Tag 4 im Kurz-Prozess: "Kein einziges Herzerl oder Bussi"
Heute, am Tag vier im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und seinen früheren Kabinettchef Bernhard Bonelli wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss haben die Zeugenaussagen begonnen.
Als erster Zeuge wurde im Straflandesgericht Wien der einstige ÖBB-Finanzvorstand und Mitverhandler der türkis-blauen Koalition Arnold Schiefer befragt.
In seiner Zeugenaussage stützt Schiefer die bisherige Verantwortung des Ex-Kanzlers zu großen Teilen. Die ÖBAG-Bestellung sei kein großes Thema der Regierung gewesen. Die Vorgänge zur Bestellung seien damals nur ein Randthema der Regierung - eine direkte Involvierung Kurz' skizzierte Schiefer nicht.
Die ÖBAG sei ein "totales Nebenthema" gewesen. Vielmehr standen andere Themen im Vordergrund, wie etwa die Krankenkassen-Zusammenlegung.
Interventionen des Ex-Kanzlers habe es bei ihm keine gegeben, so Schiefer: "Kurz hat sich bei mir nie gemeldet bezüglich eines Wunsches."
Der Angeklagte meldete sich dann am Ende der Verhandlung noch einmal zu Wort. Er kritisierte, dass die WKStA manche Chats, die nicht zu ihrer Geschichte passten, zu wenig berücksichtigt hätte, auf anderen dafür lange "herumgeritten" sei.
Gerade aus der Zeit, in der Kurz dem damaligen Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid die ÖBAG-Führung versprochen haben soll, habe es "kein einziges Danke, Herzerl oder Bussi" in den Chats gegeben.
Alle Details aus der Befragung lesen Sie unten in unserem Ticker.
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Worum geht es?
Zwischen Schiefer und dem damaligen Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid soll es eine Vereinbarung der türkis-blauen Regierung gegeben haben – von der Kurz laut eigener Aussage nichts gewusst hatte. Konkret geht es darum, ob Kurz über ein Personalpaket für die Besetzung der Staatsholding ÖBAG informiert war, das zwischen Schmid für die ÖVP und Schiefer für die FPÖ ausverhandelt wurde.
Im U-Ausschuss war eine entsprechende Chatnachricht von Ex-Vizekanzler Heinz Christian Strache (FPÖ) an den früheren Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) vorgelegt worden. Dazu befragt, sagte Kurz im U-Ausschuss, er wisse nicht, „was die vereinbart haben“.
Auch gegen Schiefer hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen Falschaussage im U-Ausschuss ermittelt. Das Verfahren wurde aber eingestellt. Schiefer war seit 2019 Finanzvorstand bei der Bahn. Er wechselte im Sommer in die Privatwirtschaft nach Oberösterreich.
Eigentlich war Schmid selbst von Anklage wie Verteidigung für den ersten Zeugenbefragungstag vorgesehen. Dieser ließ sich aber entschuldigen, er befinde sich an diesem Tag nicht in Österreich. Seine Befragung findet nun am 11. Dezember statt.