Einmarsch wäre höchst gefährlich
Von Walter Friedl
In einem ersten Reflex kann man die militärische Reaktion Ankaras verstehen. Immer wieder landeten Geschoße, die aus Syrien abgefeuert wurden, auf türkischem Territorium. Deswegen mussten schon mehr als 100 Schulen im Grenzgebiet geschlossen werden. Die Attacke vom Mittwoch, die fünf Menschenleben gefordert hatte, brachte das Fass zum Überlaufen – die Regierung ordnete den Gegenschlag auf syrische Stellungen an.
Allerdings: Noch ehe klar war, wer für das Blutbad verantwortlich zeichnet, feuerten die türkischen Streitkräfte zurück. Es hätten auch die Rebellen gewesen sein können, die seit Langem auf eine ausländische Intervention drängen und damit bei der Staatengemeinschaft nicht durchkommen. Ihr Kalkül: Wird die Türkei in den Konflikt gezogen, könnte das den Weg für ihr Anliegen ebnen.
Ankara hat sich schon früh auf die Errichtung einer Pufferzone entlang der Grenze auf syrischem Gebiet ausgesprochen, aber von der NATO und den USA dafür kein grünes Licht erhalten. Nach den jüngsten Ereignissen könnte die Ampel aber zumindest auf Gelb gesprungen sein, wurde doch die territoriale Integrität eines Mitglieds des Nord-Atlantikpaktes massiv verletzt.
Allerdings hätte ein Einmarsch türkischer Truppen auf breiter Front unkalkulierbare Folgen und könnte einen Flächenbrand auslösen. Daran kann niemand ein Interesse haben, auch nicht Ankara.
Wie kann also eine einigermaßen akzeptable Lösung aussehen? Die Lage ist sehr komplex. Der Schlüssel zur syrischen Trick(-serei)-Kiste liegt aber in Russland. Moskau muss seinem Verbündeten Assad sowie dessen Bande endlich klarmachen: Game over. Die aktuellen Entwicklungen böten dem Kreml die vielleicht letzte Chance für ein gesichtswahrendes Wendemanöver, um aus der Sackgasse herauszukommen, in die er sich begeben hat.
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