Politik/Ausland

Syrien: Hunderte Tote nach Armee-Angriffen

Während die internationale Staatengemeinschaft mit zahnlosen Sanktionen auf einen Schwenk des Assad-Regimes hofft, geht die Armee weiter brutal gegen Zivilisten vor. Vor allem in der Stadt Hama. Dort sollen laut Angaben der Aufständischen in den vergangenen sechs Tagen 300 Menschen getötet worden sein. Viele von ihnen starben, weil die medizinische Hilfe ausblieb. Auch gestern rückten wieder Panzer vor. Außer Soldaten traue sich niemand auf die Straßen, hieß es. Wasser- und Telefonleitungen sollen unterbrochen sein. Unabhängige Berichte über die Lage gibt es nicht.

Am Samstag drängten die arabischen Golfstaaten den Syrien erstmals, die Krise mit "echten Reformen" zu lösen. Der Außenminister kündigte "freie und faire" Parlamentswahlen an. Verändern dürfte das aber nichts.

Erneut sollen Truppen auch in den Vorstädten von Damaskus auf Demonstranten geschossen haben. Ein Ex-Offizier, der desertierte, sagte der arabischen Zeitung Asharq al-Awsat , dass er und andere Offiziere angewiesen worden seien, nicht einmal das Leben von Frauen und Kindern zu verschonen.

Gespalten

Udo Steinbach, Islamexperte und Kenner der Region zum KURIER: "Die syrische Gesellschaft ist noch immer nicht gegen den Diktator vereint. Obwohl die Demonstrationen gegen Assad eskalieren." Denn durch die lange Machtausübung sei es gelungen, einen Teil der Bevölkerung - auch der Minderheiten - in das System zu integrieren. Zerfällt es, müssten viele um ihr Überleben fürchten. Und dennoch. Der Widerstand breite sich von den Rändern des Landes mittlerweile in Richtung Damaskus aus. Die Kernfrage sei also, ob früher oder später auch Teile der Armee zur Opposition überlaufen werden. Bisher kann Assad fest auf deren Loyalität bauen.

Ausreise

Eine Militärintervention bleibe weiterhin undenkbar. Wegen der Erfahrungen in Libyen, wo Gaddafi trotz der Luftangriffe noch immer nicht entmachtet ist. Vor allem aber wegen der geostrategisch heiklen Lage Syriens. Eine Intervention würde Syrien wohl dazu bringen, insbesondere im Libanon Unruhe zu stiften, ist Steinbach überzeugt. Die Staatengemeinschaft müsse daher sehr vorsichtig sein. Indessen rufen die USA die im Land verbliebene Amerikaner auf, Syrien rasch zu verlassen - so lange es noch Flüge gibt.