Politik/Inland

Ibiza-Video: Justiz nimmt von Strache genannte Firmen ins Visier

"Ja, es gibt ein paar sehr Vermögende. Die zahlen zwischen 500.000 und eineinhalb bis zwei Millionen", sagte Heinz-Christian Strache in jener Nacht auf Ibiza, die fast zwei Jahre später das Ende seiner Vizekanzlerschaft bedeuten sollte.

Gegenüber einer wildfremden Frau, die sich als Oligarchen-Nichte ausgab, zählte der damalige FPÖ-Chef auf: "Gaston Glock als Beispiel, Heidi Horten ist ein Beispiel. Rene Benko, der die ÖVP und uns zahlt – einer der größten Immobilienmakler Österreichs. Novomatic zahlt alle."

War das nur Prahlerei, eine "b’soffene G’schicht"? Oder sprach der langjährige Parteichef in lockerer Urlaubsatmosphäre aus, was längst praktiziert wird?

Die genannten Unternehmen dementieren, an die FPÖ oder eine andere Partei gespendet zu haben. Strache hat sie mit seinen Aussagen dennoch ins Visier der Justiz gerückt: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) will wegen Untreue gegen die Firmen ermitteln. Das Vorhaben muss vom Justizministerium und vom Weisungsrat genehmigt werden. Darauf wartet man offenbar noch.

Auf KURIER-Anfrage will die WKStA die Namen der Unternehmen nicht bestätigen. Der Akt ist unter Verschluss.

Bekannt ist bisher, dass gegen Strache, seinen Kompagnon Johann Gudenus und den designierten FPÖ-Finanzreferenten und Abgeordneten Markus Tschank wegen Untreue ermittelt wird.

Es gebe aber noch "weitere Beschuldigte und unbekannte Täter in unterschiedlichen Beteiligungsformen", heißt es von der WKStA. Damit dürften Verantwortliche der Firmen gemeint sein.

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Reichen die Indizien?

Um überhaupt in der heiklen Causa ermitteln zu dürfen, braucht es vorab ausreichend Indizien. Heißt: Reicht das, was jemand im Rausch gesagt hat, um bei renommierten und millionenschweren Unternehmen einzureiten?

Es brauche jedenfalls deutlich mehr als die Aussagen im Ibiza-Video, sagt Georg Krakow, Experte für Wirtschafts- und Korruptionsstrafrecht und selbst ehemaliger Staatsanwalt.

Im Ermittler-Repertoire wären dann Befragungen in den Unternehmen. Erhärtet sich der Verdacht, können Konten geöffnet oder sogar Hausdurchsuchungen durchgeführt werden.

Dass sich die Korruptionsjäger jetzt die Unternehmen genauer anschauen, ist ein logischer Schritt: Wenn man Strache, Gudenus und Tschank eine Anstiftung bzw. einen Beitrag zu Untreue vorwirft, muss man ja auch unmittelbare Täter verfolgen – und das wären in dem Fall etwaige Geldgeber.

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Nach Auffliegen der Ibiza-Affäre meldeten sich sogar einige Unternehmer bei Medien, die behaupteten, die FPÖ habe ihnen Vereine genannt, an die sie spenden könnten. Ein System, das Strache auf Ibiza beschrieb. Diese "Umwege" werden ebenfalls von der WKStA untersucht.

Die Rechtslage schaut aus Unternehmenssicht so aus: Grundsätzlich dürfen sie Parteien unterstützen – solange die Zuwendung verhältnismäßig ist und nicht aus Eigeninteresse des Managers geschieht. Abgesegnet werden höhere Ausgaben dann üblicherweise von einem Führungsgremium.

Ein Problem wäre es nur dann, "wenn Zuwendungen an Parteien über Scheinrechnungen oder sonst verschleiert erfolgen. Etwa bei Zahlungen an Werbeagenturen, die aber in Wahrheit einer Partei zugutekommen sollen", erklärt Krakow.

Die Spende muss transparent sein – sonst schadet man damit Partnern oder Aktionären. Das erfüllt den Straftatbestand der Untreue, auf den sechs Monate bis zehn Jahre Haft stehen – je nach Höhe der illegalen Spende.

Fass ohne Boden

Es ist nun der Versuch der Justiz, sich der Problematik der illegalen Parteienfinanzierung anzunähern. Experten sehen in dem neuen Transparenzgesetz, das am Mittwoch im Parlament beschlossen wurde, zu viele Schlupflöcher.

Ihre Anregung, Parteispenden ins Strafgesetz aufzunehmen, wurde ignoriert, auch der Rechnungshof hat weiterhin keinen Einblick in die Parteifinanzen. Illegale Spenden sind "nur" eine Verwaltungsübertretung – sofern sie überhaupt auffallen.

Über den Untreue-Paragrafen geht man in der Causa Ibiza also nicht nur den Parteien selbst, sondern ihren Spendern ans Leder. Experten meinen, dass die Justiz damit in ein Fass ohne Boden greifen könnte – unabhängig davon, ob die Genannten tatsächlich gespendet haben. Schaut man bei der FPÖ genauer hin, müsste man auch andere Parteien in die Pflicht nehmen.