Syriens Opposition sucht Exil-Regierung
Von Stefan Schocher
Jetzt gibt es ihn also – den Block der vereinten Opposition Syriens. Zumindest offiziell. Am Donnerstag hieß es aus dem Verhandlungsort Doha, man habe sich geeinigt – wenn vielleicht auch nur symbolisch. Aber schon das ist eine kleine Sensation. 40 Personen wurden in das Gremium gewählt, hieß es. Zwei davon Frauen. Keine Details sickerten hingegen über die genaue Zusammensetzung durch. Und das Votum über die Führung des Rates – praktisch eine Art Exil-Regierung, die nach dem Sturz von Syriens Präsident Bashar al-Assad das Land übernehmen soll – stand noch aus. Ziel der international forcierten Konferenz war es, der Opposition eine breitere Basis zu bieten – und dem Ausland einen Ansprechpartner.
Die Verhandlungen im Emirat Katar waren von heftigen Auseinandersetzungen überschattet. Und letztlich hatte man sich anscheinend nur durch Vermittlung Katars einigen können. Denn vor allem der im türkischen Exil agierende Syrische Nationalrat, der SNC, der gegenüber der Weltöffentlichkeit bisher praktisch die Monopolstellung als „Syriens Opposition“ für sich beansprucht hatte, verteidigte seine Position vehement. Von nun an aber wird der SNC, in dem die syrischen Muslimbrüder stark vertreten sind, seine Macht mit Gruppen teilen müssen, die vor Ort, also in Syrien, agieren. Und genau das war und ist der schwerwiegendste Kritikpunkt am SNC. Dass er in Syrien nicht präsent und abgehoben sei. Dass die Verhandlungen nun aber ausgerechnet in Katar stattfanden, das den SNC bisher stützte, kann als Misstrauensbekundung gegenüber dem Nationalrat verstanden werden.
Aus Aktivistenkreisen hieß es, dass in dem neu geschaffenen Gremium auch radikal islamistische Rebellen vertreten sein werden. So sollen Abgesandte der Al-Nusra-Front an der Konferenz teilgenommen haben und auch in die neue Vertretung gewählt worden sein. Die Al-Nusra-Front vertritt eine klar dschihadistische Ideologie.
Nicht vertreten bleiben dagegen weiter linke Oppositionsgruppen wie der Nationale Kooperationsrat NCB, ein Sammelbecken links orientierter Parteien und Gruppen, die auch nach bald zwei Jahren Aufstand und Bürgerkrieg für eine strikte Demilitarisierung des Konfliktes eintreten. Ein Aktivist des Rates, der ungenannt bleiben will, sagte gegenüber dem KURIER: „Worum es bei den Verhandlungen in Doha im Eigentlichen wirklich ging war letztlich, wie viel Einfluss ausländische Spieler auf die syrische Opposition haben werden. Der neue Exil-Rat bringt nur eines – eine weitere Verkomplizierung des Konflikts.“