Politik/Inland

Grünen-Generalsekretär Fiesel geht: "Widme mich Pflichten als Vater"

Es war ein "Wahnsinnsjahr" für die Grünen - und für Thimo Fiesel, der an vorderster Front mitgekämpft hat. Erst als Wahlkampfleiter, ab Ende Oktober dann als Generalsekretär. Ein Job, der extra für ihn geschaffen worden war.

Jetzt geht er aus "privaten Gründen" - und für seine Partei völlig überraschend. Im KURIER-Gespräch erklärt er, wieso.

Fiesel: "Trage eine Verantwortung"

Der 36-jährige Tiroler hat eine Ehefrau und drei Kinder im Alter von zweieinhalb, sechs und neun Jahren. Den Großteil der Woche ist er in Wien, kommt meist nur am Wochenende nach Hause.

"Nach diesem Wahnsinnsjahr möchte ich mich wieder auf meine Pflichten als Familienvater konzentrieren. Ich trage eine Verantwortung, und so wie zuletzt geht es auf Dauer nicht weiter", erzählt er.

Angedacht war eigentlich, dass seine Familie demnächst nach Wien übersiedelt. "Aber auch da hätte ich viel zu wenig Zeit für die Familie gehabt. Der Job als Generalsekretär bei einer Partei, die Juniorpartner in einer Regierung ist, verlangt die volle Fokussierung."

Stattdessen möchte er den Fokus jetzt auf seine Kinder legen, "ihnen beim Aufwachsen zuschauen", sagt Fiesel.

Bis zum Ablauf seiner Funktionsperiode Ende April bleibt er noch, will in der Zwischenzeit bei der Suche nach einem Nachfolger mithelfen. Wer das sein wird, ist noch völlig offen.

Dann will sich der Tiroler erst einmal eine berufliche Auszeit nehmen, vielleicht in Bildungskarenz gehen. Auch eine völlige Neuorientierung - also ein Abschied aus der Politik - sei nicht ausgeschlossen, sagt er.

Kogler: "War uns eine große Stütze"

Fiesel, ein gebürtiger Schwabe, zog 2007 fürs Studium nach Kufstein, Tirol, wo er bis heute mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebt. Bevor er zur Grünen Landespartei ging, war er für den Österreichischen Alpenverein und als Klettertrainer tätig.

Er war gerade Landesgeschäftsführer bei den Grünen in Tirol, als ihn die Bundespartei nach Wien berief. Nach der Sanierung der Partei und der Neuaufstellung mit Werner Kogler an der Spitze war der 36-Jährige Wahlkampfleiter für die Grünen.

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Die Erfolge der Grünen bei der EU-Wahl im Mai und der Nationalratswahl im September rechnet man auch ihm als Führungskraft zu. Er führte jeweils sparsame, geradlinige und straff organisierte Wahlkämpfe und brachte Aktivisten in ganz Österreich auf Linie.

Thimo Fiesel war uns und vor allem mir in den Jahren nach 2017, in denen es um die Sanierung und den Neustart der Grünen gegangen ist, eine große Stütze", sagt Kogler anerkennend.

Auch in der Phase der Regierungsverhandlungen habe der Tiroler in der neu geschaffenen Funktion als Generalsekretär eine wichtige Koordinierungsaufgabe übernommen.

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Kogler:„In all der Zeit hat er die Grünen in den Fokus gerückt und naturgemäß wenig Zeit für Familie, Frau und Kinder gehabt. Jetzt ist die Basis für ein strukturiertes Arbeiten auf allen Ebenen geschaffen. Ich danke Thimo aufrichtig für seinen unermüdlichen Einsatz und gönne ihm von ganzem Herzen wieder mehr Zeit für seine Liebsten."

Und der Parteichef hofft: "Vielleicht ist es ja nur eine Pause und unsere Zusammenarbeit setzt sich in der Zukunft wieder fort.“

Streit im Hintergrund?

Der völlig überraschende Rückzug lässt freilich die Gerüchteküche brodeln. Die Rede ist etwa von Unstimmigkeiten und zuletzt gar einem heftigen Streit zwischen Kogler und Fiesel.

"Völliger Unsinn", sagt Fiesel dazu. Er sei immer ein Befürworter der grünen Regierungsbeteiligung gewesen, habe immer betont, dass das "Ringen um Kompromisse mit der ÖVP der richtige Weg war". Manche Kompromisse seien schmerzhaft, aber notwendig, betont er. "Diese Erfahrung habe ich in Tirol gemacht, wo ich auch schon Schwarz-Grün mitverhandelt habe."

In der Partei lässt man übrigens offen, ob der Job des Generalsekretärs überhaupt nachbesetzt wird, wenn Fiesel Ende April geht. Eine Bundesgeschäftsführerin, die die Parteistruktur im Auge behält, gibt es ja bereits.