Eine bittere Anklageschrift gegen den Islam
Von Evelyn Peternel
Gehört der Islam zu Deutschland? Für Sabatina James ist die Antwort einfach: Nein, nein und nochmals nein. Für die 33-Jährige ist der Islam vielmehr eine massive Bedrohung – für die Demokratie.
Mit der Flüchtlingskrise ist auch die Islamdebatte in Deutschland wieder aufgeflammt. Lauter wird dabei die Kritik jener, die selbst eine islamisch geprägte Biografie haben: Der deutsch-ägyptische Politologe Hamed Abdel-Samad etwa, der den Propheten Mohammed schon mal einen narzisstischen Mörder nennt – oder eben Sabatina James. Die österreichisch-pakistanische Autorin, die seit ihrer Flucht vor einer Zwangsheirat unter Polizeischutz lebt, hat mit "Scharia in Deutschland" einen streitbaren Beitrag geliefert: Die 130 Seiten lesen sich wie eine Anklageschrift gegen den Islam.
Streit gesucht
"Islam heißt so viel wie Unterwerfung", schreibt sie da. Oder: "Es klingt fast so, als müssten sich die Deutschen dem Islam anpassen." Die Wortwahl ist harsch, und von Beginn an ist klar, dass James auf Streit aus ist: Die 33-Jährige macht schlicht den Islam als Grund dafür aus, warum Integration in Deutschland nicht funktioniere – und nicht funktionieren könne. Beispielhaft dafür spricht James, die zum Katholizismus konvertiert ist, existente Problemlagen an: Salafisten, die antidemokratische Stimmung verbreiten; Zuwandererfamilien, die wie kriminelle Verbände organisiert sind; Friedensrichter, die als Parallelsystem zur Justiz agieren.
So weit, so richtig – doch was fehlt, ist Differenzierung. Im titelgebenden Kapitel etwa kritisiert die Autorin, dass selbst die Scharia in Deutschland Anwendung finden kann – ein Affront. Was sie nicht sagt, ist, dass im deutschen Privatrecht die Anwendung aller ausländischen Rechtsgrundlagen möglich ist; das ist kein Privileg des islamischen. Auch sagt sie nicht klar, dass es nur dann zur Anwendung kommt, wenn es mit dem deutschen Recht übereinstimmt – selbiges gilt auch in Österreich.
Natürlich, mit ihrer Kritik trifft James wunde Punkte. Auch Experten beklagen, dass es bei Einwanderern der zweiten und dritten Generation Integrationsmängel gebe. Auch, dass Islamverbände teils Radikalen Vorschub leisten, ist nicht falsch; sogar der Verfassungsschutz bestätigt dies. Problematisch sind derlei Feststellungen aber, wenn sie als Pauschalurteile daherkommen – und das tun sie bei James oft: Zu schreiben, dass es "vielen Einwandererfamilien bis heute bei der Bildung am Nötigsten" fehle, ist nicht nur übertrieben, sondern schürt Ressentiments.
Steilvorlagen für Rechte
Die dumme Folge daraus ist, dass die Autorin damit rechtspopulistischen Ideologen in die Hände spielt. Ihre Äußerungen finden sich gern auf Websites mit rechtsnationalen Hintergrund wieder: Dort liebt man Kritik von jenen, die "es ja wissen müssen" – aus eigener Erfahrung.
Das ist schade. Denn gerade jetzt, in einer Zeit, in der die Unsicherheit über die vielen Zuwanderer steigt, wären konstruktive Debattenbeiträge wichtiger als zugespitzte Diffamierungen; davon liefern Pegida und Co. genug. Was es in der Diskussion über den Islam braucht, sind moderate und moderierende Stimmen – vor allem aus der islamischen Welt. Bleibt zu hoffen, dass James’ Buch nun auch solche auf den Plan ruft.
Sabatina James schreibt unter einem Pseudonym: Die 1982 als Muslimin in Pakistan geborene Autorin tauchte unter, nachdem ihre Familie sie zur einer Hochzeit mit ihrem Cousin zwingen hatte wollen - sie war mit 10 Jahren mit ihrer Familie nach Österreich gekommen, später zurück nach Pakistan geschickt worden und ist von dort schlussendlich nach Deutschland geflohen. Sie konvertierte zum Christentum, ihre Familie fällte danach das Todesurteil über sie. Seitdem lebt James an geheimem Ort und wird von der Polizei beschützt.
Mit ihrer Organisation Sabatina e. V. hilft sie Frauen aus islamischen Ländern, wenn sie aus Angst vor einer Zwangsehe oder gar einem Ehrenmord vor ihrer Familie fliehen müssen. Ihr Buch "Scharia in Deutschland" ist bei Knaur erschienen und im Fachhandel erhältlich.