Ukraine-Krise: Hoffen auf den Super-Montag der Diplomatie
Von Walter Friedl
Begleitet von einem intensivierten russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze und US-Truppenverlegungen in NATO-Staaten kommt es morgen zu einem "Super-Montag" der Diplomatie, um einen etwaigen Waffengang doch noch zu verhindern. Mit Hochspannung werden dabei zwei Treffen in Washington und in Moskau auf höchster Ebene erwartet, doch das ist noch lange nicht alles.
In der amerikanischen Hauptstadt wird Präsident Joe Biden den deutschen Kanzler Olaf Scholz empfangen. Der US-Staatschef hatte nach seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr einen Neuanfang in den deutsch-amerikanischen Beziehungen nach vier schwierigen Jahren unter seinem Vorgänger Donald Trump beschworen. In der aktuellen Ukraine-Krise werden nun aber auch in den USA Zweifel laut, ob man im Ernstfall auf Deutschland zählen könne.
Dem Kanzler, der eine "einheitliche Botschaft" aus Amerika an den Kreml schicken will, war von osteuropäischen NATO-Partnern und den USA vorgeworfen worden, Russland in der Ukraine-Krise zu wenig unter Druck zu setzen. Erst nach langem Zögern legte Scholz die umstrittene Gas-Pipeline Nord Stream 2 als mögliches Sanktionsinstrument auf den Tisch.
Auch dass die Berliner Koalition Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnt, wird ihr nicht nur in Kiew übel genommen. Nach seinen Gesprächen in Washington, wo aktuell EU-Außenbeauftragter Josep Borrell sowie EU-Energie-Kommissarin Kadri Simson mit US-Chefdiplomat Antony Blinken die Krise erörtern, wird Scholz zeitnahe in die Ukraine reisen, später in den Kreml.
Dort wird am Montag bereits Frankreichs Präsident Emmanuel Macron von seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin empfangen. Auch bei dieser Unterredung geht es ausschließlich darum, Möglichkeiten auszuloten, wie ein Krieg doch noch zu verhindern sein könnte.
An der Front
In der Ukraine selbst werden am Montag gleich mehrere Spitzendiplomaten aus EU-Ländern erwartet. Am meisten Aufmerksamkeit wird dabei die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock erhalten. In Kiew wird sie zunächst Gespräche mit Regierungsvertretern führen und tags darauf an die Front zwischen ukrainischen Regierungstruppen und den von Russland unterstützten Separatisten im Konfliktgebiet Donbass reisen.
Dort wird Österreichs Außenamtschef Alexander Schallenberg bereits am Montag erwartet. Im Zuge seines Trips, auf dem er von seinen Amtskollegen aus der Slowakei und aus Tschechien, Ivan Korcok sowie Jan Lipavsky, begleitet wird, will er die sogenannte Kontaktlinie zwischen den beiden Blöcken besuchen und sich ein Bild der militärischen und humanitären Lage machen. Am Checkpoint "Stanitsa Luhanska" ist ein Treffen mit dem Separatisten-Gouverneur Serhiy Haidai geplant.
Am Dienstag wird das Trio in Kiew Gespräche mit Präsident Wolodymyr Selenskyj und Außenminister Dmytro Kuleba führen.