Politik/Inland

Kickl-Buch: Der "Volkskanzler" aus der Erdmann-Siedlung

"Mehrfach“, sagt Gernot Bauer, hätten er und profil-Kollege Robert Treichler den Chef der derzeit in allen Umfragen führenden Partei um ein persönliches Gespräch für ihre „investigative Biografie“ gebeten – doch Herbert Kickl habe abgelehnt.

In "Kickl und die Zerstörung Europas“ begeben sich die Autoren, wie aus dem Vorabdruck im aktuellen profil hervorgeht, auf Spurensuche von der frühesten Kindheit des Einzelkindes bis in die "Volkskanzler“-Gegenwart.

Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen in der Erdmann-Siedlung im Kärntner Radenthein ist der Sohn berufstätiger Eltern oft in der Obhut von Großmutter Leopoldine. Sein bester Freund aus Kindheitstagen – Bernhard – sei es heute noch, heißt es in dem über 250 Seiten fassenden Buch. Und, dass beim jungen Herbert Kickl zwei Dinge auffällig gewesen sind: Seine schulischen Erfolge und sein sportliches Talent. „Beim Fußball ist er einer der Besten, und beim Sechzig-Meter-Lauf besiegt er alle anderen Schüler“, wird ein Schulkollege zitiert.

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Kickl will als Gymnasiast an die Militärakademie nach Wiener Neustadt wechseln – tut es aber nicht, bleibt in der Klasse mit der späteren Grünen-Chefin Eva Glawischnig– so weit, so teils bekannt.

Neu dürfte vielen sein, dass der heute auch als Sportler und bisweilen Asket bekannte Kickl in Philosophie-Studientagen in Wien gerne abends „tscheppern“ geht, wie die Recherchen der Autoren ergeben. Und seine politische Karriere 1995 mit einer Notiz auf einem Bierdeckel und durch Fritz Simhandl und Johannes Berchtold (beide damals in der Freiheitlichen Akademie) seinen Lauf nimmt.

Was den heute 55-Jährigen seit jeher auszeichne, das sei sein ausgeprägtes Misstrauen Menschen gegenüber – egal ob sie aus der Politik oder den Medien kämen. „Zu Kickl konnte man kein Vertrauensverhältnis aufbauen“, wird ein ÖVP-Politiker zitiert. „Mit anderen FPÖ-Ministern gab es zwischendurch Spaß. Mit Kickl habe ich nie gelacht.“

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Kickls Vertrauen genießt im Gegensatz zu FPÖ-Länderchefs wie jenen aus Oberösterreich (Manfred Haimbuchner) oder Wien (Dominik Nepp) FPÖ-Mandatar und Notar Harald Stefan („Er hält Verbindung zum Milieu der Corps und Burschenschaften, mit denen Kickl fremdelt, deren Unterstützung er aber braucht.“). Im Kapitel „Wie Kickl sich an die Spitze der Partei mobbte“ wird Stefan als „Mann im Hintergrund“ beschrieben und, dass Norbert Hofers abruptes Aus an der Spitze einer internen Intrige geschuldet war („Dem Nationalratspräsidenten wird ein Fehlverhalten gegenüber einer Frau unterstellt.“).

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Apropos Hofer: Der Ex-FPÖ-Chef,  Dritter Nationalratspräsident und bis dato erfolgreichste FPÖ-Kandidat bei einer Bundespräsidentenwahl, will den Autoren nach zufolge 2028 wieder für das höchste Amt im Staat kandidieren. „Dabei ist Hofer nicht einmal als nächster FPÖ-Nationalratspräsident gesetzt. Kickl favorisiert die Wiener Abgeordnete Dagmar Belakowitsch.“

"Kickl und die Zerstörung Europas" von Gernot Bauer und Robert Treichler erscheint am 15. April im Zsolnay-Verlag (256 Seiten/25 Euro)

Der Artikel wurde aktualisiert. In einer früheren Version wurde Norbert Hofer irrtümlich als ehemaliger Dritter Nationalratspräsident bezeichnet. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.