Politik/Inland

Atib auflösen? Das ist nicht so einfach, wie es klingt

Wie geht es mit dem umstrittenen türkischen Moscheeverein Atib weiter?

Bis Freitag um Mitternacht hat die Regierung Atib Zeit gegeben, um die Vorgänge in einer Wiener Moschee zu erklären. Zur Erinnerung: Bilder von Kriegsspielen mit Kindern waren aufgetaucht – „Schritte bis zur Auflösung“ wolle man prüfen, ließ die Regierung danach wissen. Doch geht das überhaupt?

Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.

Hat Atib schon eine Erklärung zu den Vorgängen in der Moschee abgegeben?

Nach Auffliegen der Affäre betonte Atib, man habe bereits Konsequenzen gezogen. Nur: Der Imam, der bei den Kriegsspielen anwesend war, ging da noch in der Moschee ein und aus. Mittlerweile wurde er suspendiert und hat das Land verlassen. Die Stellungnahme, die das Kultusamt unter Gernot Blümel (ÖVP) eingefordert hat, ist offenbar noch nicht eingegangen. Im Ministerium betont man, dass die Frist ja erst heute endet.

Was macht das Ministerium – und welche Konsequenzen drohen Atib?

Das Kultusamt wartet nicht nur auf die Stellungnahme, sondern hat parallel Ermittlungen angestellt. Sanktionsmöglichkeiten reichen von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens bis hin zu Geldstrafen – man könnte öffentliche Zuwendungen zurückfordern.

Kanzler Kurz hat von einer Auflösung gesprochen. Wird das kommen?

Das ist ziemlich kompliziert, wie Religionsrechtsexperte Richard Potz zum KURIER sagt. Denn: Atib besteht nicht nur aus dem Dachverband, sondern auch aus sechs Unter-Vereinen, den Kultusgemeinden in den Ländern. Den Dachverband kann nur das Innenministerium nach dem Vereinsgesetz auflösen – doch die Vereinsfreiheit sei „ein besonders sensibles Grundrecht“. Die sechs Kultusgemeinden könnten vom Kultusamt gemäß Islamgesetz aufgelöst werden, aber auch hier gebe es „viele Fußangeln“: Etwa, dass eine Auflösung nur möglich ist, wenn die Gemeinde nach einer Verwarnung den Missstand nicht behebt. Erst dann – „also im Wiederholungsfall“, sagt Potz – darf sie aufgelöst werden. Im konkreten Fall ist man aber erst bei der Verwarnung angelangt.

Wäre nicht die umstrittene Auslandsfinanzierung ein Hebel zur Auflösung?

Auch hier gibt es Hürden. Die Atib-Imame sind die einzigen muslimischen Prediger, die von Geld aus dem Ausland abhängig sind – laut Islamgesetz ist das aber wegen des politischen Einflusses verboten. Der Moscheeverein überlegt darum die Gründung einer Stiftung, um dem zu entkommen – er nutze so das Gesetz aus, wie Potz sagt: Die Stiftungs-Konstruktion sei irritierenderweise sogar in den Erläuterungen zum Islamgesetz empfohlen worden. Eine schnelle Lösung erwartet Potz sich darum nicht – und mit der Auslandsfinanzierung „werden sich noch die Gerichte zu befassen haben“.