Politik

Harte Kiberer mit weichem Kern

Alles, was Dario Danilovic schon als Kind wollte, war, Verbrecher jagen, dabei schnelle Autos fahren und eine Dienstwaffe tragen. "Aber die Freundin war dagegen", sagt der 21-Jährige. Der Wiener ging dennoch seinen Weg. "Aus der Freundin wurde eine Ex-Freundin." Und aus Danilovic wurde ein Beamter der Polizei. Seit einigen Wochen fährt der gebürtige Kroate stolz auf Simmerings Straßen Streife.

Wer wissen möchte, wie die Zukunft der Exekutive aussehen soll, der kommt an jungen Beamten wie ihm nicht vorbei. Danilovic verrät viel über die Kiberer von morgen. Das weiß auch Konrad Kogler. Der General aus dem Innenministerium leitet seit 2008 das Projekt "Polizei. Macht. Menschen. Rechte". Ein kleiner Kreis an Spitzenbeamten soll das Image der Polizei aufpolieren und den Apparat in den Köpfen von 28.000 österreichischen Beamten als Menschenrechtsorganisation positionieren. "Polizei soll Freiheit ermöglichen und sie nur im Extremfall beschneiden", sagt Kogler. Die Beamten, so die Botschaft, sollen wieder Freund und Helfer sein.

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Kogler reiste mit Experten wie Alfred Zauner, einst Mitglied des Menschenrechtsbeirats, durch ganz Österreich. Zauner kritisierte die Polizei oft – etwa 2006, als vier Beamte den Asylwerber Bakary J. beinahe totgeprügelt hatten. "Jedem muss klar sein, dass solche Taten vom System nicht gedeckt werden."

Dass Leute wie Zauner an Bord sind, zeigt, dass auch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) dem Projekt hohe Bedeutung zumisst. "Die Inhalte wurden als fixer Bestandteil in der polizeilichen Grund- und Weiterbildung etabliert", sagt sie dem KURIER. Was aber wurde erreicht? Wodurch unterscheidet sich Danilovic von einem Beamten, der kurz vor der Pension steht?

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Die Werbung , mit der die Polizei nach Nachwuchs fahndet, ist nicht mehr militärisch, sondern zeigt Alltagsszenen der Polizei. "Wir wollen keine Draufgänger, sondern Leute, die ein realistisches Berufsbild haben", sagt Kogler. Er warnt, den Erfolg der Polizei nur mit Kriminalitätsstatistiken zu messen. "Das verengt den Blick von Medien und Beamten. Immerhin sind mehr als 50 Prozent der Arbeit friedensrichterliche Tätigkeiten."

Die Chancen für mehrsprachige Menschen wie Danilovic, Karriere zu machen, sind gestiegen. Das Motto: Mehrsprachig statt nix versteh’n. Derzeit gibt es 120 Beamte mit Migrationshintergrund bei der Wiener Polizei (zwei Prozent). Geht es nach Kogler, müssen es mehr werden. "Es stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in uns, wenn wir einen Querschnitt der Bevölkerung in den eigenen Reihen haben."

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Vor allem die Ausbildung hat sich geändert. "Psychologische und kommunikative Komponenten spielten früher keine Rolle." Heute gibt es Betreuungsbeamte, die junge Polizisten drei Monate lang in die Praxis einführen.

Auch für fertig ausgebildete Polizisten ist vieles anders. Einsätze werden intensiv vor- und nachbesprochen. Eigene Menschenrechts-Beauftragte sind bei Einsätzen involviert. Das Bier mit den Kollegen, bei dem früher heftige Vorfälle verarbeitet wurden, wird von professionellen Coachings abgelöst. "Das Angebot der Supervision steigt ebenso wie die Nachfrage danach", sagt Kogler .

Doch wann ist das Projekt des Generals erfolgreich? "Das ist schwer messbar", gibt Kogler zu. Doch vielleicht genügt ein Blick nach Simmering, um erste Erfolge auszumachen. Danilovic hat in den ersten Wochen seines Diensts keine Verfolgungsjagden erlebt. Echte Verbrecher waren seltener als alte Frauen, denen er über die Straße half. "Mit den Träumen von früher hat das nicht viel zu tun", sagt er mit gespielter Enttäuschung. "Aber meiner neuen Freundin ist es eh lieber so."