Russland nimmt Homosexuellen ihre Rechte
Schwule und Lesben sollen in Russland künftig nicht mehr über ihre Sexualität reden dürfen. Nachdem bereits mehrere Großstädte "Homosexuellen-Propaganda" unter Strafe gestellt haben, droht nun ein landesweites Verbot. Menschenrechtler sind entsetzt.
Begleitet von Zusammenstößen zwischen Homosexuellen und Ultraorthodoxen hat die russische Staatsduma erwartungsgemäß in erster Lesung ein umstrittenes Verbot von "Homosexuellen-Propaganda" angenommen. 388 Abgeordnete stimmten für den Entwurf, der für öffentliche Äußerungen über Homosexualität Geldstrafen bis zu umgerechnet 12.500 Euro vorsieht. Das meldete die Agentur Itar-Tass am Freitag. Die Duma hat 450 Sitze.
"Das ist dasselbe, als wenn Menschen für ihre Sommersprossen bestraft würden"
Befürworter begründen die Initiative mit dem Kinderschutz. Kritiker warnen hingegen vor schweren Verstößen gegen die Menschenrechte. "Das ist dasselbe, als wenn Menschen für ihre Sommersprossen bestraft würden", sagte die prominente Bürgerrechtlerin Ljudmila Alexejewa. Aktivisten beklagen, das geplante Gesetz würde sie zum Lügen zwingen.
Außerdem werde die Aufklärung über die Immunschwächekrankheit Aids erschwert, meinen Experten. Homosexualität ist in Russland nicht verboten. Schwule und Lesben werden jedoch immer wieder Opfer von Gewalt.
Nur eine Gegenstimme
Ein Parlamentarier stimmte gegen den Entwurf, einer enthielt sich. Für das Gesetz sind eine zweite und dritte Lesung notwendig.
"Jetzt wird sogar das Reden über bestimmte Dinge verboten", kritisierte der deutsche Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Grüne) in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. "Das ist eine neue Qualität in der Beschneidung demokratischer Rechte", sagte der Politiker.
In der russischen Exklave Kaliningrad (Königsberg) zwischen Polen und Litauen verabschiedete indes die Gebiets-Duma am Donnerstag das "schwulenfeindliche Gesetz" unter dem Titel "Zum Schutz der Bevölkerung des Kaliningrader Gebiets vor Informationsprodukten, die der geistig-moralischen Entwicklung schaden". Zuvor hatten bereits mehrere Großstädte, darunter die Touristenmetropole St. Petersburg, "Homosexuellen-Propaganda" unter Androhung von Geldbußen gesetzlich verboten.