Politik/Ausland

Vier Tote und Hunderte Verletzte bei Unruhen an Gaza-Grenze

Bei erneuten Zusammenstößen mit israelischen Soldaten sind im Gazastreifen vier Palästinenser getötet worden. Die beiden seien an der Grenze zu Israel durch Schüsse tödlich verletzt worden, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium am Freitag mit.

Einer der Toten sei erst 15 Jahre alt gewesen, ein weiterer behindert. 445 weitere Palästinenser seien verletzt worden, davon 125 durch Schüsse.

Die israelische Regierung kam unterdessen anlässlich der 70-Jahr-Feiern des jüdischen Staates in Tel Aviv zusammen.

Bei Massenprotesten an der Gaza-Grenze sind seit Ende März nunmehr 37 Palästinenser getötet und Hunderte durch Schüsse israelischer Soldaten verletzt worden. Die israelische Armee hat immer wieder betont, die meisten der Getöteten seien "Terroristen" gewesen.

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Es ist der schlimmste Gewaltausbruch seit dem Gaza-Krieg 2014. Anlass für den "Marsch der Rückkehr" ist der 70. Jahrestag der israelischen Staatsgründung. Die Palästinenser sehen die Staatsgründung als Katastrophe an, weil 1948 Hunderttausende von ihnen fliehen mussten oder vertrieben wurden. Sie pochen auf ein "Recht auf Rückkehr" in das heutige israelische Staatsgebiet. Israel lehnt dies ab.

Nach palästinensischen Schätzungen ging die Zahl der protestierenden Palästinenser weiter zurück - von am Anfang mehreren Zehntausend auf am Freitag nur noch mehrere Hundert. Die israelische Armee sprach von rund 3.000.

Brennende Reifen und Lenkdrachen

Junge Palästinenser zündeten am Freitag Dutzende Autoreifen an und präparierten Hunderte Lenkdrachen. Sie lenkten die Drachen nach Israel - mit brennenden Flüssigkeiten sowie arabischen und hebräischen Botschaften wie "Zionisten: Es gibt keinen Platz für euch in Palästina". Bei ähnlichen Aktionen in den vergangenen Tagen hatten mehrfach Felder in Israel Feuer gefangen, wie die "Times of Israel" berichtete.

Nach Augenzeugenberichten feuerten israelische Soldaten am Freitag massiv auf die Drachen. Die Armee teilte lediglich mit, dass mehrere Drachen am Boden gelöscht worden seien, wenn notwendig.

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Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen sprach in einer Mitteilung bezüglich der Massenproteste von "ungewöhnlich schweren und ernsten Verletzungen der Patienten, die sehr komplexe Behandlungen brauchen". Mitarbeiter der Organisation hätten seit Anfang April mehr als 500 Menschen mit Schussverletzungen versorgt. "Die meisten der Patienten werden infolge ihrer Verletzungen langfristige physische Schäden haben", hieß es.

Die Proteste im Gazastreifen sollen bis zum 15. Mai dauern. Am 14. Mai 1948 wurde der Staat Israel gegründet. Die Palästinenser begehen den 15. Mai als Nakba-Tag (Tag der Katastrophe), weil im ersten Nahost-Krieg 1948 rund 700.000 Palästinenser flohen oder vertrieben wurden. Am 14. Mai wollen die USA zudem die US-Botschaft in Jerusalem eröffnen.

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Am Freitag in der Früh hatte die israelische Armee die palästinensische Bevölkerung davor gewarnt, sich dem Grenzzaun zu nähern. Ein Armeeflugzeug warf Flugblätter über dem Küstengebiet ab, wie die Armee mitteilte. "Ihr beteiligt euch an gewaltsamen Unruhen", heiße es darin. "Die Terrororganisation Hamas nutzt euch aus, um Terroranschläge zu verüben." Die Armee versuche, die Verluste zu begrenzen, werde aber keine Beschädigung der israelischen Sicherheitseinrichtungen dulden.

Die Hamas hatte 2007 die Macht im Gazastreifen an sich gerissen. Sie wird von der EU, den USA und Israel als Terrororganisation eingestuft. Sie hat sich die Zerstörung Israels auf die Fahne geschrieben und strebt die gewaltsame Einrichtung eines islamischen Palästinas auf dem Gebiet zwischen Mittelmeer und Jordan-Fluss an.

Israel setzt Feierlichkeiten fort

Israel setzte am Freitag seine Feierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen fort. Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu kam zu einer festlichen Kabinettssitzung in Tel Aviv zusammen. "Wir sind sicher, dass wir die Fähigkeit haben, uns selbst zu verteidigen", sagte Netanyahu. Dies sei "die Essenz der Unabhängigkeit". "Wir hören die Drohungen aus dem Iran." Die israelischen Sicherheitskräfte seien auf jede Entwicklung vorbereitet.

Mit einem festlichen Empfang wurde am Freitag auch in Wien der 70. Jahrestag der israelischen Staatsgründung gefeiert. Bundespräsident Alexander Van der Bellen gratulierte dem Land "auf das Herzlichste zu den phänomenalen Entwicklungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie in den vergangenen 70 Jahren". "Österreich und Israel haben eine besondere Beziehung ", betonte der Bundespräsident in einer Rede vor rund 700 Gästen im Palais Liechtenstein. Er verwies darauf, dass NS-Diktator Adolf Hitler Österreicher gewesen sei. Für die Gräueltaten der Schoah "trägt Österreich Mitverantwortung". Die israelische Botschafterin in Österreich, Talya Lador-Fresher, sagte: Obwohl Israel seit seiner Entstehung von Konflikten begleitet werde, sei es ein "demokratischer, moderner Staat mit einer bunten und dynamischen Gesellschaft, der seine Stärke und Einheit aus der Vielfalt bezieht".

Die Feiern enden nach 70 Stunden am Samstagabend. Während des Sabbat gibt es von Freitagabend an eine Ruhepause. Der Staat Israel wurde zwar am 14. Mai 1948 ausgerufen. Israel feiert sein 70. Jubiläum allerdings nach dem hebräischen Kalender. Deshalb begannen die Feierlichkeiten schon am Abend des 18. April.