Integration: ÖVP will neues Schulfach "Staatskunde"
Von Christian Böhmer
Was wurde eigentlich aus dem Wahlprogramm der Volkspartei? 100 Projekte, so hat Spitzenkandidat Sebastian Kurz angekündigt, soll und wird das türkise Wahlprogramm umfassen. 19 Tage vor der Wahl präsentierte der ÖVP-Chef die erste Tranche. Arbeitstitel: "Sicher und zu Hause".
"Zuwanderung und Migration verändern ein Land massiv", sagt Kurz. Er meint das nicht nur positiv. Am Ende gehe es ihm und der ÖVP darum, die jüdisch-christliche bzw. von der Aufklärung geprägte Tradition Österreichs zu erhalten.
Das Wie, und damit ist man bei den konkreten Ansagen, schließt über weite Strecken am Regierungsprogramm der letzten türkis-blauen Koalition an: "Der Zuwanderungsstopp ins Sozialsystem und die Umsetzung der Mindestsicherung neu müssen konsequent fortgeführt werden", sagt ÖVP-Chef Kurz. Zudem solle es eine "Taskforce" für Sozialleistungen geben. Warum das? Es sei schon jetzt schwierig zu überprüfen, ob Beihilfen oder Pensionen, die aus Österreich ins Ausland überwiesen werden, auch zu Recht ausbezahlt werden.
Neuigkeitswert hat Kurz' Ansage, wonach die Volkspartei ein neues Pflichtfach in den Pflichtschulen etablieren möchte: Ab der fünften Schulstufe soll verpflichtend das Fach "Staatskunde" unterrichtet werden. In diesem sollen "die Grundzüge unserer Verfassung und des österreichischen Rechtsstaates" sowie "Werte und Traditionen der österreichischen Kultur" vermittelt werden. Die Frage, ob und welche Fächer aus dem bestehenden Kanon für das neue Fach reduziert werden können, bleibt vorerst offen.
A propos Schule: Kinder mit Sprach- oder Lerndefiziten sollen verpflichtende Kurse am Nachmittag und auch im Sommer besuchen müssen. Und geht es nach Sebastian Kurz, dann wird das bestehende Kopftuchverbot in zweierlei Hinsicht verschärft: Lehrerinnen soll es komplett und Schülerinnen bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres verboten werden, ein Kopftuch zu tragen.
Weniger Sozialleistungen für Schulschwänzer
Familien, in denen die Kinder mit Unterstützung der Eltern notorisch die Schulpflicht verletzen, sollen nach dem Willen der Volkspartei auch finanziellen Einbußen erleben. Konkret will Sebastian Kurz den Schulbehörden und der Jugendwohlfahrt ermöglichen, einen Teil der Familienbeihilfe zu kürzen, wenn andere Disziplinierungsmaßnahmen nicht greifen.
Neue Tauglichkeitsstufe
Eine integrationsfördernde Wirkung erhofft sich die ÖVP auch von der Einführung der so genannten "Teil-Tauglichkeit". Wie vom KURIER mehrfach berichtet, steigt die Zahl der Untauglichen seit Jahren spürbar. Derzeit sind männliche Staatsbürger derzeit entweder tauglich - und damit verpflichtend beim Zivildienst oder Bundesheer - oder gänzlich untauglich.
Eine "Teil-Tauglichkeit" würde im Sinne der ÖVP den Vorteil bieten, dass insbesondere junge Männer aus Familien mit Migrationshintergrund, die derzeit wegen körperlicher Einschränkungen untauglich sind, in Zukunft zumindest ein paar Monate lang Dienst am Staat, sprich an der Waffe oder in karitativen oder sozialen Einrichtungen zu leisten haben.
Die Teil-Tauglichkeit ist Teil des ÖVP-Konzeptes, den Grundwehrdienst zu einer "Schule der Nation" zu machen, sprich: Auch die Zeit als Rekrut oder Zivildiener soll eine Phase der "Weiterbildung und Integration" sein.
Kampf dem Extremismus
Um Extremismus in islamistischen Vereinen oder auch bei rechtsextremen Gruppierungen wie den Identitären rechtzeitig zu begegnen, will die Kurz-ÖVP auch das Vereinsrecht verschärfen. Die Idee: Wenn staatsfeindliches Gedankengut verbreitet wird, soll ein Verein schneller aufgelöst werden können.
Und Veränderungen soll es auch im Ehe-Recht geben: Um Zwangsehen zu verhindern, soll das Ehefähigkeitsalter generell auf 18 Jahre angehoben werden. Die seltene, aber rechtlich mögliche Heirat zwischen Cousins soll generell verboten werden.