Politik/Inland

Ibiza-Causa: Rätsel um Verfahren zu "politischer Einflussnahme"

Die Justiz kommt nicht zur Ruhe. In der Ibiza-Causa waren lange die Unstimmigkeiten zwischen Korruptionsstaatsanwälten und Beamten der SOKO Tape Thema. Mittlerweile, so versichern beide Seiten, laufe die Zusammenarbeit reibungslos und konstruktiv.

Dafür tobt jetzt wieder justizintern ein Streit, wie Ilse Vrabl-Sanda, Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), am Donnerstag im U-Ausschuss schilderte.

Die WKStA fühlt sich von ihrer übergeordneten Behörde, der Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA), schikaniert. Vrabl-Sanda sprach von einer „erklecklichen Anzahl“ an Überprüfungen der Dienstaufsicht, deren Sinn sie nicht nachvollziehen könne.

Zu schaffen machen ihr zudem „sehr schlechte Medienberichte“, und dass innerhalb der Justiz „sehr schlecht“ über die WKStA geredet werde – sie vermutet offenbar, dass dies von ihrer Oberbehörde gesteuert werde.

Jetzt dürfte die Situation eskaliert sein: Eine Staatsanwältin gab ihren Job auf. Sie war wegen der Schredder-Causa diszipliniert worden.

Ärger um Schredder-Akt

Zur Genese erklärte Vrabl-Sanda: Die OStA habe eine Information geschickt, wonach der Akt zur Schredder-Causa nicht an den U-Ausschuss geliefert werden soll. Die Staatsanwältin hat diese eMail dann in ihr Tagebuch (das sind persönliche Unterlagen der Staatsanwälte parallel zum Strafakt, Anm.) genommen, das der U-Ausschuss bekommen sollte.

Über diesen Umweg hätten die Mandatare des U-Ausschusses also erfahren, warum sie den Schredder-Akt nicht erhalten sollen.

Die OStA registrierte diesen Versuch und machte eine sogenannte „Ausstellung“ – das ist quasi die letzte Warnung, bevor ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird. „Das ist eine sehr bedrückende Situation, vor allem für eine junge Kollegin, weil diese Ausstellung dann im Personalakt steht“, schilderte Vrabl-Sanda im U-Ausschuss. Sie selbst habe als Behördenleiterin auch eine Ausstellung bekommen, weil sie die Kollegin verteidigt habe.

Ministerium: Ansicht richtig, Maßnahme falsch

Die Maßnahme wurde dann aber revidiert – und zwar durch eine Weisung von Justizministerin Alma Zadić. Aus deren Büro heißt es auf KURIER-Anfrage, es habe unterschiedliche Auffassungen gegeben, welche Dokumente in den Akt genommen werden sollen.

Das Ministerium teile zwar die Auffassung der OStA (nämlich, dass die Schredder-Aufzeichnungen nicht zum Akt gehören), die Ausstellung sei aber „ein falscher Schluss“ gewesen. Man habe sich „bei der Betroffenen entschuldigt“ und die Ausstellung aus dem Personalakt gelöscht.

Wegen der Unstimmigkeiten zwischen OStA und WKStA würden „zahlreiche Gespräche“ geführt, heißt es weiter. Betont wird, dass das gemeinsame Ziel eine „unabhängige und effiziente Ermittlungsarbeit“ sei.

Mysteriöses Verfahren

Aufhorchen ließ Vrabl-Sanda im U-Ausschuss noch ein zweites Mal: Auf die Frage von Neos-Mandatarin Stephanie Krisper, ob es politische Einflussnahme auf die Ermittlungen gebe, wollte die WKStA-Chefin nichts sagen. Und zwar, wie sie später erklärte, weil es ein „junges Verfahren“ gebe und sie dieses durch eine öffentliche Aussage nicht gefährden dürfe.

Die Befragung von Vrabl-Sanda wurde deshalb in einer vertraulichen Sitzung fortgesetzt. Außerhalb wurde unterdessen spekuliert, dass es um Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek gehen könnte.

Aktuell läuft gegen ihn bereits ein Verfahren bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck in der Causa Stadterweiterungsfonds. Eine anonyme Anzeige ist im Frühjahr von Wien nach Leoben und letztlich nach Innsbruck gewandert. Dort wird sie aktuell geprüft (der KURIER berichtete). Pilnacek wird vorgeworfen, unsachlich Druck ausgeübt zu haben.

Auch das nun von Vrabl-Sanda angesprochene neue Verfahren soll KURIER-Informationen zufolge in Innsbruck liegen. Was es damit auf sich hat, bleibt vorerst offen; mit ihren Andeutungen hat sie jedenfalls für Wirbel gesorgt.

OStA-Chef Johann Fuchs wies ihre Vorwürfe und „die haltlosen Spekulationen jeglicher Art über eine unsachliche Amtsführung meinerseits entschieden zurück“. Gegen ihn werde kein Verfahren geführt, erklärte er auf Twitter.

Der U-Ausschuss macht jetzt bis 12. Jänner Pause.