Politik/Ausland

Mit vollem Risiko in Richtung Umsturz

Den Beamten in Bangkoks Phaya-Thai-Magistrat blieb kaum Zeit, die Computer hochzufahren. Eine wütende Menschenmasse hatte sich auf der Straße versammelt, via Lautsprecher dröhnten ihre Befehle hinauf: „Verlassen Sie das Gebäude binnen 20 Minuten, oder wir sperren Sie hier ein.“ Die Regierungsbeamten, die alles für die geplanten Wahlen vorbereiten sollten, zögerten. Auch deshalb, weil die Abhaltung der Neuwahlen am kommenden Sonntag zuletzt unsicher schien. Das Verfassungsgericht urteilte, dass der Termin für den Urnengang verschoben werden dürfe – die Regierung aber beharrt auf Sonntag.

Thailands regierungskritische Opposition, die Teile Bangkoks seit Wochen mit Protesten blockiert, will weder jetzt noch später Wahlen. Sie würde klar verlieren – so wie die monarchietreue und von der Geld-Elite des Landes kontrollierte Demokratische Partei seit mehr als zehn Jahren alle regulären Urnengänge verloren hat.

Sieger blieb stets der Clan des thailändischen Telekom-Milliardärs Thaksin Shinawatra. Ein Militärcoup hatte ihn 2006 ins Exil gezwungen. Doch vom sicheren Dubai aus dirigiert er bis heute über seine Schwester, Regierungschefin Yingluck Shinawatra, ins Land hinein. Ihr Angebot, angesichts der Proteste freiwillig zurückzutreten, soll ihr der große Bruder via Skype ausgeredet haben.

Angeführt vom früheren Abgeordneten Suthep Thaugsuban gilt für die Opposition nur: keine Kompromisse, keine Verhandlungen. Die Regierung muss weg. Ersetzt werden soll sie durch einen willkürlich bestimmten „Volksrat“ mit „moralisch einwandfreien“ Menschen.

Gefährliche Zuspitzung

Dafür marschieren täglich Tausende Menschen durch Bangkok und belagern Regierungsgebäude. Die Spannung stieg zuletzt gefährlich, die Gewaltbereitschaft ebenso. Bombenangriffe und Attacken auf politische Gegner forderten mehrere Todesopfer. Zuletzt wurde gestern ein prominenter Oppositionsführer erschossen, als er öffentlich gegen die Wahlen wetterte. Der in der Vorwoche verhängte Ausnahmezustand hat die Lage in Bangkok nicht beruhigt – auch wenn die Touristengebiete unbehelligt blieben. Urlauber sollten dennoch alle Menschenansammlungen in Thailands Hauptstadt unbedingt meiden, empfiehlt das österreichische Außenministerium.

Unter den Anhängern der Regierung wächst indes die Sorge vor einem Coup: Es könnte ein militärischer sein. Wenn die Gewalt weiter zunimmt, werde die Armee durchgreifen, drohen die Generäle. Es könnte aber auch ein Coup der Gerichte sein: Die fest in der Hand der Opposition stehende Justiz könnte sämtliche Regierungspolitiker wegen „Bruch der Verfassung“ aus ihren Ämtern jagen. Beide Arten von Umstürzen hat Thailand bereits erlebt.