Eltern müssen zur Erziehungsberatung
Ein neues Namensrecht, neue Regeln für die Obsorge, neue Rechte für Patchwork-Familien – am 1. Februar tritt das neue Familienrecht in Kraft, das umfassende Änderungen für Väter, Mütter und Kinder bringt.
Während sich die Polit-Debatte bisher hauptsächlich um die Obsorge-Frage bei strittigen Scheidungen gedreht hat, ist untergegangen, dass es auch für jene rund 15.000 Ehepaare, die sich pro Jahr einvernehmlich trennen, zusätzliche Vorschriften gibt: Sie müssen künftig eine Erziehungsberatung absolvieren.
Eltern aufklären
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Scheidungen für Kinder immer belastend sind, die Eltern sich dessen aber nicht bewusst sind.
Daher sollen Väter und Mütter von Experten über die Folgen der Trennung auf den Nachwuchs aufgeklärt werden.
Familienrichterin Doris Täubel-Weinreich zum Motiv der Neuregelung: „Wir bemerken, dass die Leute viel zu wenig wissen, welche Auswirkungen eine Trennung auf die Kinder hat.“ Die Leiterin der ARGE Erziehungsberatung Martina Leibovici-Mühlberger spricht gar von „grässlich uninformierten Eltern“. Sie erzählt ein Beispiel: „Eine Sechsjährige war froh, dass sich die Eltern getrennt haben, weil die Streitereien zwischen den beiden auf keine Kuhhaut mehr gegangen sind. Sie hat aber nicht verstanden, warum der Papa aus der Wohnung ausgezogen ist, anstatt zu ihr ins Kinderzimmer zu ziehen.“ Eine Beziehung könne beendet werden, aber, so Leibovici-Mühlberger: „Die Elternschaft ist unauflösbar.“ Mütter und Väter müssten oft lernen, die Die Bedürfnisse der Kinder vor ihre eigenen zu stellen.
Leibovici-Mühlberger hält die Auflagen für die Eltern grundsätzlich für einen Fortschritt. Doch gebe es einen Wermutstropfen: Das Gesetz sei zu unpräzise formuliert. „Erziehungsberatung ist kein geschützter Beruf.“ Wünschenswert seien Qualitätsstandards.
Es wurde nämlich nicht genau festgelegt, wie viele Stunden an Beratung nachgewiesen werden müssen. Es heißt nur allgemein, dass sich Eltern bei Familienberatungsstellen oder von Pädagogen und Psychologen aufklären lassen müssen. Es muss kein Einzelgespräch sein, es kann auch ein Gruppen-Termin ausreichen. Dem Gericht muss ein Nachweis für die fachliche Aufklärung spätestens bis zur ersten Verhandlung vorgelegt werden. Hält der Richter die Beratung nicht für ausreichend, so kann er weitere Lektionen in Sachen Erziehung und Umgang mit der Trennung anordnen.
Eine vorläufige Liste anerkannter Beratungsstellen gibt es auf der Homepage des Justizministeriums.
Ledige Väter können künftig gegen den Willen der Mutter die gemeinsame Obsorge beantragen. Das bisherige Veto-Recht der Mutter fällt. Die Entscheidung liegt beim Richter.
Antrag im StandesamtEinigen sich ledige Eltern auf die gemeinsame Obsorge, kann diese beim Standesamt angemeldet werden (bisher bei Gericht).
NamensrechtEgal ob ehelich oder unehelich – auch Kinder können künftig einen Doppelnamen haben (bisher nur ein verheirateter Elternteil).
Strittige TrennungenBei strittigen Trennungen gibt es künftig eine Abkühlphase von sechs Monaten. Die Obsorge-Regelung bleibt in dieser Zeit so, wie sie vor der Trennung war. Familien sollen in der Zeit von Experten (Sozialarbeitern, Psychologen etc.) unterstützt werden. Der Richter entscheidet dann über eine gemeinsame oder eine alleinige Obsorge.
Patchwork-FamilienStiefeltern bekommen mehr Rechte. Sie erhalten Auskünfte beim Arzt oder dürfen eine Entschuldigung für das Kind des neuen Partners unterschreiben.