Innenministerium plant einen Zaun an der Grenze zu Ungarn
Von Karin Leitner
22. Oktober 2015. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ist am Grenzübergang im steirischen Spielfeld – und tut dort kund: "Wir müssen an einer Festung Europa bauen." Seither ist viel passiert. Die "Willkommenskultur" der heimischen Regierenden – Mikl-Leitner hatte am 4. September auf dem Wiener Westbahnhof ob dessen, was die Flüchtlinge "mitgemacht haben, das Herz gebebt" – ist passé. Mittlerweile gehören Kanzler & Co zu den Hardlinern in Europa. Zäune wurden errichtet, Grenzen dichtgemacht, es gibt Tageskontingente und eine Asylobergrenze von 37.500 für dieses Jahr.
Die Westbalkan-Route ist bereits geschlossen. Nun drängt Mikl-Leitner darauf, auch die Ostbalkan-Route abzuriegeln. Der Deal der EU mit der Türkei löse das Problem nicht, argumentiert die ÖVP-Ressortchefin. Flüchtlinge würden Richtung Bulgarien ausweichen, weil die griechische Grenze zu Mazedonien zu sei. "Das kann der nächste Korridor für Massenandrang von Flüchtlingen sein", sagte Mikl-Leitner in der gestrigen ORF-Pressestunde.
Neue Hürden
Sie ortet "ein Potenzial von 1,1 Millionen Menschen", die Richtung Bulgarien ziehen könnten. Einen 90 Kilometer langen doppelreihigen Hochsicherheitszaun gibt es schon entlang der bulgarisch-türkischen Grenze; 70 Kilometer fehlen noch. Auch Österreichs Grenzen würden weiterhin geschützt, sagt Mikl-Leitner: "Wenn es notwendig ist, dann werden wir weitere Zäune wie in Spielfeld bauen, Container aufstellen, mit Polizisten und Soldaten vor Ort sein."
SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl verlangt fixe Grenzkontrollen im Burgenland; derzeit wird punktuell und unregelmäßig gecheckt. Er "vertraue der Innenministerin und dem Verteidigungsminister, dass sie die richtigen Maßnahmen setzen".
Barriere-Plan
An solchen wird gewerkt. In Südungarn sind die Flüchtlingslager trotz des Grenzzauns voll. Um das Schleppergeschäft über Ungarn einzuschränken, wird im Innenministerium eine weitere Hürde erwogen – es könnte ein Zaun an der österreichisch-ungarischen Grenze aufgezogen werden. Laut KURIER-Informationen lässt Mikl-Leitner einen Plan dafür ausarbeiten. Wo und wann die Barriere errichtet werden soll, wird von Ressort-Experten beraten.
Zusätzlich will die Ministerin die Zahl der Asylanträge reduzieren. In den vergangenen Tagen habe es "durchschnittlich um die 100 Anträge" gegeben, "weil wir nicht ausschließen können, dass Flüchtlinge mit Schleppern direkt ins Landesinnere kommen", sagte Mikl-Leitner dem KURIER. Und so ist angedacht, dass die Asylsuchenden ihr Verfahren nicht in Österreich abwarten.
In einer Art Schnellverfahren, das nur wenige Stunden dauert, soll direkt an den Hot Spots, wie etwa in Spielfeld, über die Asylanträge entschieden werden. "Es kann bedeuten, dass zur Einhaltung der Obergrenze ankommende Menschen an der Staatsgrenze direkt ins sichere Nachbarland zurückgewiesen werden, selbst wenn sie einen Asylantrag stellen", sagt Mikl-Leitner.
Sobald das "Grenzmanagement" am Brenner startet, wird das Tageskontingent von 80 Asylanträgen auf die gesamte Südgrenze aufgeteilt. Mikl-Leitner: "Das bedeutet, dass nur mehr jeweils 40 Asylanträge in Spielfeld und am Brenner angenommen werden dürfen."
Allianz mit Bulgarien
Bereits jetzt gibt es eine Allianz mit Bulgarien. In der Hauptstadt Sofia werden in einigen Tagen Polizei-Generaldirektoren konferieren. "Es werden alle Balkanländer, Österreich, Deutschland, die Visegrád-Gruppe (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) teilnehmen. Auch Griechenland ist eingeladen", sagt Mikl-Leitner. Es soll eruiert werden, wie viel Personal und welche Technik für den Grenzschutz vonnöten sind. Wie den Schleppern beizukommen ist, mit denen korrupte Grenzpolizisten kooperieren, wird auch thematisiert. Und: Die Bulgaren sollen Nachtsichtgeräte und Know-how zur Bekämpfung von Dokumentenfälschung erhalten.