Politik/Ausland

Slowakei: Ein Mord, ein Unternehmer und ein Mafiastaat im Staat

Er bestach Richter und Staatsanwälte gleich reihenweise, ließ sich von der Polizei regelmäßig über Ermittlungen gegen ihn informieren, und wenn wirklich Not am Mann war, rief er den Regierungschef gleich direkt an. In knapp drei Wochen wird Marian Kocner als Angeklagter vor Gericht stehen.

Netzwerk bis zum Regierungssitz

Der Unternehmer gilt mutmaßlich als der Auftraggeber eines Mordes, der die Slowakei seit fast zwei Jahren im Bann hält. Im Februar 2018 war der Reporter Jan Kuciak gemeinsam mit seiner Verlobten Martina erschossen worden. Er hatte über Kocner und das Netzwerk des Unternehmers recherchiert – und dieses Netzwerk reichte bis an die Spitze von Politik und Justiz in der Slowakei.

Seither mussten nicht nur ein Regierungschef und mehrere Minister abtreten. Eine Protestbewegung erfasste das ganze Land, machte die liberale Bürgerrechtsanwältin Zuzana Caputova zu einer seiner Führungsfiguren und schließlich, im Frühjahr 2019, zur Präsidentin des Landes.

Für Caputova steht die Slowakei mit diesem Prozess „an einem Scheideweg. Jemand hat versucht, einen Staat im Staat zu schaffen. Justiz war eine Ware, die sich einige kaufen konnten.“

Neue  Ermittlungen

Der Baumeister dieses Staates im Staat war Marian Kocner.

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Der heute 56-Jährige Gesellschaftslöwe, der unter anderem an slowakischen TV-Sendern beteiligt war, hatte nicht nur beste Kontakte zum damaligen Regierungschef Robert Fico, er prahlte auch öffentlich damit, dass er quasi über dem Gesetz stehe. Wie gut diese Kontakte waren, belegen Telefon-Protokolle, die in den vergangenen Wochen von der Tageszeitung Dennik N veröffentlicht worden sind. Darin tauchen etwa Unterhaltungen auf, in denen Kocner angibt, dass ihm Premier Fico persönlich „heilige Ruhe“ vor allen Ermittlungen gegen ihn versprochen habe: „Ich habe deutlich gemacht, dass ich nicht will, dass die Polizei oder die Steuerbehörde gegen mich ermittelt.“

Doch mit dieser Absicherung war es nach dem Mord an Kuciak vorbei. Seit dem Vorjahr sitzt Kocner im Gefängnis, vorerst nur wegen Steuerbetrugs. Der Prozess könnte den Unternehmer nicht nur als Drahtzieher eines Mordes entlarven, sondern auch deutlich machen, welche kriminellen Geschäfte er, beschützt von einer korrupten Politik, betrieb.