Politik/Inland

Heinisch-Hosek löst ersten Koalitionsstreit aus

Die Koalition ist zwar noch frisch, doch schon gibt es Scharmützel: ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel kritisierte am Samstag Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): "Die Tinte auf dem Koalitionsvertrag ist noch nicht einmal trocken und Heinisch-Hosek will den Pakt schon wieder aufschnüren", empörte sich Blümel über Aussagen der Ministerin in Interviews der vergangenen Tage (siehe KURIER-Interview und Artikel unten). Der vielzitierte Weihnachtsfrieden in der Regierung ist damit vorerst dahin.

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Heinisch-Hosek hatte unter anderem gemeint, dass die Gesamtschule - die sich ja nicht im Regierungsprogramm findet - für sie "nicht vom Tisch" sei. Man brauche jetzt "konstruktive gemeinsame Regierungsarbeit", um das Vertrauen in die Politik wieder herzustellen, betonte Blümel in einer Aussendung.

Kritik auch von Opposition

Harald Walser von den Grünen wiederum kritisiert, dass Heinisch-Hosek in Interviews "starke Worte" finde, sich aber fast nichts davon im Koalitionspakt finde und es sich deshalb wohl um "leere Versprechungen" handle.

Das Team Stronach pochte auf mehr Autonomie der Schulen. "Auch die neue Bildungsministerin Heinisch-Hosek hat noch nicht verstanden, dass sich die Politik endlich aus der Schule zurückziehen muss", kommentierte der Bildungssprecher des Team Stronach, Robert Lugar die Aussagen der Ministerin.

Pisa-Studie, Lehrerdienstrecht, Streiks: Gabriele Heinisch-Hosek hat das Unterrichtsministerium in einer heißen Phase übernommen, viele Baustellen auf dem weiten Feld der Bildung sind offen. Im KURIER-Interview sprach Heinisch-Hosek schon vor zwei Tagen über ihre Pläne. Die wichtigsten Punkte kristallisieren sich nun heraus - eine Übersicht:

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Verschränkte Ganztagesklassen

"Wir fragen nur noch die Eltern", verwies die Ministerin auf das Regierungsprogramm gegenüber der APA. Dort ist vorgesehen, dass an jedem Schulstandort mit mehr als einer Jahrgangsklasse mindestens eine Klasse in verschränkter Form - also mit einem Wechsel von Unterricht, Lern-und Freizeit - geführt werden muss. Voraussetzung: Die Eltern von 15, in manchen Fällen auch zwölf, Kindern müssen zustimmen. Kommt dies nicht zustande, muss es "in zumutbarer Entfernung" ein Angebot geben.

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Kooperation zwischen Kindergärten und Volksschulen

Hier will die Ministerin über eine Art verschränkte Schuleingangsphase zwischen dem letzten Kindergarten- und den ersten beiden Volksschuljahren verhandeln, "ohne dass man gleich an 17 Zulagen denken muss." Hier sei die Bereitschaft der Lehrer sehr groß, früher zu wissen, welche Kinder kommen. Umgekehrt könnten die Kindergartenpädagoginnen ihre Kinder noch ein Stück begleiten und etwa eine Stunde pro Woche schauen, wie es diesen in der Schule gehe. "Dieser spielerische Übergang gehört professionalisiert."

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Größere Autonomie für die Schulen

So sollen sich Schulen etwa leichter von 50-Minuten-Einheiten lösen können und Direktoren stärker bei der Lehrerauswahl mitreden können. Auch die schon derzeit mögliche Schaffung eigener Gegenstände wie etwa Politische Bildung gehöre in die Schulautonomie. "Aber ich kann natürlich nicht sagen, ich geb dir jetzt ein Globalbudget, mach damit was du willst. Grenzen finanzieller Art sind schon da. Und mir nix dir nix sagen, diese Pädagogen brauche ich nicht mehr, die kannst du versetzen, wird für Direktoren auch nicht gehen."

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Volksschulen: Verpflichtende Sprachkurse intensivieren

Dabei soll jeder Schulstandort entscheiden können, wie dies am besten funktioniere. "Das kann auch in vorbereitenden Gruppen passieren, aber ein komplettes Herauslösen aus dem Klassenverband wäre der falsche pädagogische Ansatz", meinte Heinisch-Hosek. "Wenn Sie Quereinsteiger haben, die übers ganze Schuljahr kommen, kann ich die nicht in einer Klasse zusammenspannen und glauben, nach fünf Monaten können sie Deutsch. Das erfordert individuelle Lösungen. Es ist aber nichts dagegen einzuwenden, die Kinder phasenweise für einige Einheiten aus der Klasse rauszunehmen."

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Größere Abstände zwischen Bildungstests

Hinterfragen will die neue Ministerin die Struktur der derzeitigen externen Test an den Schulen - von den internationalen Studien bis zu den Bildungsstandards. Zu viele Tests erzeugten Stress bei Kindern, Eltern und Lehrern. "Ich will mir aber zuerst einen Gesamtüberblick machen und dann fragen, ob die Dichte der Testungen auch in Zukunft nötig ist." Bildungsstandards in der vierten und achten Schulstufe abzufragen sei gut - "aber ob man jedes Jahr testen muss, das ist die Frage für mich".

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Gesamtschule

"Nicht vom Tisch" ist für Heinisch-Hosek die Gesamtschule. "Es gibt Interesse aus Vorarlberg, Tirol und Salzburg, Modellregionen zur gemeinsamen Schule zu initiieren." Diese könnte sich also über solche Schulversuchen über Österreich ausbreiten - "und wenn sie so kommt, solls mir auch recht sein."