Artilleriebeschuss von Städten und Staudamm gemeldet, Sorge vor Blackout
Mehrere Städte im Süden der Ukraine sind nach örtlichen Behördenangaben in der Nacht auf Sonntag von russischen Truppen mit Artillerie und Raketen beschossen worden. Betroffen ist etwa Saporischschja. Nach russischer Darstellung wurde indes der Staudamm des Kachowka-Stausees in Cherson durch ukrainischen Beschuss beschädigt.
Die von russischen Truppen gehaltene Anlage sei von einer Himars-Rakete getroffen worden, zitiert die russische Nachrichtenagentur TASS einen Vertreter des Katastrophenschutzes. Eine Rakete habe dabei eine Schleuse des Kachowka-Damms getroffen, hieß es.
In Saporischschja sei ein Gebäude der zivilen Infrastruktur zerstört worden, teilte ein Mitarbeiter des Stadtrates mit. Ein Mensch sei in Saporischschja getötet worden. Auch benachbarte Gebäude seien beschädigt worden. Im Gebiet Dnipropetrowsk schlugen demnach Geschoße aus Rohrartillerie und Mehrfachraketenwerfern in der Stadt Nikopol sowie den Orten Myrowe und Marhanez ein. In Myrowe sei ein neunjähriges Mädchen verletzt worden, schrieb der Vorsitzende des Gebietsparlaments, Mykola Lukaschuk, auf Telegram.
Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, in Saporischschja sei ein Munitionsdepot der ukrainischen Armee getroffen worden.
Die getroffenen Orte liegen am nördlichen Ufer des Flusses Dnipro. Russische Truppen haben das Südufer besetzt und können von dort unter anderem aus dem Schutz des Kernkraftwerks Saporischschja heraus schießen.
Kiews Bürgermeister Witali Klitschko schließt wegen der Schäden am Energiesystem ein Blackout in der ukrainischen Hauptstadt nicht aus. "Wir tun alles, damit es nicht so weit kommt. Aber wir wollen offen sein: Unsere Feinde tun alles dafür, damit diese Stadt ohne Heizung, ohne Strom, ohne Wasserversorgung dasteht - allgemein: dass wir alle sterben", sagte Klitschko am Samstagabend im ukrainischen Fernsehen.
Die Bürgerinnen und Bürger sollten Vorräte für einen solchen Fall anlegen und auch überlegen, zeitweise außerhalb der Stadt unterzukommen, so der Bürgermeister.
In Kiew lebten derzeit etwa drei Millionen Menschen, darunter 350.000 Binnenflüchtlinge aus anderen Teilen der Ukraine, sagte Klitschko. Bei einem Zusammenbruch des Fernwärmesystems bereite sich die Stadt darauf vor, 1.000 Wärmestuben einzurichten. Die Überlegungen der Verwaltung gingen sogar so weit, die Stadt bei einem Blackout vollständig zu evakuieren, berichtete die Zeitung "New York Times".
Bei den russischen Raketenangriffen auf die Energieversorgung der Ukraine sind auch die Anlagen in Kiew beschädigt worden. Die Stadt versucht, das Netz durch gestaffelte Stromabschaltungen zu stabilisieren. Ganze Stadtteile haben stundenweise kein Licht.
Verantwortung abwälzen
Russland versucht nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten, die Verantwortung für das schlechte Abschneiden seiner Invasionstruppen in der Ukraine auf Kommandanten abzuwälzen. Dafür sprächen demnach Berichte über die erneute Ablösung eines hochrangigen russischen Offiziers. "Falls bestätigt, reiht sich das in eine Serie von Rauswürfen führender russischer Kommandanten seit dem Beginn der Invasion im Februar 2022 ein", hieß es in dem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg des britischen Verteidigungsministeriums. "Das ist teilweise wohl ein Versuch, die russische Führungsspitze zuhause abzuschirmen und Schuldzuweisungen abzulenken", so die Mitteilung weiter.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die Regierung der russischen Darstellung entgegentreten und Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine Desinformationskampagne vor.