Fiaker-Verbot in Salzburg gefordert
Von Niki Nussbaumer
Salzburg zur Festspielzeit. Ein japanisches Hochzeitspaar winkt von der blumengeschmückten weißen Kutsche herab; zwei Pensionisten aus Hamburg posieren mit einem in Tracht gekleideten Fiakerfahrer und zwei Kinder streicheln einem Noriker-Hengst über den Kopf.
Geht es nach einigen Tierschutzorganisationen, sollen solche Szenen bald der Vergangenheit angehören. Der Österreichische Tierschutzverein etwa setzt sich vehement für die Abschaffung der Fiaker ein und verweist auf Städte wie London, Peking, Toronto und Paris, wo die Fiaker bereits von den Straßen verschwunden sind.
Unfälle
"Unser Ziel ist es, dass diese Tierquälerei verboten wird", sagt auch Jürgen Faulmann von der Pfotenhilfe, einer Tochterorganisation von Vier Pfoten."Die Tiere sind bei Hitze, Kälte und Regen bis zu zwölf Stunden im Einsatz – bis sie umfallen."
Oder, bis sie durchgehen.
Ende Juni ereignete sich in der Salzburger Innenstadt der letzte Unfall. Durch einen Schwarm Bremsen in Panik versetzt, riss sich ein Pferd vor dem Festspielhaus von einem Fiaker-Gespann los, flüchtete panisch und löste einen Autounfall aus, bei dem eine Frau und das Pferd verletzt wurden. Trotz Schmerzen rannte das panische Tier noch sechs Kilometer durch die Stadt, bis es von der Polizei eingefangen werden konnte.
Warnung
"Das Pferd ist ein Fluchttier und nicht für die Stadt geeignet, wo ständig Autos vorbei fahren, Busse hupen und Kinder schreien. Da kann immer etwas passieren", warnt Faulmann.
Fünf Unternehmer schicken in Salzburg insgesamt 13 Fiaker auf den Residenzplatz – das ist vom Gesetz her genau geregelt. Einer davon ist Franz Wörister, Pinzgauer aus Fusch an der Glocknerstraße und seit 1988 Winter wie Sommer im Geschäft – "weil es der schönste Beruf der Welt ist", wie er sagt. Von einem Fiakerverbot hält Wörister natürlich wenig. "Unseren Rössern fehlt nichts", sagt er. Zwölf Stunden seien Melissa und Pedro an diesem Tag im Einsatz, dafür hätten sie morgen einen freien Tag auf der Wiese, versichert er.
Im KURIER trafen vollbärtiger Tierschützer und rotbackiger Kutscher aufeinander.
"Die Pferde gehen gerne, die wollen Bewegung machen", sagt Wörister. "Natürlich wollen sich Pferde bewegen – aber freiwillig und nicht eingespannt in engem Geschirr und mit Scheuklappen", kontert Tierschützer Faulmann. Und setzt nach: "Die Tiere sind zwölf Stunden unterwegs – aber ich sehe weder Wasser noch Futter." Wörister: "Die sind gewöhnt, untertags nichts zu essen, die halten das locker aus. Und bei dem Wetter haben sie keinen Durst."
"Gegen die Natur"
Der KURIER fragte beim Tierarzt Michael Wimmer nach. "An sich ist das Pferd ein Weidetier und sollte ständig Nahrung aufnehmen." Nachsatz: "Aber wir Menschen müssen ja auch oft lange arbeiten und haben keine Zeit zum Essen." Ist der Veterinärmediziner für ein Verbot der Fiaker? "Das hängt von ihrem Zustand und von der Haltung ab", sagt Wimmer. "Der Natur der Pferde entspricht es jedenfalls nicht."
Das hört Kutscherin Nicole Puchas gar nicht gerne. "Die Fiaker gehören zu Salzburg. Ein Verbot würde der Stadt sehr weh tun." Da steigt eine italienische Familie in die Kutsche und verlangt lautstark, dass sich der Fiaker endlich in Bewegung setze – worauf Puchas sagt: "Den Pferden geht’s sicher besser als uns Kutschern."