Politik/Ausland

Spendenaffäre: Deutsche Rechtspopulisten im Zwielicht

Der deutsche Bundestag ist ihre Bühne, dort zeigen sie mit dem Finger auf andere, werfen den „Altparteien“ vor, ihre Wähler zu betrügen. Transparenz und Korrektheit gäbe es nur bei der AfD – oder doch nicht? Nach Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung gerät die AfD wegen mutmaßlich illegaler Parteispenden unter Druck – im Mittelpunkt: Fraktionschefin Alice Weidel. Kurz vor der Bundestagswahl 2017 wurden 130.000 Euro aus der Schweiz in 18 Tranchen von einem Gönner mit unbekannter Nationalität an ihren Kreisverband Bodensee überwiesen. Nur: Spenden aus dem Nicht-EU-Ausland sind illegal. Weitere 150.000 erhielt Weidels Verband Anfang 2018 von einer niederländischen Stiftung. Beide Spenden wurden nicht dem Bundestag gemeldet, was ab 50.000 Euro unverzüglich geschehen muss. Ebenso wenig wurden die Gelder an den Bundestag weitergeleitet, sondern erst nach Monaten rücküberwiesen.

Wusste die Fraktionschefin denn nicht über die Meldepflicht Bescheid? Der Partei drohen Strafen in dreifacher Höhe des Spendenbetrags – ebenso der Verlust ihres Rufs und ihrer Glaubwürdigkeit. Zwar sind illegale Zuwendungen an Parteien nichts Neues, auch CDU, SPD und FDP nahmen sie an. Aber keiner von ihnen trägt moralische Ansprüche so vor sich her, wie die Rechtspopulisten. So wirft auch Weidels Facebook-Kommentar vom 21. September 2017 kein gutes Licht auf sie. Da rief sie auf, Geld zu spenden: „Im Gegensatz zu anderen Parteien haben wir keine Großspender.“ Laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung habe sie da bereits von der Schweizer Spende gewusst.

Die AfD steht also vor ihrem ersten Spendenskandal – die Staatsanwaltschaft Konstanz ermittelt nun offiziell gegen Weidel. Es bestehe der Anfangsverdacht des Verstoßes gegen das Parteiengesetz, teilte die Behörde am Dienstag mit. Einige ihrer Verbündeten in Europa, die sich auch als Anti-Establishment verkaufen, haben Ähnliches schon hinter sich.

Le Pen verurteilt

Marine Le Pen, ehemalige französische Präsidentschaftskandidatin und Chefin des Front National (heute Rassemblement National), hat als EU-Abgeordnete von 2010 bis 2016 eine Mitarbeiterin ohne Tätigkeit beschäftigt. Im Juni wurde sie verurteilt und zur Kasse gebeten – so wie andere FN-Abgeordnete, die laut Antibetrugsbehörde ihre Assistenten im EU-Parlament für die Partei in Frankreich arbeiten ließen.

Lega muss Geld zurückzahlen

Mit den Finanzen nahmen es auch die Politiker der rechten Lega nicht so genau. Parteigründer Umberto Bossi pflegte ein freies Verhältnis zu staatlichen Parteigeldern, zweigte eine halbe Million für seine Familie ab: für einen Audi A6 oder den Doktortitel an einer albanischen Uni für den Sohn. Auch Verkehrsstrafen, Schönheits-OPs und Alimente für seine Ex-Frau hat er mit dem Geld aus der Parteikasse beglichen. Was aber nur ein Bruchteil war, 49 Millionen Euro sollen zwischen 2008 und 2010 veruntreut worden sein. Mit Auffliegen des Skandals trat Bossi 2013 zurück, wurde erstinstanzlich zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Sein Nachfolger Matteo Salvini übernahm die Last. 600.000 Euro muss die Partei jährlich zurückzahlen.

Interne Schuldzuweisungen in der AfD

Neben Alice Weidel sind auch drei Mitglieder ihres Kreisverbandes im Visier der Justiz. Während sie in einem Online-Statement alles von sich weist, nahm sie Parteichef Alexander Gauland im Gespräch mit der ARD in Schutz, räumte aber Fehler in Weidels Kreisverband ein. Dieser schob die Schuld zuvor dem Schatzmeister in Weidels Landesverband Bade-Württemberg zu. Der sieht sich wiederum als Sündenbock, wie er Medien wissen ließ. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum der Landesverband nicht gut auf die 39-Jährige zu sprechen ist. Deren Landeschef Ralf Özkara gehört dem national-konservativen Lager an und gilt als innerparteilicher Widersacher von Weidel: Sie trat 2017 gegen ihn als Landessprecherin an und verlor. Zuvor stimmte sie für einen Parteiausschluss von Rechtsaußen-Politiker Björn Höcke, Özkara gehört zu dessen Anhängern. Vor wenigen Tagen forderte er prompt Weidels Rücktritt von allen Ämtern und Mandaten - sollte sich „bewahrheiten, dass wir uns im Bereich illegale Parteispenden befinden".

Neben dem internen Hickhack gab es gestern auch noch einen Schlagabtausch im Bundestag. SPD-Politiker Johannes Kahrs warf der AfD vor: „Sie kümmern sich nur um Ihr Schwarzgeld aus dem Ausland, aber Sie kümmern sich nicht um die Menschen in diesem Land. Und das ist schäbig.“ Während ein AfD-Mann danach sämtliche Skandale von SPD und CDU aufzählte, saß Weidel still auf ihrem Platz. Sie hatte diesmal keine Bühne.