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Harsche SPÖ-Kritik an Schengen-Veto: "Versagen der ÖVP-Innenminister"

Eigentlich hätte es ein großer Auftritt von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner werden sollen. Am Mittwoch tagte die SPE-Fraktion des EU-Parlaments in Wien, rund 300 Personen inklusive Experten und Gästen aus den Westbalkan-Staaten waren in Österreichs Bundeshauptstadt angereist. Doch Rendi-Wagner musste aus Krankheitsgründen absagen.

So ersparte sich die SPÖ-Chefin allerdings auch einen politischen Spagat. Denn die europäischen Sozialdemokraten befürworten den Beitritt von Rumänien, Bulgarien und Kroatien zum Schengen-Raum. Rendi-Wagner hingegen sagte kürzlich, es sei "jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für eine Erweiterung".

Damit war Rendi-Wagner auf ÖVP-Linie geschwenkt. Innenminister Gerhard Karner hatte angekündigt, bei der Abstimmung im Innenministerrat sein Veto gegen den Beitritt Rumäniens einzulegen.

Keine Grenzwartezeiten beim Kroatienurlaub

Der Delegationsleiter der SPÖ im EU-Parlament, Andreas Schieder, kritisierte Karner deswegen am Mittwoch am Rande der SPE-Tagung scharf. Auf den letzten Metern vor der Erweiterung ein Veto ins Spiel zu bringen, beweise das Versagen der ÖVP-Innenminister. Die ÖVP stelle seit zwei Jahrzehnten die Innenminister, und Karners Vorgänger sei der jetzige Bundeskanzler Karl Nehammer gewesen. Die beiden hätten die Erweiterung eben besser vorbereiten müssen. Schieder: "Jetzt ein Veto auf den Tisch zu legen, ist der Beweis für das eigene Versagen."

Schieder erinnert an die Vorzüge der Reisefreiheit auch für die österreichische Bevölkerung, dass man im Sommer an der Grenze zwischen Slowenien und Kroatien nicht mehr stundenlang im Stau stehen müsse.

SPE für Erweiterung, Rendi-Wagner "nicht jetzt"

SPE-Fraktionschefin Iratxe Garcia Perez sagte, die SPE unterstütze die Erweiterung des Schengenraums um Rumänien, Bulgarien und Kroatien. "Es ist nicht gut, alles miteinander zu vermischen", meinte sie und spielte damit auf Karners Argument an, wonach er Schengen deswegen blockiere, weil zu viele Flüchtlinge nach Österreich kämen. Dazu Schieder: "Es stimmt, dass das europäische Asylsystem gescheitert ist. Die EU-Kommission hat bereits einen Vorschlag für ein neues System auf den Tisch gelegt. Aber dieses System wird unter anderem von Ungarn blockiert, das eines der hauptverantwortlichen Länder für das Anwachsen der Migration auf der Balkanroute ist."

Abstimmung der Innenminister am Donnerstag

Die Abstimmung über die Schengenerweiterung ist am Donnerstag im Innenministerrat geplant. Am Mittwoch am Nachmittag wurde bekannt, dass am Donnerstag vielleicht nur über den Beitritt Kroatiens abgestimmt wird. Die Entscheidung über den Beitritt von Rumänien und Bulgarien könnte verschoben werden, hieß es.

Jedenfalls ist der Beitritt der Länder Bulgarien und Rumänien miteinander verknüpft, denn der Einzelbeitritt eines dieser Länder würde null Sinn machen: Entweder entstünde ein Riesenloch im Schengenraum, wenn Bulgarien draußen bliebe, oder Bulgarien müsste eine sündteure Außengrenze zum Nachbarland Rumänien aufbauen, und diese ein paar Jahre später, wenn dann Rumänien aufgenommen würde,  wieder abbauen.

Sollte über alle drei Länder en bloc abgestimmt werden, wäre Österreich gezwungen, auch Kroatien zu blockieren oder alle drei Länder durchzuwinken. Auch die Stimmenthaltung ist möglich, dann würden alle drei Länder aufgenommen, aber eben ohne Österreichs Zustimmung.