Politik/Inland

2018: Diese Politiker traten ab - diese blieben trotz Kritik

Dass 2018 keine prominenten Politiker von der Bühne gingen, kann man wahrlich nicht sagen. Mit SPÖ-Chef Christian Kern verließ sogar ein Ex-Kanzler das Parkett. Mitte September wollte er noch bloß von der Parteispitze weichen und in die EU-Wahl 2019 ziehen. Schon am 6. Oktober trat Kern dann quasi ein zweites Mal zurück. Diesmal von der EU-Kandidatur. "Für mich ist das ein Schlussstrich als Berufspolitiker", wirkte Kern im Abgang etwas bitter.

Ganz anders gab sich Neos-Chef Matthias Strolz: Eher zufrieden und aufgeräumt schien der Vorarlberger, als er im Mai seinen Rückzug verkündete. "Ich liebe Politik", sagte der Parteigründer. Aber: Die Stimme seines Herzens rufe ihn jetzt zu neuen Aufgaben.

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Von Landbauer bis Dönmez

Ein Rücktritt ganz und gar wider Willen war jener von Udo Landbauer. SPÖ und Grüne hatten diesen vom niederösterreichischen FPÖ-Politiker im Jänner vehement gefordert. Was war passiert? Ein antisemitischer und rassistischer Text in einem Liederbuch der Burschenschaft Germania in Wiener Neustadt war öffentlich geworden. Landbauer war Mitglied der Burschenschaft. Am 1. Februar, nach der NÖ-Landtagswahl, legte Landbauer alle politischen Funktionen zurück.

Im September dann die Rückkehr: Landbauer ist nun geschäftsführender FPÖ-Klubchef im NÖ-Landtag und auch geschäftsführender Landesparteiobmann (NÖ-FPÖ-Chef ist Walter Rosenkranz geblieben).

Einen Rücktritt vom Rücktritt legte auch Konsumentenschützer Peter Kolba hin. Per Twitter warf er das Handtuch, offenbar enttäuscht von seiner Liste Pilz. Mit seinem Mandatsverzicht machte er zugleich die Rückkehr von Peter Pilz ins Parlament möglich. Im September kehrte Kolba dann selbst zurück - als Bürgerrechte-Sprecher der Liste Pilz (die heute "Jetzt" heißt). Außerparlamentarisch und damit ohne Abgeordneten-Gehalt.

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Keinen Rücktritt, aber einen Rückschlag musste Martha Bißmann 2018 verdauen: Die Abgeordnete der Liste Pilz wurde im Juli von ihrem Klub ausgeschlossen. Nach wie vor sitzt sie aber als wilde Abgeordnete im Nationalrat.

Dieses Schicksal teilt sie mit Efgani Dönmez. Dem ÖVP-Nationalratsabgeordneten und ehemaligen Grünen-Bundesrat wurde sein Eifer bei Twitter zum Verhängnis. Auf die Frage eines Nutzers, wie die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) nur zu ihrem Amt gekommen sei, twitterte Dönmez: "Schau dir mal ihre Knie an, vielleicht findest du da eine Antwort." Am 3. September warf die ÖVP ihn wegen Sexismus auf dem Klub. Sein Mandat wollte Dönmez allerdings nicht hergeben.

Der ÖVP-Abgeordnete Dominik Schrott verließ hingegen den Nationalrat: Der junge Tiroler sah sich mit zahlreichen Anschuldigungen konfrontiert. Eine davon: Ein von ihm gegründeter Verein habe 2017 insgesamt 24.000 Euro an seine Wahlkampfagentur "Smart Ventures" für eine Homepage gezahlt, die es bis heute nicht gibt.

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Ludwig tauscht Häupl-Team aus

Auch auf der Landesebene tat sich viel: Michael Häupl trat nach fast 25 Jahren als Wiener Bürgermeister im Mai den geordneten Rückzug an. Sein Nachfolger Michael Ludwig tauschte zahlreiche Häupl-Getreue in der Wiener Stadtregierung aus: So traten Andreas Mailath-Pokorny, Renate Brauner, und Sandra Frauenberger zurück. Auch verkündete Christian Oxonitsch seinen Rückzug als Wiener SPÖ-Klubobmann. (Es folgten Peter Hacker, Peter Hanke, Kathrin Gaal und Veronica Kaup-Hasler in der Stadtregierung, Josef Taucher als Klubchef.)

Skandalumwittert verlief früh im Jahr der Rücktritt des Salzburger Landesrats Hans Mayr. Der frühere Team-Stronach-Mann erklärte am 15. Jänner seinen Rückzug wegen angeblicher Spenden und Bürgschaften aus der Baubranche.

Kein Skandal, aber für einen Landeshauptmann höchst unangenehm war der Rücktritt von Christian Benger. Der Kärntner ÖVP-Chef schmiedete zunächst im März eine Koalition mit SPÖ-Landeschef Peter Kaiser. Am 4. April verkündete Benger abrupt seinen Rücktritt. Kaiser versprühte Zweckoptimismus und gewann den Benger-Nachfolger Martin Gruber doch noch für eine SPÖ-ÖVP-Koalition in Kärnten.

Auch auf lokaler Ebene gab es naturgemäß Rücktritte. Vielleicht prominentester Abgang: Ex-Innenminister Karl Schlögl legte am 31. Oktober sein Amt als Bürgermeister von Purkersdorf (NÖ) zurück. Mit Schlögl verließ einer der wenigen öffentlichen Kern-Kritiker in der SPÖ die Politik. Kern war da allerdings selbst schon Geschichte.

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Die Überlebenskünstler

Dann gibt es noch Politiker, die zum Rücktritt aufgefordert werden, dieser Forderung aber partout nicht nachkommen wollen. Der ungekrönte König im Sammeln von Rücktrittsappellen ist NÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ). Massive Kritik gab es am Stacheldraht-Flüchtlingslager in Drasenhofen, für das Waldhäusl verantwortlich zeichnet. Gar eine "Sonderbehandlung" für Asylwerber, die sich nicht integrieren wollten, brachte der Landesrat ins Spiel. Wegen Waldhäuls Plänen für das Schächten von Tieren hatte die SPÖ bereits im Sommer seinen Rücktritt gefordert

Bisher bleibt der Landwirt trotz aller politischer und verbaler Hemmungslosigkeit aber in Amt und Würden. In Niederösterreich ist Waldhäusl übrigens zuständig für Integration.

Auf Bundesebene ist Waldhäusl-Parteifreund und Innenminister Herbert Kickl nach den Razzien beim Verfassungsschutz samt folgendem parlamentarischen U-Ausschuss wohl der am meisten zum Rücktritt Aufgeforderte. Er wies aber jede Verfehlung in der Causa von sich.

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Ein anderer, der seinen Platz trotz Rücktrittsforderungen nicht räumen wollte, ist der neue geschäftsführende Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer. Er strauchelte - siehe Dönmez - wegen eines sexistischen Sagers. "Ich will mir die Landesrätin nicht in der Horizontalen vorstellen", hatte der 35-Jährige über die erkrankte Grüne Gabriele Fischer im Landtag gesagt. Rücktrittsforderungen kamen nicht nur aus der ÖVP, selbst SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek forderte diesen. Dornauer blieb. Ein Platz im SPÖ-Bundesvorstand wurde ihm aber verwehrt.

Politisch überlebt hat die ÖVP-EU-Abgeordnete Claudia Schmidt ihre Facebook-Entgleisung. Im August polterte sie: "Wenn wir aber unsere Gesellschaft, so wie sie ist, bewahren wollen, dann können wir keine Einwanderung aus Afrika zulassen. Es ist kindlich naiv zu glauben, dass ausgerechnet diejenigen Menschen, deren Kulturen nichts anderes produzieren als Leid, Verfolgung, Unterdrückung und Perspektivlosigkeit, einen positiven Beitrag für Europa leisten können. Afrikaner wollen nicht wie wir Europäer denken und arbeiten, aber gerne wie wir Europäer leben." Der "massenweise Import von Stammeskulturen und Clandenken" sei "ein sicherer Weg für eine Veränderung zum Schlechteren" in Europa.

Nachdem Schmidt ihre rassistischen Kommentare gelöscht und von einem "Fehler" gesprochen hatte, bekam sie von der ÖVP-Spitze die Absolution.

Einen besonders wilden Ausritt überstand auch FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch. Er gab sich visionär, indem er über eine "Besetzung auf Zeit" von Teilen Nordafrikas durch EU-Truppen nachdachte. Eine Rechtfertigung, er sei falsch zitiert worden, widerlegte die Neue Vorarlberger Tageszeitung zwar mit einem eindeutigen Tonband-Mitschnitt.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache hatte aber Verständnis für seinen Parteifreund, die Formulierung sei bloß "ungeschickt" gewesen. Bösch selbst bekräftigte später, auf keinen Fall für einen Krieg mit einem afrikanischen Land zu sein: Sollte er es zu forsch formuliert haben, stelle er es hiermit richtig.