Politik/Inland

Antisemitismus: Erster Regierungsbericht sieht Verschlechterung

Die Regierung hat am Montag den ersten Umsetzungsbericht der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus präsentiert. Ein großes Problem sei innerhalb eines Jahres noch größer geworden, fasste Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) das Ergebnis zusammen. Verantwortlich dafür seien auch die Demonstrationen von Corona-Maßnahmengegnern. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, lobte die Initiative, betonte aber, dass noch viel zu tun sei.

Neue Zahlen wurden bei der Präsentation des Berichts zwar nicht präsentiert. Deutsch erwähnte aber den letzten Report der Antisemitismus-Meldestelle, der bereits einen deutlichen Anstieg von Vorfällen im ersten Halbjahr dokumentiert: Demnach wurden von Jänner bis Juni 562 Vorfälle registriert, im Vergleichszeitraum 2020 waren es 257. Eine Bilanz für das gesamte vergangene Jahr soll es in den kommenden Wochen geben. Auch der IKG-Präsident betonte, dass Corona-Demos, aber auch der Nahostkonflikt hauptsächliche Gründe für steigenden Antisemitismus seien.

Trotz der besorgniserregenden Bilanz seien Ziele und Maßnahmen der Regierungsstrategie gegen Antisemitismus europaweit "wegweisend", betonte Deutsch. "Gleichzeitig müssen wir uns deutlich machen, alles ist nur der Anfang, der Beginn eines langen steinigen Weges." Und: Es sei Zivilcourage gefordert. Immer und überall. 

Auch Edtstadler appellierte an die Bevölkerung, antisemitische Vorfälle zu melden. Der massive Anstieg sei besorgniserregend, auch die Ministerin nannte die Corona-Demos als einen gewichtigen Grund dafür. Aber: "Wir sehen auch Politiker, die sich nicht von der Verharmlosung der Shoah distanzieren und sich feige auf die Meinungsfreiheit herausreden", sprach sie offenbar FPÖ-Obmann Herbert Kickl an, ohne diesen namentlich zu nennen.

Als "Schande", die einem Land wie Österreich nicht würdig sei, bezeichnete IKG-Chef Deutsch die Judensterne, die bei Anti-Corona Demonstrationen getragen werden. Die zuletzt von FPÖ-Proponenten wie Marlene Svazek  wiederholt geäußerte Behauptung, die Judensterne seien bloß ein Hinweis auf anti-demokratische Tendenzen in der Gesellschaft, wies Deutsch zurück. Es sein nirgendwo in der Welt nötig, sich antisemitisch zu betätigen, um allfällige Missstände aufzuzeigen. Dass gerade die FPÖ immer wieder antisemitische Codes verwende, sei nichts Neues. "Wir sind das gewöhnt, sie tut das seit Jahrzehnten."