Russland droht Österreich nach Visaproblemen bei Diplomaten
Im Zusammenhang mit Schwierigkeiten bei der Ausstellung von Visa für russische Diplomaten, die zu multilateralen Veranstaltungen nach Wien reisen wollen, hat Russland Österreich gedroht: "Diese Situation wird zudem nicht ohne Konsequenzen bleiben", hieß es in jener Erklärung des russischen Außenministeriums vom Donnerstag, in der die Ausweisung von vier österreichischen Diplomaten verkündet worden war.
Dem österreichischen Botschafter sei mitgeteilt worden, dass die entstandenen Probleme den Verpflichtungen Österreichs als Ort für die Abhaltung von internationalen Treffen widerspreche. Weitere Details zu den Problemen oder russischen Vergeltungsmaßnahmen wurden nicht genannt.
Bereits am 1. Februar hatte der russische Spitzendiplomat Konstantin Gawrilow bei einer OSZE-Sitzung über Schwierigkeiten geklagt. "Von elf erbetenen Visa sind lediglich zwei ausgestellt worden, zwei Diplomaten bekamen Ablehnungen, die restlichen warten auf eine Antwort", sagte er laut einer der APA vorliegenden Wortmeldung.
Unklar blieb, ob die "entstandenen Probleme" auch auf die Visavergabe an Mitglieder jener russischen Parlamentarierdelegation bezogen wurden, die nächste Woche zur Wintertagung des Parlamentarischen Versammlung (PV) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nach Wien kommen sollten.
Das österreichische Außenministerium versicherte gegenüber der APA, dass Österreich seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Amtssitzabkommen mit der OSZE nachkommen und den Teilnehmern aller Delegationen die rechtzeitige Einreise zur Tagung ermöglichen werde.
Die Sprecherin antwortete aber nicht auf die Frage, ob die Visa auch bereits ausgestellt wurden: "Ob die Visa zum jetzigen Zeitpunkt ausgestellt sind oder nicht, ist unerheblich. Sie werden erst am Vortag des Beginns der Wintertagung gültig sein - diese beginnt bekanntlich am 23. Februar", erklärte sie am Donnerstagabend.
Visa für OSZE-Sitzung
Die Außenamtssprecherin betonte gleichzeitig, dass die Visa für die russischen Delegationsteilnehmer ausschließlich zum Zweck der Teilnahme an der Wintertagung der Parlamentarischen Versammlung der OSZE in Wien ausgestellt würden. Welche Konsequenzen es für den Fall geben würde, wenn russische Delegierte, darunter auch von der EU-sanktionierte Abgeordnete, ihren Aufenthalt in Wien für private Treffen oder Veranstaltungsbesuche verwenden würden, war am Freitag noch unklar.
Formal wäre für Reaktionen auf etwaige Verstöße das Innenministerium (BMI) zuständig. "Da es hierzu - auch über das Wochenende - noch interministerielle Abstimmungen gibt, können wir seitens des BMI derzeit keine näheren Informationen hierzu anbieten", erklärte ein Sprecher am Freitagnachmittag auf APA-Anfrage.
Nehammer weist Vorwurf zurück
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat Vorwürfe Russlands zurückgewiesen, Österreich würde seine Position als unvoreingenommener und neutraler Staat nicht achten. "Der Vorwurf Russlands, dass wir nicht neutral sind, geht ins Leere", sagte Nehammer am Freitag bei einem Pressekonferenz mit der finnischen Regierungschefin Sanna Marin in Wien.
Die jüngste Ausweisung von vier österreichischen Diplomaten durch Moskau sei "nichts anderes als eine Gegenmaßnahme ohne substanzielle Grundlage der Entscheidung", sagte Nehammer. Anfang Februar hatte Österreich vier russische Diplomaten ausgewiesen.
"Neutralität heißt nicht, bedingungslos zuzusehen, wenn Spionage in unserem Land stattfindet und wenn das Gastrecht auch missbraucht wird", sagte Nehammer in Hinblick auf die Ausweisungen der russischen Diplomaten. Das Außenministerium mache sich solche Entscheidungen nicht leicht, sie erfolgten nach einer eingehenden Prüfung.
"Mit Neutralität vereinbar"
Gleichzeitig habe Österreich immer klar gemacht, dass Neutralität nicht heiße, dass man keine Haltung haben dürfe, so Nehammer weiter. Österreich sei gemeinsam mit den anderen EU-Staaten in der gemeinsamen EU-Außen- und Sicherheitspolitik und gehe mit der Neutralität im europäischen Geist und im Sinne der europäischen Solidarität sowie mit der notwendigen Differenzierung um.
Die EU habe bewiesen, dass ihre Einigkeit noch nie so groß gewesen sei wie jetzt. Die EU stelle sich gegen den russischen Angriffskrieg und engagiere sich gemeinsam für Recht und gegen Unrecht. "All das ist sehr wohl mit der Neutralität vereinbar", so der Bundeskanzler.