Wechselstimmung auf fünftem Kontinent
Australiens Oppositionschef Tony Abbott (55) wurde vom Krokodil gefressen – und seine konservative Partei ist glücklich darüber. „Big Wendell“, ein 5,5 Meter großes Krokodil, zögerte nicht lang bei seiner Wahl zwischen Abbott und dem amtierenden Premier Kevin Rudd: Es verbiss sich in das Bild Abbotts und fungierte damit erstmals als Orakel für den Sieger der Parlamentswahlen am Samstag.
Das Krokodil liegt voll im Trend. Allen Umfragen zufolge wird Premier Rudd (55) und seine seit sechs Jahren regierende Labor Partei eine vernichtende Niederlage einstecken müssen. Dabei wächst Australiens Wirtschaft vor allem dank Chinas Hunger nach Australiens Ressourcen seit 22 Jahren. Im Vorjahr war es laut Statistikamt ein Plus von 2,6 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt zählt zu den höchsten der Welt. Und auch Arbeitslosenrate lag im Juli bei verhältnismäßig niedrigen 5,7 Prozent. Mit der aktuellen Wirtschaftslage auf dem fünften Kontinent lässt sich die Wechselstimmung also nicht erklären – aber vielleicht mit der Furcht, dass Chinas Boom dem Ende zugeht und die Preise für Kohle oder Erz in den Keller rutschen könnten.
Dazu passt die Ankündigung von Abbotts Partei am Donnerstag, dass im Falle ihres Wahlsiegs Entwicklungshilfe um umgerechnet 3,1 Milliarden Euro gekürzt werde. Dieses Geld solle lieber in Australiens Wirtschaft gepumpt werden. Daran wird wohl auch die Warnung von Hilfsorganisationen wenig ändern, dass dies die Ärmsten der Welt treffe und Tote zur Folge hätte.
Kampf den Flüchtlingen
Auf Mitgefühl setzen aber weder Rudd noch Abbott in diesem Wahlkampf. Entwicklungshilfe und die Flüchtlingspolitik Australiens, eines der reichsten Staaten der Welt, gehören neben dem Klimawandel und Rudds Ja zur Homoehe zu den zentralen Wahlkampfthemen. Seit 2008 wurden etwa 40.000 Menschen gestoppt, die die illegale Einreise versuchten. Allein heuer versuchten schon 16.000 in Nussschalen übers Meer australisches Territorium zu erreichen. Die Mehrheit der Flüchtlinge stammt aus dem Nahen Osten. Rudd und Abbott versprachen unisono, den Flüchtlingsstrom zu stoppen und Flüchtlinge in Lager auf arme Inselstaaten wie Nauru oder Papua-Neuguinea zu verfrachten. Zu dieser Praxis kehrte Rudd übrigens im Wahlkampf zurück, nachdem er sie in seiner ersten Amtszeit als Premier (2007–2010) abgeschafft hatte.
Rudd, der erst Ende Juni durch eine Parteirevolte Julia Gillard als Premier ablöste, hat auch medial wenig zu lachen. Medienmogul Rupert Murdoch, er kontrolliert 70 Prozent der Zeitungen, hat Rudd gar als Nazi-Offizier und Dieb abbilden lassen.
Die Folge: Buchmacher zahlten schon alle aus, die auf Abbott gesetzt haben. Für einen Dollar gab es 1,03 Dollar.