Politik/Inland

Düringer-Liste, Öxit-Plattform, BZÖ: Aufgeben ist keine Option

Der heutige 9. Juli ist der Stichtag für die Nationalratswahl – und je nachdem, welche politische Relevanz man im politischen Spektrum Österreichs hat, sind ab heute zwei Zahlen von Bedeutung: 2.600 oder 7.000.000.

Für die im Nationalrat vertretenen Parteien läuft fortan der Wahlkampfkostenzähler. Mehr als 7 Millionen Euro dürfen sie bis zur Wahl am 29. September nicht ausgeben. Tun sie es doch, drohen durch das neue Parteiengesetz massive Strafen.

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Von solchen Zahlen können die meisten Parteien nur träumen. Für sie geht es in erster Linie darum, die 2.600 Unterschriften zusammenzubringen, die für ein österreichweites Antreten bei der Wahl nötig sind.

Das heißt, dass auch die Grünen erstmals seit Jahrzehnten Unterstützungserklärungen sammeln müssen. Auch das BZÖ will es nochmals wissen.

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Erstere flogen 2017 aus dem Nationalrat, letztere 2013. Damals genügten ihnen - wie allem Parlamentsparteien - die Unterschriften von drei Nationalratsabgeordneten für ein bundesweites Antreten.

Abgeordnetenhilfe für das BZÖ?

Heuer heißt es für das BZÖ wieder Laufen um Unterschriften. Einerseits. Parallel dazu bemühe man sich um die Unterschrift von drei Abgeordneten, wie Parteichef Karlheinz Klement dem KURIER erklärte. Welche Abgeordneten das sein sollen, verriet er allerdings nicht.

Mit geliehenen Abgeordnetenunterschriften traten 2017 auch "Die Weißen" an. Ihre Kandidatur ermöglichten die Team-Stronach-Mandatare Waltraud Dietrich, Leo Steinbichler und Ulla Weigerstorfer. Bei der Wahl holten sie dann lediglich 0,2 Prozent der Stimmen.

Die Bevorzugung der etablierten Gruppierungen bei den Unterschriften findet Robert Marschall „extrem unfair“. Er hat einige Erfahrung im Unterschriftensammeln, versuchte er sich mit seiner EU-Austrittspartei schon bei zwei Nationalratswahlen.

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Vor zwei Jahren konnte er immerhin in Wien antreten, 2013 in Vorarlberg. Diesmal soll eine bundesweite Kandidatur geschafft werden. Dazu hat er sich mit zwei weiteren Kleinstparteien zur Wahlplattform ÖXIT zusammengeschlossen.

2600 Unterschriften in neun Bundesländern

Bis 2. August haben sie nun Zeit, die nötigen Unterstützungserklärungen zu sammeln. In Vorarlberg und dem Burgenland braucht man 100, in Kärnten, Tirol und Salzburg 200, in Oberösterreich und der Steiermark 400, in Wien und Niederösterreich 500. Nur wer in allen Bundesländern die nötigen Unterschriften zusammenbringt, kann auch bundesweit kandidieren.

2017 schafften das zehn Gruppierungen. Sechs weitere traten nur in einzelnen Bundesländern an. Darunter die Sozialistische Linkspartei (SLP), die in Wien und Oberösterreich auf dem Wahlzettel stand. In diesem Jahr will man „die Ressourcen bestmöglich nutzen“ und nur in Oberösterreich kandidieren. Hier habe man 2017 die nötigen 400 Unterstützungserklärungen innerhalb von zwei Wochen beisammengehabt. Bei der Wahl machten dann allerdings nur 183 Oberösterreicher bei der SLP ihr Kreuz.

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Nur in Vorarlberg traten bei der letzten Wahl drei Listen an: Die Christen-Partei (CPÖ), die Migrantenliste „Neue Bewegung für die Zukunft“ (NBZ) und die Männerpartei. Die CPÖ tritt auch heuer wieder an. Ziel sei es, in allen neun Ländern kandidieren zu können. Fehlen wird hingegen die NBZ. Für eine Kandidatur bei der Bundeswahl fehle einfach eine österreichweite Gesamtstruktur, heißt es zum KURIER.

Auch die Wiener Migrantenliste SÖZ („Soziales Österreich der Zukunft“), die zuletzt mit der Nationalratsabgeordneten Martha Bissmann in Verbindung gebracht wurde, wird bei der Nationalratswahl nicht antreten.

Die Männerpartei wiederum sammelt zwar, aber „nicht sehr ambitioniert“, wie Parteichef Hannes Hausbichler einräumt. Er will auf die Vorarlberger Landtagswahl fokussieren. Sollte sich aber trotzdem eine Kandidatur bei der Nationalratswahl ausgehen, „machen wir’s“.

Nur persönlich am Bezirksamt

Wer zum Stichtag in der Wählerevidenz eingetragen ist und den Wahlvorschlag einer Partei unterstützen will, muss das persönlich auf dem Bezirks- oder Gemeindeamt in seiner Hauptwohnsitzgemeinde tun – und zwar ausschließlich dort. Sehr zum Ärger von Fayad Mulla von der „Wandel“, die nach 2013 einen erneuten Versuch wagen, in den Nationalrat zu kommen: „Es wurde wirklich jede erdenkliche Hürde aufgebaut, um Kleinparteien das Antreten zu erschweren.“

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Zum Vergleich: Ein Volksbegehren kann man auf jeder beliebigen Gemeinde und auch per elektronischer Unterschrift online unterschreiben. Eine digitale Unterstützungserklärung würde sich auch Gerhard Marschall wünschen. Mit dem derzeitigen System würden „Neue behindert, wo es nur geht“. Und darüber hinaus hätten sie zu wenig Zeit: „Man sollte die Frist auf zwei Monate ausweiten – erst recht jetzt, wo Hochsommer und Urlaubszeit ist.“

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An Urlaub ist für die Kleinstparteien derzeit nicht zu denken. Auch nicht für die christlich-liberale Volksbewegung "Österreichische Alternative", die 2017 als "Obdachlose in der Politik" antrat, und die Liste G!LT von Kabarettist Roland Düringer. Diese wagt ebenfalls einen neuen Antritt – allerdings ohne Düringer.

Hoffen auf Überraschungen

Aber was treibt Menschen an, sich – oft schon seit Jahren – für etwas zu engagieren, das nur in den allerwenigsten Fällen von Erfolg gekrönt ist? „Weil ich meinen Kindern Rechenschaft schuldig bin dafür, was wir als Gesellschaft hinterlassen“, sagt Gerhard Kuchta. Der ehemalige Sozialdemokrat hat 2014 die „Demokratischen Alternative“ gegründet, um für Mieterrechte zu kämpfen. Mittlerweile ist das Themengebiet gewachsen – „bis hin zur Geopolitik“, sagt er.

Für Wandel-Chef Fayad Mulla ist Demokratie „mehr, als alle fünf Jahre ein Kreuz zu machen“, wie er sagt. Außerdem sei es angesichts von Klimawandel und aktueller Politik „schwierig, tatenlos zuzusehen“. Und ganz chancenlos sei auch der „Wandel“ nicht, schließlich gebe es auch immer wieder Überraschungen.

Darauf setzt auch Hannes Hausbichler von der Männerpartei: „Ein Stimmungswandel kann schlagartig passieren.“ Bis dahin leiste man „konstante Aufbauarbeit“.

Auch für Kuchta ist es „wichtig, von Wahl zu Wahl stärker zu werden“. „Daher ist Aufgeben keine Option“, auch wenn er sich nicht erwartet, „dass wir bei der Wahl die ganze Welt niederreißen“.