Obama-Festspiele in Washington
Von Georg Gesellmann
Die Politik kennt es noch aus Zeiten des antiken Roms: „Brot und Spiele“ mag das Volk. Auch bei der öffentlichen Angelobung von US-Präsident Barack Obama am Montag ging es um die Schau. Denn seinen Eid für die zweite Amtsperiode als Staatsoberhaupt hatte er bereits am Sonntag im engen Familien- und Freundeskreis im Blauen Raum des Weißen Hauses abgelegt. Nach seiner Vereidigung feierte er mit Mitarbeitern, Freunden und Unterstützern in einem Washingtoner Museum. In einem kurzen Toast betonte er, dass es bei dem Fest am Montag weniger um seine Amtseinführung gehe, sondern um „diese unglaubliche Nation, die wir unser Zuhause nennen“.
Die US-Verfassung verlangt es, dass der Präsident immer am 20. Jänner sein Amt antritt. Traditionell wiederum darf es für die öffentliche Angelobung kein Sonntag sein. Die Menschen auf der Straße freuten sich über die Möglichkeit, ihren Präsidenten und Amerika gemeinsam zu feiern.
„Obama! Obama!“
„Obama-Fotos! Obama! Obama!“, rief ein Straßenverkäufer an der Kreuzung zwischen Union Station – dem Washingtoner Hauptbahnhof – und dem Kapitol-Gebäude, wo der Präsident heute, Montag, vor dem Volk seinen Amtseid wiederholte. Ein paar Meter weiter sahen sich zwei Afroamerikanerinnen Inauguration-Buttons bei einem anderen Händler an. T-Shirts, Schlüsselanhänger und Caps waren auch im Angebot.
Bilder und Zitate von der Zeremonie in Washington
Während Obamas zweite Angelobung für manche Grund für eine Feier war, hatten andere eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Genauso war es auch vor vier Jahren, erzählt man, als die historische Vereidigung des ersten afroamerikanischen Präsidenten über die Bühne ging. Damals hatten viele Washingtoner ihre Wohnungen an Touristen, die zur Vereidigung angereist waren, vermietet und so ein paar hundert Dollar dazuverdient.
Etwa 1,8 Millionen Menschen hatten sich im Jahr 2009 auf der National Mall – der grünen Strecke zwischen dem Kapitol und dem Abraham-Lincoln-Monument – versammelt. Die marode Wirtschaftslage und der bittere Wahlkampf haben heuer die feierliche Stimmung etwas angeschlagen. Die Behörden zählten nur halb so viele Besucher wie damals, also bis zu 800.000.
Trotzdem ging die Schau weiter. An Stars fehlte es auch nicht – unter den berühmten Gästen war die Popsängerin Beyoncé, die auch die Nationalhymne singt. Nach der Wiederholung des Amtseides aßen Präsident Obama und seine Gattin Michelle gemeinsam mit Vizepräsident Joe Biden und seiner Frau Jill auf dem Kapitol zu Mittag. Von dort schlossen sie sich dann der traditionellen Angelobungsparade zum Weißen Haus an. Mehrere Tribunen wurden entlang ihrer Route aufgestellt.
Es fehlte auch nicht an weiß-blau-roter Deko – den Farben der US-Fahne. Etwa 6000 Beamte kümmerten sich um die Sicherheit bei der Feierlichkeiten. Mit 1500 mobilen Toiletten hofften die Organisatoren, für alle Fälle gesorgt zu haben.
Kompromiss nötig
Die offizielle Ansprache von Präsident Barack Obama wurde zum Höhepunkt der Montagsfeierlichkeiten. Obwohl er keine konkreten politischen Pläne für seine zweite Amtsperiode bekannt gab, sprach Obama die Notwendigkeit von einem politischen Kompromiss zwischen Demokraten und Republikanern im Kongress an. „Der Präsident schätzt es sehr, dass die Amerikaner ihm die Möglichkeit gegeben haben, zum zweiten Mal eine Vereidigungsansprache zu halten“, sagte vergangene Woche der Weiße-Haus-Sprecher Jay Carney. „Er glaubt, dass wir viel zu tun haben, und dass der Plan, den er bis jetzt aufgestellt hat, und der, den er künftig aufstellen wird, diesem Land helfen, sich in vieler Hinsicht vorwärts zu entwickeln“, so Carney.
Sarah Horvath war ein halbes Jahr lang als Austauschschülerin in der Highschool von Liberty, Kentucky. Als Barack Obama der 17-jährigen Schülerin Sarah Horvath aus Marz in Washington die Hand drückte, schlotterten ihr die Knie. „Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht mehr so genau, was der amerikanische Präsident zu mir sagte“, erzählt die Marzerin. Sie glaubt, so etwas Ähnliches gehört zu haben wie: er freue sich, sie zu treffen (nice to meet you), wisse, dass sie ihn noch nicht wählen darf, hoffe aber, wenn es soweit ist, dass er Sarahs Stimme bekäme.
Die Burgenländerin war mit einer Schülergruppe in Washington, und Barack Obama hatte im Wahlkampf „zufällig“ Zeit. Während es für Sarah Horvath ein Erlebnis war, waren ihre Gasteltern in Kentucky davon nicht besonders angetan. Dieser Bundesstaat gilt als konservativ.
Ihren Aufenthalt in der Ortschaft Liberty (2168 Einwohner) im Bundesstaat Kentucky wird Sarah Horvath wahrscheinlich nicht so schnell vergessen. Vor einem halben Jahr machte sie sich auf nach Amerika, um als Austauschschülerin ihr Englisch zu verbessern und Erfahrungen in einem fremden Land zu sammeln. Vergangene Woche kam sie zurück.
War es anfangs für sie mehr als schwierig – sie wollte nach der Ankunft umdrehen und heim nach Marz fliegen –, flossen beim Abschied in den USA Tränen. „Es war einfach eine tolle Zeit.“ Ihre Gasteltern, große Farmer und Pferdezüchter, nahmen sie „sehr nett “ auf. Während ihres sechsmonatigen Aufenthalts habe sie „echte Freunde“ gefunden.
Nett und freundlich
Kein böses Wort möchte Sarah Horvath über die Amerikaner verlieren: „Das sind nette, offene und freundliche Menschen.“ Dort sei das Leben nicht besser oder schlechter als in Österreich, „aber anders“. „Natürlich“ gebe es Dinge zu kritisieren wie zum Beispiel die Waffenleidenschaft der Amerikaner (ihr Gastvater hat zwei Gewehre) oder die Freude am Jagen.
Über die Ernährung der Amerikaner könnte sie mehrere Lieder singen. Einmal buk sie eine Sachertorte, so wie es sich gehört, sagt sie. G’schmackig sei sie gewesen. Aber was fanden die Gäste: Zu wenig süß, zu wenig Schokolade, zu wenig geil und zu wenig synthetisch. „Kiloweise“ Schlagobers wurde drauf geschmissen. Das konnte die junge Burgenländerin nicht verstehen. Sie wurde durch die Sympathien am Wiener Schnitzel entschädigt. „Die haben ihnen geschmeckt.“
Sarah Horvath kehrt in den nächsten Tagen in ihre Klasse, die 4. HAK in Eisenstadt, mit Freude zurück. Obwohl sie ein „bisschen Bauchweh“ habe. Denn das Schulsystem in Kentucky sei doch etwas anders als das in Eisenstadt. Jeden Tag wurden sieben Lehrgegenstände vorgetragen. „Das ist wesentlich einfacher als in der HAK“, sagt die 17-Jährige.
Bereicherung
Doch eines möchte sie dennoch los werden: „Jeder, der die Möglichkeit hat eine Zeit im Ausland zu verbringen, der sollte es tun. Es ist eine Bereicherung.“ Und wenn es jemanden gibt, der diese Möglichkeit hat, aber sie nicht nützt, soll sie anrufen: „Ich fahr’ statt ihm.“