Politik/Ausland

"Was soll hier Schlimmes passieren?"

Der Ferienflieger nach Antalya ist voll. Viele Familien mit kleinen Kindern sind an Bord. Und eine kleinere Gruppe Maturanten, die beim TUI Summer Splash und beim X-Jam abfeiern wollen.

Wegen der Anschläge auf den Flughafen in Istanbul, der diese Woche mehr als 40 Todesopfer gefordert hat, lässt sich hier keiner die Party vermiesen. Nur zwei Stornos habe es unter den Maturanten diese Woche gegeben. Dafür furchtbar viele Anrufe besorgter Eltern, sagt Thomas Kroupa, einer der Organisatoren von X-Jam.

Aber nächstes Jahr könnten die großen Maturafeiern in Sizilien und in Porec in Istrien stattfinden: Allein bei X-Jam gab es in den Vormonaten von 7000 Buchungen 3000 Stornos. Nur 30 Chartermaschinen, statt fast 80 wie im Vorjahr.

Fast leerer Flughafen

Ankunft in Antalya: Der Flughafen ist wie ausgestorben. Sehr, sehr leer. Sabriye Ilicali, ihre Mutter ist Wienerin, der Vater aus Ankara, macht das sehr, sehr traurig. Ein ganzer Terminal wurde geschlossen, die meisten Gepäckbänder stehen still. "Viele Leute hier haben deshalb ihren Job verloren. Schau, wie wenig Busse auf Touristen warten."

Angst vor Anschlägen hat die junge Frau nicht. Ein anderer, ankommender Urlaubsgast gibt zu: "Ich hab' schon überlegt, aber dann hat ein Kollege gesagt: Du kannst auch auf der Straße überfahren werden. Und was soll’s? Mit dem Terror werden wir leben müssen." Schönen Urlaub und alles Gute. "Antalya ist eh sicher", sagt er noch winkend im Weggehen.

Alle Inhalte anzeigen
"Es ist ganz einfach", bestätigt Ahmet Barut, der österreichische Honorarkonsul in Antalya. "Diejenigen, die Angst vor Terroranschlägen haben, kommen nicht. Und die werden wir heuer sowieso nicht mehr kriegen. Und die anderen kommen." Die Familie Barut besitzt an der Küste zwölf Hotels. Der Umsatzrückgang: minus 40 Prozent. "Ich habe auf minus 30 gehofft, das wird sich aber nicht mehr ausgehen", sagt er. "Wir müssen eben noch härter arbeiten."

Denn die Kosten steigen: Für private Security-Dienste wird viel Geld lockergemacht. Der 53-Jährige sagt: "Das ist die Realität, man kann nicht immer gut verdienen. Das ist das Risiko des Unternehmers."

Viele potenzielle Türkei-Urlauber änderten ihre Reisepläne, als im Jänner deutsche Urlauber bei einem Anschlag in Istanbul starben. Und die russischen Gäste, die gerne kämen, dürfen es nicht, seit dem Abschuss eines russischen Militärflugzeugs über türkischem Luftraum im November. Präsident Erdogan hat sich zwar inzwischen dafür bei Kreml-Herrn Putin entschuldigt. Aber die russischen Gäste sind noch immer nicht da.

Urlaubsgefühle

Ankunft im TUI Magic Life Waterworld in Belek: Mit Spiegeln wird der Boden des Kleinbusses inspiziert. Dann geht der Schranken auf – und Wiederholung der Präsidentenwahlen in Österreich, Brexit oder Terrorangst werden plötzlich unwichtig. Hier spricht niemand mehr über Politik. Zum Urlaubsfeeling gehören andere Dinge: Sonnencreme, Buffet, Drinks, Wassersport.

Alle Inhalte anzeigen
Anna aus Aachen macht das erste Mal Cluburlaub und fühlt sich wie auf einer Insel, ganz weit weg. Nur ihre Mutter "nervt" seit dem Attentat in Istanbul. "Wir kriegen hier ja nur wenig mit, was draußen passiert. Seit ein paar Tagen kommt man nur noch schwer ins Internet." Annas Freund Stéphane aus Brüssel wollte ursprünglich nicht in die Türkei: "Aber jetzt sind wir schon zehn Tage da. Es ist wirklich toll."

Das findet auch Franz aus Linz, der eifrig dem Wodka-Tonic zuspricht. "Was soll hier Schlimmes passieren? Überall kann was sein." Den Urlaub hat er sich schwer erarbeitet, sagt er. Von irgendwelchen Gefahren will er nichts hören.

Alle Inhalte anzeigen
General-Manager Ismail Karslioglu betrachtet jeden Gast als eine Art Botschafter. "Der Gast, der jetzt kommt, ist sehr wertvoll, weil er erzählen kann, wie es war." Nämlich ruhig und sicher.

22 Sicherheitsangestellte patrouillieren die ganze Nacht. Einige seien auch als Gäste getarnt, sagt der General Manager. 130 Österreicher urlauben derzeit All-inclusive in der Waterworld. Insgesamt sind 1600 Gäste da, im Vorjahr waren es um diese Zeit 2200. 40 Prozent der Gäste sind Deutsche, viele kommen aus der Ukraine aus Tschechien, den Niederlanden, aus Istanbul und Ankara und aus dem Iran.

Stéphane aus Brüssel macht sich ein bisschen Sorgen wegen des Heimfluges. Seit den Anschlägen von Paris und Brüssel "stehe ich nicht gerne in der Warteschlange. Das ist kein tolles Gefühl." Aber der junge Belgier findet den Flughafen Brüssel weit gefährlicher als den von Antalya.