Arbeitsmarktmisere schlägt voll auf Krankenkasse durch
Von Michael Bachner
Corona-bedingt ist der heimische Arbeitsmarkt in einer schweren Krise. Nach dem Ende der Kurzarbeit könnte es in vielen Branchen noch schlimmer werden, lautet eine nahe liegende Befürchtung. Kommt es über den Sommer und Herbst tatsächlich zu einer zweiten Kündigungswelle, verkehren sich die leichten Erholungstendenzen der letzten Wochen rasch in ihr Gegenteil.
Aufseiten der Unternehmen schaut es nicht viel besser aus. Wie viele Betriebe – egal welche Branche, egal ob klein oder groß – die Rezession überstehen oder im schlimmsten Fall Pleite gehen, kann ebenso niemand präzise vorhersagen.
Nur eines ist sicher: Österreich steht vor einem Rekordbudgetdefizit. Kämen Kündigungs- und Pleitewelle dazu, würde sich die aufgrund der Hilfspakete angespannte Finanzlage der öffentlichen Haushalte noch einmal massiv verschärfen.
Während über das Budget des Bundes, verantwortet von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), öffentlich breit und kontroversiell diskutiert wurde, blieb jenes der Sozialversicherungsträger bisher ein Randthema.
Eine Ausnahme gibt es: Die Geldflüsse aus dem Topf der Allgemeinheit in Richtung der Privatspitäler, verbunden mit den Korruptionsvorwürfen rund um Heinz-Christian Strache und der Privatklinik Währing, spielten in der öffentlichen Debatte zuletzt eine größere Rolle.
Beitragsstundungen
Dabei schaut es bei der neuen Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) oder etwa der Pensionsversicherung finanziell sehr trist aus.
Das kommt so: Parallel zu den Steuerstundungen der Finanz hat die Sozialversicherung Betrieben ebenfalls SV-Beiträge in Höhe Hunderter Millionen Euro gestundet. Gleichzeitig bleiben seitens der Arbeitnehmer Beiträge aus, weil Hunderttausende ohne Arbeit sind.
Rollt eine Pleitewelle durchs Land und steigt die Arbeitslosigkeit nochmals an, droht wie eingangs skizziert auch der Sozialversicherung ein gewaltiges Finanzloch. ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer sagt in diesem Zusammenhang zum KURIER: „Wir erleben eine völlig abnormale Situation, die noch nie da gewesen ist und die nicht einmal in der Finanzkrise so schlimm war. Derzeit kann aber noch niemand sagen, wie hoch unser Finanzbedarf am Ende ausfallen wird.“
Riesenloch
Daher werden Szenarien gerechnet, die allein für die ÖGK, dem neuen Zusammenschluss der bisherigen neun Gebietskrankenkassen, für heuer von einem Defizit zwischen 600 Millionen und einer Milliarde Euro ausgehen. Über alle Sozialversicherungsträger dürfte das Minus nach Schätzungen freilich eher bei zwei Milliarden Euro liegen.
Andreas Huss, Arbeitnehmer-Obmann in der ÖGK, schlägt deshalb erneut Alarm und warnt vor einer Gefährdung der Versorgungssicherheit.
Huss sagt deshalb zum KURIER: „Der Bund muss auf alle Fälle verhindern, dass es zu Leistungskürzungen kommt. Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat das auch zugesagt. Im Endeffekt muss man sagen, wenn es Hilfspakete für Betriebe, Künstler, Wirte, Familien oder zuletzt die AUA gibt, die alle ihre Berechtigung haben, dann muss es auch ein Hilfspaket für das Gesundheitssystem und seine Patienten geben.“