er blickte bereits über die Wahl am 29. September hinaus: Ziel seiner Obmannschaft sei es, die FPÖ zur stärksten Partei in Österreich zu machen. Seinem Vorhaben, die türkis-blaue Regierungsarbeit auch nach dem Scheitern der ÖVP-FPÖ-Koalition nach der Wahl wieder fortzusetzen, widmete Hofer breiten Raum in seiner Parteitagsrede.

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"Schlimme Falle für Strache"

Hofer, der zu Beginn auf seinen eigenen Aufstieg in der Partei verwies, konstatierte, dass es zuletzt nicht einfach in der FPÖ gewesen sei. "Ja, Heinz-Christian Strache ist eine schlimme Falle gestellt worden", sprach er den an der Ibiza-Affäre gescheiterten Ex-Parteichef an. Es sei aber gelungen, die Partei wieder "auf die richtige Schiene zu setzen" - Dank seiner Mitglieder. Und Dank sprach er auch seinem Vorgänger aus, der freilich nicht in Graz erschienen war: "Lieber Heinz-Christian, du hast für diese Partei Unglaubliches geleistet. Ich weiß um deinen persönlichen Einsatz. Ich weiß, wie schwer diese Stunden im Mai für dich waren - und ich bitte um einen Applaus für deine Leistung" - eine Aufforderung, der die Delegierten dann auch (wenn auch nicht allzu euphorisch) nachkamen.

Seinem Vorhaben, die türkis-blaue Regierungsarbeit auch nach dem Scheitern der ÖVP-FPÖ-Koalition nach der Wahl wieder fortzusetzen, widmete Hofer breiten Raum. Vor den Delegierten stellte er gleichzeitig klar, dass dies nur ein "Angebot" sei: "Denn wir könne Opposition sehr gut." Und es werde "nicht leicht werden, mit uns zu verhandeln". Bei Punkten wie etwa der direkten Demokratie, den "ORF-Zwangsgebühren", der Forderung nach der finanziellen Ausstattung des Bundesheeres und "dem einen oder anderen Bereich, auch personeller Natur" werde es sich spreizen.

Bekenntnis zu Kickl

Ein klares Bekenntnis gab Hofer zu Herbert Kickl ab. In Richtung ÖVP gewandt sagte er, es sei nach der Forderung der ÖVP nach einem Abgang Kickls als Innenminister klar gewesen, dass alle FPÖ-Regierungsmitglieder ihre Ämter niederlegen. "Wir haben echte Kameradschaft gelebt." Und wenn die ÖVP heute Werbung für die Leistungen der ÖVP-FPÖ-Regierung mache, "dann war viel von dem, was als Errungenschaft gefeiert wird, ein Erfolg von unserem Innenminister Herbert Kickl. Herbert, du hast das hervorragend gemacht", streute er dem nunmehrigen Klubobmann Rosen. Mit Kickl als Innenminister wäre es auch nicht möglich gewesen, dass wie 2015 "Hunderttausende Menschen unkontrolliert die Grenzen" passieren. "Das ist der Grund, warum es wichtig ist, dass wir das Innenministerium nicht so einfach aufgeben, sondern dass wir darum kämpfen, mit einem guten Wahlergebnis, dass Herbert Kickl wieder Innenminister wird."

Vor einem Ausschlagen seines Koalition-"Angebots" warnte Hofer die ÖVP: Denn sollte diese etwa mit den Grünen koalieren, dann würden die Umfragen der Volkspartei "ganz schnell bei der Ära Mitterlehner landen", nämlich bei 20 Prozent. "Nehmt es an oder schlagt es aus. Ich hoffe, dass man sich für die Vernunft entscheidet.

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Hofer sieht 35 Prozent als Messlatte

Mit der möglichen Vizekanzlerschaft nach der Wahl will sich Hofer aber noch nicht zufriedengeben, wie er den Delegierten versicherte: "Ich trete nicht an, um Bundesobmann einer Partei zu werden, die sich mit dem zweiten oder vierten Platz zufriedengibt, auf Dauer." Er verwies auf sein Antreten bei der Bundespräsidentschaftswahl 2016, bei der er im ersten Wahlgang klar den ersten Platz geholt hatte. Diese mehr als 35 Prozent der Stimmen seien "die Messlatte, die wir uns selbst für die Zukunft legen müssen", so Hofers Ziel.

"Es wird bei dieser Wahl nicht so sein, dass wir als Erste durchs Ziel gehen. Aber ich trete an, um diese Partei so aufzustellen, dass wir es unter meiner Obmannschaft schaffen, bei einer bundesweiten Wahl als Erste durchs Ziel zu gehen (...) Es ist unser Ziel, zur stärksten Partei in Österreich zu werden. Weil wir es können."

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"Niemals wieder an uns selbst scheitern"

Und Hofer sprach auch das ebenfalls beschlossene "Durchgriffsrecht" bei Suspendierungen bzw. Ausschlüssen von Parteimitgliedern an: Man werde auch dort notwendige Maßnahmen setzen, "wenn wir erkennen dass jemand etwas tut, was uns, unserer Gesinnungsgenossenschaft schadet." Er werde bei einem "schweren Schnitzer" nicht lange zuschauen, sagte er unter Applaus der Delegierten. Und er versprach - auch mit Blick auf die Folgen des Ibiza-Videos -, dass die Partei unter ihm derartige Fehler nicht mehr machen werde: "Niemals wieder mehr werden wir an uns selbst scheitern."

Richtig Stimmung kam dann auf, als er den Themen Islam und Migration breiten Raum einräumte: "Wir müssen den politischen Islam entschieden bekämpfen. Das ist ein menschenverachtendes, kriegstreiberisches System." Der Islam sei "niemals Teil unserer Kultur" gewesen und "er wird niemals Teil unserer Geschichte und Kultur sein", so Hofer.

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Kickl will "Gerade" oder "rechten Haken" verteilen

Herbert Kickl holte dann zum heftigen Rundumschlag vor allem gegen ÖVP und SPÖ aus. Die FPÖ werde "mit Sicherheit" zu keiner "Außenstelle des Sebastian Kurz-Anbetungsvereins", werden, so Kickl, der als letzter Redner unmittelbar vor der Wahl den Einpeitscher gab. Mit Sagern wie "faulen Früchten der Willkommenspolitik" oder der Bezeichnung von Flüchtlingen als "Facharbeiter für das Hantieren unter der Gürtellinie" sorgte er beim Asyl- und Migrationsthema für lautstarken Beifall. Und er richtete der ÖVP aus, dass die FPÖ sehr wohl Anspruch auf den Innenminister stellt: "Es braucht einen starken Innenminister, einen freiheitlichen Innenminister."

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Seinen Chef Hofer lobte Kickl in den höchsten Tönen und bat eindringlich um ein "überragendes" Vertrauensvotum für den neuen Parteiobmann. Denn dieses Vertrauensvotum sei sowohl "Signal" an die "Freunde", die "jubeln" werden, aber auch an die Gegner, die danach "das Muffensausen" bekommen würden. Und er sprach auch die medial kolportierte angebliche Konkurrenz zwischen ihm selbst und Hofer an: "Euer Angriff und euer Bombardement mit dem Spaltpilz gehen ins Leere (...) Ihr solltet eigentlich wissen, dass wir seit Knittelfeld gegen jede Form des Spaltpilzes immun sind", sagte Kickl. Im Gegenteil seien er und Hofer "ein ganz gutes patriotisches Doppelpack: Die, die du nicht niederclinchst, in deiner Art, die kriegen von mir eine Gerade oder einen rechten Haken."
 

Gewählt wurden auch Hofers Stellvertreter, darunter Kickl. Ein direkter Vergleich der Delegierten-Gunst war allerdings nicht möglich, da die Wahl des sechsköpfigen Stellvertreter-Gremiums in offener Abstimmung stattfand. Freuen durften sich die neuen Vizeparteichefs über ein einstimmiges Votum. Neben Kickl wurden auch Oberösterreichs Landesparteichef Manfred Haimbuchner, Salzburgs Landesparteichefin Marlene Svazek, Nationalratsabgeordneter Harald Stefan, der steirische Landesparteichef Mario Kunasek sowie Kärntens FPÖ-Obmann Gernot Darmann zu den Stellvertretern des Bundesparteiobmannes gekürt. Es gab keine Gegenstimme. Hilmar Kabas wurde zum Bürgeranwalt gewählt.

Durchgriffsrecht beschlossen

Zum Abschluss wurde auch noch der Leitantrag, der sich für eine "vollständige" Umsetzung des mit der ÖVP 2017 ausgearbeiteten Regierungsprogramms ausspricht, von den Delegierten abgesegnet. Zuspruch erfuhren u.a. auch das Vorhaben, den Bundesparteiobmann mit einem Durchgriffsrecht für Suspendierungen bzw. Parteiausschlüssen auszustatten sowie dem Bekenntnis, künftig keine "fördernden" Mitglieder mehr aufzunehmen.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda kritisierte in einer Aussendung nach dem Parteitag Hofers neuerliches Werben um die "Fortführung der skandalösen Ibiza-Koalition". Diese habe Österreich "massiv geschadet", so Drozda: "Die Hofer/Kickl-FPÖ ist nicht regierungsfähig."

Der KURIER-Live-Ticker zum Nachlesen:

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