Politik/Ausland

Tschechen wählen Präsidenten

Die tschechische Präsidentenwahl ist „eine Wahl zwischen Schweinegrippe und Vogelgrippe”: Diese Worte des volltätowierten Künstlers Vladimir Franz, der selbst für das Amt kandidiert hatte, sind vielleicht etwas drastisch. Es scheint aber, als ob sich viele Tschechen bei der Stichwahl heute, Freitag, und Samstag zwischen den beiden Finalisten Ex-Premier Milos Zeman (68) und Außenminister Karel Schwarzenberg (75), nur schwer entscheiden können. Ein schmutziger Wahlkampf und Fehler auf beiden Seiten machen die Qual der Wahl nicht leichter.

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„Ich stimme mit keinem Kandidaten überein“, sagt etwa Jaroslav G. in einem Zug nach Prag zurAPA. Der 59-jährige Techniker erklärt: „Zeman ist ein Sozialist, ein halber Kommunist. Er ist ein Mann, der schon zu lange in der Politik ist.“ Jaroslav ergänzt: „Schwarzenberg wäre zwar besser für die internationalen Beziehungen Tschechiens. Er ist aber alt und vertritt Werte, die keiner mehr teilt. Da gehören andere her.“

"Hitparaden des Schmutzes"

Tschechische Medien sind voll von aufgelisteten Wahlkampf-„Lügen“ und „Hitparaden des Schmutzes“. Dazu gehört etwa der Vorwurf, dass in der Burg Hardegg von Schwarzenbergs Frau ein Bild von einem Hakenkreuz hänge. Als sich herausstellte, dass die Burg der Familie von Therese Schwarzenberg bereits seit fast 300 Jahren nicht mehr gehört, entschuldigte sich Zeman. Der Mitte-Links-Politiker kritisierte andernorts, eine Lehrerin habe das Schloss Cimelice in Böhmen nach der Rückgabe an die Familie Schwarzenberg verlassen müssen. Die 73-jährige wandte sich selbst an die Medien, um das richtigzustellen. Nicht die Schwarzenbergs sondern die Kommunisten hätten sie 1982 verjagt.

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Prominente Frauen sind über eine andere Aussage Zemans empört: „Fürsten hatten das Recht auf die erste Nacht und deswegen degenerierten sie, weil sie ihre Sklavinnen nicht peinigen mussten und keine Energie dafür verwenden mussten. Während wir Knappen (Zemani, auf tschechisch) das Recht - nicht nur auf dem Gebiet der Sexualität - immer schwer erkämpfen mussten, und deswegen sind wir nicht degeneriert“, sagte Zeman. In ganzseitigen Inseraten erklärten daraufhin bekannte Schauspielerinnen und Künstlerinnen: „Wer kein anständiger Mann ist, kann kein guter Präsident sein.“
Aber auch Schwarzenberg wird kritisiert. Die ZeitungMlada fronta Dneswirft ihm vor, ungenügend vorbereitet in die TV-Debatten gegangen zu sein. Er habe sich bei Aussagen korrigieren müssen und Dinge verwechselt. „Ungeschickt“ sei die Äußerung Schwarzenbergs gewesen, dass die Regierung des früheren Präsidenten Edvard Benes (unter heutigem Gesichtspunkt) für die Taten des Jahres 1945 vor das Tribunal in Den Haag gestellt würde, meinen die „Lidove noviny“. Benes gilt als Nationalheld.

Schwarzenbergs Team sei nicht viel eingefallen, um wieder eine „Welle“ wie beim ersten Durchgang der Präsidentenwahl in Bewegung zu setzen, sagt der Politologe Josef Mlejnek von der Prager Karls-Universität. In der ersten Runde vor zwei Wochen sah man überall in Prag Menschen mit Ansteckern „Volim Karla“ (Ich wähle Karel). Der „Fürst“ war „in“. Doch mittlerweile scheint er in die Defensive geraten zu sein. „Zeman greift an, Schwarzenberg ist passiv.“

Für den Prager Alterzbischof Kardinal Miloslav Vlk wurde der Bogen allerdings überspannt. Die "schmutzige Kampagne von Halbwahrheiten und Lügen" gegen Schwarzenberg mache die Entscheidung leicht. Zur Wahl Schwarzenbergs gebe es keine Alternative, so der Kardinal.

Zeman sei berechenbarer

Zemans Anhänger dagegen fühlen sich nicht abgeschreckt. Mirek, ein etwa 40-jähriger Kellner in einem Bierlokal in Prag, schiebt die Schuld für die Entgleisungen dem Wahlstab zu. „Zeman wäre ein guter Präsident.“ Mirek ist überzeugt, dass der ehemalige sozialdemokratische Premier das Volk besser repräsentieren würde. „Schwarzenberg kann nicht einmal die tschechische Hymne. Und seine Frau spricht kein Wort Tschechisch.“ Eine große Rolle spielen für ihn außerdem die kritischen Aussagen Schwarzenbergs zum Thema Benes-Dekrete. Ein Aufheben der Dekrete kommt für ihn nicht in Frage.

Auch Ex-Präsidentschaftskandidat Vladimir Franz hat sich entschieden. Für die „Schweinegrippe“, wie er selbst sagt. Er gibt seine Stimme Zeman. Der sei berechenbarer.