IAEO-Chef verhandelt im Iran
Von Stefan Galoppi
Im Streit um Irans Atomprogramm gibt es nur ein kleines Zeitfenster für Diplomatie. Ein Militärschlag ist vorbereitet, die nötige Planung abgeschlossen. Mit diesen Worten wird der US-Botschafter in Israel, Dan Shapiro, in der israelischen Zeitung Makor Rishon zitiert. Auch Israels scheidender Luftwaffenchef orakelte, seine Truppe stünde für alle Einsätze bereit.
Vor dieser Drohkulisse und unter dem wachsenden Druck der internationalen Sanktionen zeigt sich der Iran auf einmal kompromissbereit. Nach diskreten Vorgesprächen in der iranischen Botschaft in Wien diese Woche, reist IAEO-Chef Yukiya Amano am Sonntag überraschend zu Verhandlungen nach Teheran.
Offiziell geht es um "Angelegenheiten beiderseitigen Interesses". Tatsächlich aber steht eine Kernfrage im Mittelpunkt des Treffens: Die umstrittene Atomanlage in Parchin, unweit von Teheran. Dort soll der Iran nach Geheimdienst-Informationen umfassende Forschungen an einem Nuklearwaffen-Programm betreiben.
Auf das Treffen in der iranischen Hauptstadt folgt schon am Mittwoch die entscheidende Verhandlungsrunde zwischen dem Iran und den fünf UN-Vetomächten sowie Deutschland in Bagdad.
Supertanker als Lager
Zugleich gibt es klare Hinweise darauf, dass die internationalen Sanktionen gegen den Iran immer stärker greifen. So berichtet die OPEC, die Organisation erdölexportierender Länder, in ihrem Mai-Bericht, dass die iranische Öl-Produktion in den ersten drei Monaten um 12 Prozent zurückgegangen sei – und dass sich dieser Trend fortsetzen werde.
Nach jüngsten Berichten ist der Iran gezwungen, Öl-Überschüsse in seiner 39 Schiffe zählenden Supertanker-Flotte im Persischen Golf zwischenzulagern.
Die iranische Regierung hat diese Berichte dementiert und behauptet, das Öl-Geschäft laufe normal. Doch dem widersprechen Insider. Irans Öl-Industrie leide wegen der Sanktionen nicht nur an einem Mangel an Ersatzteilen und Investitionen, sondern auch an Abnehmern. Vor allem die scharfen Drohungen der USA schrecken sogar verlässliche Käufer wie Indien und China ab.