Seehofer: Häfen für Rettungsschiffe öffnen - Salvini: "Absolutes Nein"
Der deutsche Innenminister Horst Seehofer hat seinen italienischen Kollegen Matteo Salvini aufgefordert, die Dauerkrise der Rettungsschiffe im Mittelmeer zu beenden. "Wir können es nicht verantworten, dass Schiffe mit geretteten Menschen an Bord wochenlang im Mittelmeer treiben, weil sie keinen Hafen finden", schrieb Seehofer am Samstag in einem Brief an Salvini.
Zuvor hatte sich der rechtspopulistische italienische Innenminister am Freitagabend in einem Schreiben an Seehofer gewandt. In dem Brief hatte Salvini Seehofer gedrängt, Verantwortung für das Rettungsschiff "Alan Kurdi" der deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye zu übernehmen. Deutschland hat der EU-Kommission angeboten, Migranten von der "Alan Kurdi" und dem Rettungsschiff "Alex" der italienischen Hilfsorganisation Mediterranea aufzunehmen
Appell an "christliche Werte"
Der deutsche Innenminister erklärte in seinem Brief nun, für die aktuellen Seenotrettungsfälle seien rasche europäische Lösungen in gemeinsamer Verantwortung nötig. "Ich appelliere daher eindringlich an Sie, dass Sie Ihre Haltung, die italienischen Häfen nicht öffnen zu wollen, überdenken", fügte Seehofer hinzu. Wegen der gemeinsamen europäischen Verantwortung "und unseren gemeinsamen christlichen Werten" dürfe es im Einzelfall keinen Unterschied machen, durch welche Organisation Migranten aus dem Mittelmeer gerettet wurden, woher die Besatzung stammt und unter welcher Flagge das Schiff fährt.
Salvini antwortet: "Deutsche Flagge entziehen"
Salvini hat auf den Appell seines deutschen Amtskollegen ablehnend reagiert. "Die deutsche Regierung ruft mich auf, den Schiffen die italienischen Häfen zu öffnen? Absolutes Nein", so Salvini auf Facebook.
"Wir rufen die Regierung Merkel auf, Schiffen, die Schleppern helfen, die deutsche Flagge zu entziehen", fordert der Rechtspopulist seinerseits.
Deutschland hat der EU-Kommission angeboten, Migranten von zwei weiteren Rettungsschiffen im Mittelmeer aufzunehmen. "Auch im Fall der "Alan Kurdi" und der "Alex" sind wir im Rahmen einer europäisch-solidarischen Lösung bereit, einen Teil der aus Seenot Geretteten aufzunehmen", sagte der deutsche Innenminister Horst Seehofer von der bayerischen CSU am Samstag. Dies habe er bereits am Freitagvormittag der Europäischen Kommission mitgeteilt und um Koordinierung gebeten.
"Alan Kurdi" mit 65 Migranten
Salvini war angetreten, die illegale Einwanderung nach Italien zu stoppen. Er konzentriert sich vor allem auf medienwirksame Aktionen gegen Rettungsschiffe, denen er das Einlaufen in italienische Häfen untersagt. Zurzeit wartet die "Alan Kurdi" vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa auf Erlaubnis, in den Hafen einlaufen zu dürfen. Salvini hatte dies per Dekret untersagt. Das Schiff der Organisation Sea-Eye aus Regensburg hatte nach eigenen Angaben in internationalen Gewässern vor Libyen 65 Migranten von einem Schlauchboot gerettet.
"Alex" lief in Lampedusa ein
Das Rettungsschiff "Alex" der italienischen Hilfsorganisation Mediterranea ist am Samstagnachmittag trotz des von Salvini verhängten Verbots in den Hafen von Lampedusa eingelaufen. Auf Bildern des Nachrichtensender SkyTG24 war zu sehen, wie der Motorsegler an einer Pier des Hafens der italienischen Mittelmeerinsel lag. Ob die Geretteten an Land gehen durften, war zunächst unklar.
Zuvor hatte Mediterranea angesichts einer als unerträglich beschriebenen Gesundheits- und Hygienesituation an Bord den "Notstand" erklärt. Die italienische Regierung hatte die Organisation zuvor aufgefordert, mit dem Rettungsschiff Malta anzusteuern. Die elfstündige Reise sei aber zu lang und gefährlich, sagte Mediterranea. Nach Angaben der Organisation befänden sich nahezu 60 Menschen an Bord, darunter 41 Gerettete. Zugelassen sei das Schiff lediglich für 18 Menschen.
Salvini reagiert empört
Auf die Landung des Rettungsschiffes "Alex" auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa am Samstag reagierte Salvini empört. "Ich genehmige nicht die Landung", erklärte er. Der Crew des Schiffes warf er vor, die italienischen Gesetze zu verletzen und Komplizen der Schlepper zu sein. Auf die Drohung der NGO, der Innenminister könne wegen Personenentführung angezeigt werden, weil er die Migranten an Bord festhalte, antwortete Salvini: "Das ist einfach lächerlich".
Für Aufsehen sorgte vor einer Woche auch die vorübergehende Festnahme der deutschen Kapitänin Carola Rackete. Sie war nach mehr als zweiwöchiger Blockade mit ihrem Schiff "Sea-Watch 3" mit 40 Geretteten trotz Verbots Salvinis in den Hafen von Lampedusa eingelaufen.