SPÖ-Parteitag: Skurriles Verwirrspiel um fehlende Ex-Parteichefs
Bei Veranstaltungen ist meistens nicht nur interessant, wer da ist, sondern auch, wer mit Abwesenheit glänzt. Nicht anders war das beim SPÖ-Parteitag in Graz, bei dem Andreas Babler solide seine Wiederwahl schaffte und auch breite Zustimmung für sein Programm fand.
➤ Mehr lesen: Warum Bablers Vorgänger dem Parteitag fernblieben
Für Gesprächsstoff unter den Genossen sorgte aber auch eine merkwürdige Premiere: Die Tagung in Graz war wie berichtet seit Menschengedenken der erste ordentliche Bundesparteitag, bei dem kein ehemaliger SPÖ-Parteichef anwesend war. Es fehlten also Pamela Rendi-Wagner, Christian Kern, Werner Faymann, Alfred Gusenbauer, Viktor Klima und Franz Vranitzky.
Besonders bei Faymann, Gusenbauer, Klima und Rendi-Wagner überrascht das weniger, haben sie doch weitgehend der Politik den Rücken gekehrt. Vor allem Altkanzler Vranitzky hingegen nimmt weiterhin regelmäßig zur Innenpolitik Stellung und war bisher auch gern gesehener Gast auf SPÖ-Veranstaltungen wie den roten Aufmärschen am 1. Mai.
Warum war er nicht in Graz? „Weil ich nicht eingeladen war“, lautet seine lapidare Erklärung gegenüber dem KURIER. Er sei kein Delegierter mehr, sondern hätte nur als Gast teilnehmen können. Und dafür brauche es eine Einladung. „Es hätte nichts dagegengesprochen, dieser Einladung auch nachzukommen“, sagt er. Dies überrascht umso mehr, als Babler am Sonntag im "ZiB2"-Interview noch betont hatte, laufend mit Vranitzky im Austausch zu sein.
Gegenüber dem Standard gaben auch Ex-Parteichefs Faymann und Rendi-Wagner sowie Altbundespräsident Heinz Fischer an, keine Einladung bekommen zu haben.
In der Parteizentrale betont man hingegen, allen ehemaligen Parteigranden eine Einladung geschickt zu haben. Und zwar an jene Mail-Adresse, die in der Bundesgeschäftsstelle hinterlegt sei. Wobei eine Sprecherin einräumt, dass bei Rendi-Wagner irrtümlich ihre alte Parlamentsmail verwendet worden sei. Von Kern und Klima sei eine schriftliche Entschuldigung eingelangt, dass sie nicht teilnehmen könnten.
"Schlichtes Mail"
Ein roter Ex-Minister, der namentlich nicht genannt werden will, gibt sich wiederum gegenüber dem KURIER überrascht über die „Schlichtheit“ der per Mail versandten Einladung.
So verwundert es wenig, dass manche der früheren Granden sich gar nicht genau erinnern können, ob sie überhaupt eine bekommen haben. Dies beteuert etwa Ex-Kulturminister Josef Ostermayer gegenüber dem KURIER.
Deshalb fragt sich ein ehemaliger Bundesgeschäftsführer, warum man sich in der Parteizentrale in der Löwelstraße nicht einmal die Mühe gemacht habe, die Eingeladenen für alle Fälle auch noch telefonisch zu kontaktieren. Könne doch ein einfaches Mail leicht übersehen werden. Nachsatz: „Auch Rendi-Wagner hat es geschafft, alle ihrer Vorgänger gemeinsam zu einer Veranstaltung zu bringen“, sagt er zum KURIER. Der ehemalige Spitzenfunktionär meint damit das SPÖ-Event „Ein Land. Eine gemeinsame Zukunft“ im März 2022 in Wien – mit medienwirksamen Bildern der Parteichefin im Kreise der Ex-Obleute.
"Herzeigbares Ergebnis"
Im Zusammenhang mit dem Parteitag spricht Vranitzky dem KURIER gegenüber von einem „herzeigbaren Wahlergebnis“ für Babler, der mit 88,76 Prozent wiedergewählt wurde. Zu den inhaltlichen Beschlüssen (etwa die Forderung nach Arbeitszeit-Verkürzung) gibt er sich zurückhaltend: „Man ist den Weg gegangen, den man für angebracht hält. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“ Solange die SPÖ ein gutes Wahlergebnis erziele, „soll mir das recht sein“.
Kern in Rom
Nicht dabei in Graz war auch Ex-Parteichef Christian Kern, der zuletzt mehr oder weniger offen Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil im Duell mit Babler um die Parteiführung unterstützt hatte. Er weilte am Wochenende im Rom, wie er via Instagram-Posting wissen ließ. Es zeigt ihm bei einem Museumsbesuch. Versehen mit dem Kommentar „About last weekend.“
Und so war als einziger Ex-Parteichef der 1990 verstorbene Bruno Kreisky am Parteitag präsent. Ihm war das Begrüßungsvideo gewidmet, ihn beschwor auch Babler in seiner Rede.