Politik/Ausland

US-Drohung gegen Syrien als Warnung an den Iran

Der Krieg in Syrien ist keinesfalls vorüber. Und mitten in neu aufflammende Kämpfe platzte in der Nacht auf Mittwoch eine Drohung des US-Außenministeriums: Man prüfe Hinweise auf einen möglichen Chemiewaffeneinsatz der syrischen Regierungstruppen, es gebe Anzeichen, dass die Streitkräfte des Präsidenten Bashar al-Assad bei einer Attacke am vergangenen Sonntag im Nordwesten des Landes chemische Waffen eingesetzt hätten. Man sammle Informationen. Und solle sich bestätigen, dass die syrische Armee Chemiewaffen benutze, würden „die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten schnell und in angemessener Weise reagieren“.

Konkret geht es um einen Angriff in den Morgenstunden des Sonntag im Norden der Provinz Latakia, bei dem mit Chlorgas bestückte Raketen eingesetzt worden sein sollen. Das berichtete das islamistisch dominierte Rebellenbündnis Haiat Tahrir al Scham (HTS), das in dem Gebiet das Sagen hat. Gesundheitsbehörden in der benachbarten Provinz Idlib (ebenfalls unter HTS-Kontrolle) berichteten davon, dass vier Personen wegen Atemwegs-Problemen nach einem Angriff behandelt worden seien. Medizinisches Personal habe dabei den Geruch von Chlorgas vernommen.

Alle Inhalte anzeigen

Fehlende Belege

Dem entgegen steht eine Meldung der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), die ihre Informationen von einem Netzwerk in der Region bezieht. Man habe keinen Beleg für einen Chemiewaffenseinsatz. Bisher würde nur die Meldung der El-Kaida-nahen HTS vorliegen. Und auch die Rettungsorganisation Weißhelme (der vor allem von russischer und syrischer Seite immer wieder Einseitigkeit vorgeworfen wird) sagte, für einen solchen Angriff gebe es bisher keine Bestätigung. Allerdings habe man in der fraglichen Region keine Kräfte im Einsatz.

Die Weißhelme dürften derzeit vor allem im Süden der Region Idlib und in der Provinz Hama zu tun haben. Dort eskalieren Kämpfe zwischen regierungstreuen Verbänden und Rebellen trotz an sich geltender Waffenruhe.

Bente Aika Scheller von der Heinrich-Boell-Stiftung sieht hinter der US-Drohung vor allem „Symbolpolitik“. Das vor allem angesichts einer grundlegend veränderten geopolitischen Lage. Denn, so sagt die Nahost-Expertin, im eigentlichen gehe es nicht um Syrien sondern den Iran, gegen den die USA ein Drohszenario aufbauen wollten.

Zank zwischen Alliierten

Der Iran ist massiv mit Truppen in Syrien aktiv. Zuletzt schienen die militärischen wie missionarischen Aktivitäten Teherans in Syrien aber dem syrischen Regime und seinem Alliierten Russland zu weit zu gehen. Es kam sogar zu Kämpfen.

Allerdings haben die iranischen Einheiten in Syrien mit dem Einsatz chemischer Waffen wenig zu tun. Jene syrischen Einheiten, denen Chemiewaffeneinsätze zugerechnet werden, sieht Expertin Scheller eher in Kooperation mit Russland.

Und solche Einsätze gab es in großer Zahl. In einem Bericht des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte von Anfang 2019 werden 34 Chemiewaffeneinsätze aufgelistet. Die Berliner Denkfabrik Global Public Policy führt gar 300 solche Angriffe an. Sowohl letztere als auch die UNO führen die absolute Mehrzahl der Angriffe auf das syrische Regime zurück.