Politik/Inland

Faymanns privat: „Ich bin der Liberale, Martina die Strenge“

Eines ist in diesem Wahlkampf-Sommer sicher: Interviews über Lehrerdienstrecht, Budget, Korruption & Co. wird es zum Abwinken geben. Als Alternative zu den Polit-Sommergesprächen stellen wir Ihnen in der neuen KURIER-Serie die Spitzenkandidaten im Doppel-Talk mit ihren Ehepartnern abseits des politischen Parketts vor. Zum Start der Serie baten wir Kanzler Werner Faymann (53) mit seiner Frau Martina (46) zum Interview.

KURIER: Stimmt es, dass Sie heute am 7. Juli Ihren Hochzeitstag feiern?
Werner Faymann:
Sie sind gut informiert. Ich bin neugierig, ob meine Frau weiß, den wievielten Hochzeitstag wir dieses Jahr feiern? (lacht).
Martina Faymann:Ich weiß es, aber ich warte auf deine Antwort (lacht).Werner Faymann: Es ist unser 12. Hochzeitstag, und jetzt fällt mir auf, dass es auch der erste ist, den wir getrennt verbringen müssen (Anmerk. d. Red.: Interview war am Donnerstag ).

Was ist der Grund für diese Premiere?
Werner Faymann:
Meine Frau ist bereits mit unserer Tochter Flora auf Urlaub in Oberitalien. Ein ausgiebiger Sommerurlaub geht sich bei mir heuer, wegen der Nationalratswahlen, nicht aus. Im Moment verdoppeln sich meine Termine. Ich werde nur tageweise meine Familie in Oberitalien und Ende Juli dann in Salzburg besuchen können.

Wie erklären Sie Ihrer 10-jährigen Tochter Flora, dass der Wahlkampf wichtiger ist als der Urlaub?
Werner Faymann: Ich bemühe mich, dass wir dieses Zeitdefizit im Winter beim Skiurlaub wieder ein wenig gutmachen können. Flora hat zu mir gesagt: „Papa, aber im Winter fahren wir schon ordentlich weg.“ Und ich habe es ihr versprochen. Meine Tochter ist zum Glück eine begeisterte Skifahrerin.

Und wer hat mehr Talent fürs Carven?
Werner Faymann: Sie fährt mir bereits um die Ohren, weil sie schneller und mutiger über große Mugeln im Wald fährt als ich (lacht). Sie ist wesentlich unerschrockener.

Sie sind nun seit fünf Jahren Bundeskanzler. Wie fällt Ihre Bilanz als Vater in dieser Zeit aus?
Werner Faymann: Es gab ein paar Fixpunkte, die ich trotz Wirtschaftskrise einhielt. Mindestens ein bis zwei Mal pro Woche habe ich meine Tochter zur Schule begleitet. Flora fährt meistens mit dem Roller, den ich dann wieder nach Hause schiebe. Beim Lernen bin ich für das Rechnen verantwortlich. Wobei es erstaunlich ist, wie viel von den Kindern in der Volksschule schon verlangt wird. Und dann nehme ich Flora immer wieder für ein paar Stunden mit ins Bundeskanzleramt.

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Wie darf man sich das vorstellen? Sie bringen Ihre Tochter mit den Bodyguards zur Schule.
Werner Faymann:
Nein. Diesen Termin habe ich meiner Security immer verheimlicht. Da gibt es nur mich und Flora.

Welches Geschenk bringen Sie Ihrer Tochter mit, wenn Euro-Krisensitzungen in Brüssel länger gedauert haben als geplant?
Werner Faymann:
Meistens schenke ich Flora als kleine Entschädigung belgische Schokolade. Aber natürlich fragt sie mich oft: „Papa, warum musst du schon wieder wegfahren?“

Und wie erklärt man einer Volksschülerin die Euro-Krise?
Werner Faymann:
Ich erzähle Flora viel von meinen Eindrücken bei den Dienstreisen. So versuche ich ihr zu vermitteln, wenn in Europa die Hoffnungslosigkeit und Chancenlosigkeit regiert, ist auch unser Frieden in Gefahr Im Moment sind aber die Römer ihr Lieblingsthema .Wir haben zwei oder drei Mal gemeinsam Asterix und Obelix gelesen – „Immer Ärger mit den Briten“ (lacht).

Eine Situation, die Sie von der EU kennen?
Werner Faymann:
Ich transferiere die Obelix-Texte in die Gegenwart. Nein, das ist nur ein Scherz. Aber diese Gespräche mit meiner Tochter sind mir wichtig. Wir diskutieren auch intensiv über Fragen wie „Gibt es den lieben Gott?“ oder „Kann das alles wahr sein, was in Religion unterrichtet wird?“ .

Welche Antwort geben Sie als Sozialist bei diesem Thema?
Werner Faymann:
Ich bin ja auch Katholik und habe meinen Glauben. Insofern fällt mir die Beantwortung der Fragen sehr leicht. Aber Flora kontert dann oft und meint: „Die Omi meint, es muss nicht sein, dass es einen Gott gibt.“

Es wird immer wieder gefordert, dass die Kruzifixe aus den Schulklassen verschwinden sollen. Das ist für Sie kein Thema?
Martina Faymann:
Ich habe auch nicht den Eindruck, dass das ein Thema bei den Eltern ist. Zumindest wurde ich von anderen Eltern noch nie mit der Frage konfrontiert.

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Herr Faymann, Sie haben aus erster Ehe ebenfalls eine Tochter. Wie ist das Verhältnis zwischen großer und kleiner Schwester?
Werner Faymann:
Die beiden sehen sich leider nicht sehr oft. Die kleine Schwester würde mit ihrer älteren Schwester gerne mehr Zeit verbringen. Aber mit 22 lebt sie schon ihr eigenes Leben. Sie macht gerade den Bachelor in Psychologie, arbeitet nebenbei. Da bleibt keine Zeit, dass sie uns drei Mal pro Woche besucht. Aber es freut mich, dass sie seit Kurzem wieder bei unserem Skiurlaub dabei ist.
Martina Faymann:Aber sie ist bei allen Familienfeiern oder auch zu Weihnachten bei uns.

Im Herbst besucht Ihre Tochter eine neue Schule: Haben Sie sich für eine Kooperative Mittelschule oder ein Gymnasium entschieden?
Martina Faymann:
Flora wird ein Gymnasium besuchen, weil es hier eine neue Ganztagesklasse mit verschränktem Unterricht gibt. Das war uns schon bei der Auswahl der Volksschule wichtig. Und es war auch Floras Wunsch wieder in eine Ganztagsschule zu gehen. Außerdem besuchen auch viele Freundinnen von Flora dieses Gymnasium, und das ist für Kinder in diesem Alter immer ein wichtiges Entscheidungskriterium.

Wer ist der Strengere bei der Erziehung?
Werner Faymann:
Absolut meine Frau.
Martina Faymann: Das ergibt sich aus unserer Lebenssituation. Ich verbringe mehr Zeit mit Flora und muss daher öfters Grenzen setzen.
Werner Faymann: Ich bin sehr liberal. Heute wollte Flora mit mir in der Früh noch schnell eine Runde Zweier-Schnapsen spielen. Eigentlich hätte ich schon ins Auto einsteigen sollen, aber ich habe ihr trotzdem den Wunsch erfüllt. Sie hat zwei von drei Runden gewonnen. Ich vermute Flora wird heimlich von ihrer Oma trainiert.

Frau Faymann, welche Headline würden Sie der Regierungszeit Ihres Mannes geben?
'Martina Faymann:
Meine Headline wäre: „Er hat das sehr gut gemacht.“ Auch mit dem Hintergrundwissen, wie viel Engagement dahinter steckt.

Ist das nicht eine sehr unkritische Headline? Bei welchem Thema würden Sie sich mehr Bewegung wünschen?
Martina Faymann:
Natürlich gibt es Bereiche, wo schnellere Ergebnisse wünschenswert wären. Aber es gibt auch einen Koalitionspartner. Gerade beim Thema Bildung wäre es ein ganz großer Wunsch von mir, dass mehr weitergeht. Wir haben mit der Ganztagsschule inklusive verschränktem Unterricht so gute Erfahrungen bei unserer Tochter gemacht, dass es schön wäre, wenn es mehr solcher Schulen gibt.
Werner Faymann: Wir haben zwar die Plätze der Ganztagsschule fast verdoppelt und bauen hier weiter aus, aber nicht die Zahl der Ganztagsschulen mit verschränktem Unterricht. Doch die PISA-Siegerländer haben am Nachmittag Unterricht. Man muss dieses Schulmodell nicht zum Zwang machen, aber man muss es anbieten. Und in Österreich gibt es noch immer viele weiße Flecken, wo Menschen weder zwischen einer ordentlichen Kinderbetreuung noch einer ganztägigen Schule aussuchen können. Und das müssen wir ändern. Denn damit sind wir noch immer weiter hinter den Vorzeigeländern. Ich bin überzeugt, wenn wir das Ortstafel-Problem in Kärnten lösen konnten, werden wir auch die Schule lösen.

Frau Faymann, von welcher politischen Persönlichkeit, die Sie in den letzten Jahren kennengelernt haben, waren Sie am meisten beeindruckt?
Martina Faymann:
Ein Termin, an dem ich oft noch denke, war sicherlich das 20-Jahr-Jubiläum zum Berliner Mauerfall. Da hatte ich kurz die Gelegenheit, mit Hillary Clinton zu plaudern.

Wie läuft ein Smalltalk mit Hillary Clinton ab?
Martina Faymann:
Wir haben über ihr Bild von Österreich gesprochen. Interessant war, dass sie Österreich als ein Land ohne Probleme bezeichnet hat – zumindest aus amerikanischer Sicht. Obwohl sie als harte Politikerin dargestellt wird, hatte sie eine unheimlich sympathische und menschliche Ausstrahlung. Mit dieser Begegnung hat sich ein Traum erfüllt.

Clinton ist nach der Präsidentschaft ihres Mannes als Politikerin durchgestartet. Was streben Sie an? Vielleicht noch ein Job als Stadträtin?
Martin Faymann:
Nein, absolut nicht. Ich finde, ich habe schon Karriere gemacht. Meine Tätigkeit als Landtagsabgeordnete und mein Engagement seit 20 Jahren gegen Gewalt gegen Frauen und Kinder füllt mich sehr aus.

Herr Faymann, Ihr Vorgänger Alfred Gusenbauer ist nun Lobbyist. Können Sie sich das auch als Karriere nach der Politik vorstellen?
Werner Faymann:
Mit diesem Gedanken habe ich mich noch nicht beschäftigt. Jetzt hoffe auf eine klaren Wählerauftrag für eine neue Regierung. Aber eines ist sicher: Lobbying ist keines meiner Ziele. Das passt nicht zu mir.